Sonntag, 18. Oktober 2009

Neuer Mensch in alten Socken

"Darum legt jede Unsauberkeit und jeden Überrest eines Maßes von üblem Wesen ab ..." (Jakobusbrief 1:21; Konkordantes Neues Testament). Ein wirklich guter Rat, lieber Jakobus! Häufig genug wird ein Christ, wenn er sich selber prüft und auf sein Leben blickt, Überreste des üblen Wesens finden. Überreste des üblen Wesens, welches als "alter Mensch", wie Paulus uns verrät, mit Christus gekreuzigt wurde (Römerbrief 6:6).
Worin bestehen diese Überreste und wie kann man sie los werden? Mein alter Mensch pflegte sich mit Kuchen vollzustopfen, wenn er enttäuscht worden war. Nun ist der alte Mensch tot und ich werde trotzdem immer dicker. Mein alter Mensch mit seinem Jähzorn ist mit Christus am Kreuz gestorben. Warum krabbeln meine Kinder unter den Tisch, wenn ich bei unentspannten Gelegenheiten trotzdem losbrülle? Der alte Mensch rauchte dreißig Zigaretten pro Tag. Der neue Mensch ist vom Geist der Sucht befreit worden, aber wenn es Stress im Büro gibt, brennt die Kippe doch gleich wieder.
Die Überreste des üblen Wesens, die alten Gewohnheiten nämlich, sind mächtig. Es sind eingefahrene Gleise, lange geübte Weisen, in denen ich auftretende Problemen seit Jahren mehr oder weniger (meistens weniger) erfolgreich begegnet bin.
Diese alten Gewohnheiten abzulegen, aus den alten Gleisen, den ausgetretenen Wegen herauszutreten, ist mit Arbeit verbunden. Mit Arbeit, die Zeit und Geduld erfordert, Geduld am meisten mit mir selber.
Jeder Reiz, der mich von außen durch die Handlungen oder Unterlassungen anderer Menschen erreicht (Störung, Ablehnung, Kritik, Unfreundlichkeit), trifft auf die Zielscheibe der alten Gewohnheiten in meinem Wesen. "Der Flegel nimmt mir die Vorfahrt?! Das geht voll auf die Zwölf!" Und dabei stebe ich doch nach Sanftmut und Lindigkeit, nach dem, was lieblich und gerecht ist, nach Demut und dem Ausdruck freundlicher Wesensart und all diesen schönen Dingen. In meiner stillen Zeit denke ich so gerne nach über das, was einen guten Klang, über das, was eine Tugend hat - aber wehe mch stört jemand in meiner frommen Betrachtung, dann springen meine alten Gewohnheiten ihn an, wie der Kasper aus der Springkiste.
"Lasst die Sonne über eurem Zorn nicht untergehen" (Epheser 4:26) mahnt uns Paulus. Die Aufforderung setzt voraus, dass wir uns zu unseren Gefühlen verhalten können, dass wir entscheiden können, wie wir auf Reize von außen reagieren. Der Psychologe Victor Frankl stellte zu diesem Thema fest:

"Die Freiheit des Menschen schließt in sich ein, zu sich selbst Stellung zu nehmen, sich selbst gegenüber zu treten und sich zu diesem Zwecke zunächst einmal von sich selbst zu distanzieren. Die Einstellung Gefühlen gegenüber wird frei gewählt." (Frank, Der leidende Mensch, S. 159)


Diese freie Wahl steht jedem Menschen zur Verfügung, wie viel mehr dem Menschen, der durch den Messias erlöst und erneuert wurde und der seinen Geist hat.
Der Raum zwischen Reiz und Reaktion ist Teil der Freiheit, die menschliches Handeln ermöglicht und ist Teil der Freiheit, die zu nutzen der Messias uns befreit hat. In diese Freiheit hineinzukommen ist nicht für jeden Christen einfach. Dostojewski hat geschrieben:

"Eine neue Sichtweise, ein neuer Lebensstil, werden nicht für Nichts gegeben. Dafür muss teuer bezahlt werden und sie werden nur durch viel Geduld und große Anstrengung erreicht"


Das lässt sich auch für die Herausbildung neuer Gewohnheiten sagen, denn die Gewohnheiten eines Menschen bestimmen seinen Lebensstil.
Den Preis für unser neues Leben hat Jesus bezahlt, mit dem Rest des üblen Wesens fertig zu werden, liegt bei uns.

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