Mittwoch, 22. Dezember 2010

American Gothic



In magerer Entschlossenheit tragen sie ihre Überzeugung nach draußen: Armut ist keine Schande, so lange man hart dafür arbeiten muss.
Immer hat er gesagt, wo es lang geht und was zu tun ist. In duldsamer Skepsis hat seine Frau das ertragen, ihr Leben hingenommen, wie er es bestimmt hat. Die Kinder sind längst aus dem Haus, geflohen vor Armut und harter Arbeit auf der Farm. Ihre Tischgebete sind einsilbig geworden, ohne Unterbrechung von Kinderlachen und Geplapper. Sie werden alt und hart, wie der Boden ihrer Farm, wie die Erde, die sie bearbeiten. Sie werden weitermachen. In magerer Entschlossenheit.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Qumran-Rollen gehen online

Google macht’s möglich. Die lokale Niederlassung des Webgiganten und die Israelische Altertumsbehörde (IAA) werden die Schriftrollen vom Toten Meer frei im Internet zugänglich machen. Gemeinsam mit einer großen Menge zusätzlicher Daten in verschiedenen Sprachen sollen die digitalisierten Abbildungen der Schriften der Forschung neue Impulse verleihen.

Die Altertumsbehörde wird mit modernster Hochauflösung und Multispektrentechnologie die gesamte Sammlung der aus 30 000 Fragmenten bestehenden 900 Schriftrollenmanuskripte digitalisieren und ins Netz stellen. Die Texte werden durch Transkriptionen, Übersetzungen und eine Bibliographie ergänzt. Es ist dies das erste Mal seit 1950, dass die Rollen in ihrer Gesamtheit abfotografiert werden.

„Wir stellen eine bahnbrechende Verbindung zwischen dem Fortschritt und der Vergangenheit her, indem wir dieses einzigartige Erbe für zukünftige Generationen bewahren“, so Shuka Dorfman, der Direkter der IAA. „Wir sind stolz, ein Projekt zu starten, das unbegrenzten Zugang zu einem der wichtigsten archäologischen Funde des 20. Jahrhundert bieten wird, der für Bibelstudien sowie die Geschichte des Judentums und frühen Christentums entscheidend ist.“

(Globes, 19.10.10)

Montag, 4. Oktober 2010

Lebendiger Krug

Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.
Jesaja 12,3


Das Sprichwort sagt, der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht.
Bin ich ein lebendiger Krug, der gehen kann? Ein lebendiges Werkzeug, das Wasser schöpft aus den Brunnen, aus den Quellen des Lebens, bis es nicht mehr geht, bis zum Schluss? Der das Leben auskostet und an andere weitergibt bis zum Ende?

Der 'Töpfer', der den Krug gemacht hat, darf ihn auch benutzen. Er darf ihn auch an andere weitergeben. Was hat der Krug dabei zu sagen?
Der lebendige Krug redet und handelt mit, er is kein totes Werkzeug, das benutzt werden kann, ohne damit einverstanden zu sein. Wenn der Eigentümer eines Tonkruges diesen nimmt und damit zum Brunnen geht, hat der Krug nichts zu melden. Wenn der Krug aber aus 'Ton' und gleichwohl lebendig ist, kann er gehen oder zu Hause bleiben. Er kann störrisch sein oder willig und begeitert. Der Eigenwille, die Lebendigkeit, hat aber einen Vorteil auch für den Töpfer: Der Krug muss nicht getragen werden. Er geht zum Brunnen und kommt zurück, solange er heil ist.

Samstag, 21. August 2010

Siebzig Jahre Taize

Am 20. August 1940, mitten in Zweiten Weltkrieg, kam Frère Roger alleine in das Dorf Taizé. Er hatte vor, eine Gemeinschaft von Brüdern zu gründen. Am 16. August 2005 starb er durch die krankhafte Tat einer jungen Frau während des Abendgebets.



Nachdem ihr nie daran gelegen war, dass in den Kirchen allzu viele Worte gemacht werden, beging die Communauté de Taizé diesen zweifachen Jahrestag – 70 Jahre Gründung der Communauté de Taizé und Frère Rogers fünfter Todestag – am Samstagabend, dem 14. August, mit einem einfachen Zeichen, einem Pilgerweg.





Die Form der in Taizé gelebten Spiritualität findet heute in vielen Gemeinden Nachahmung. Neben einwöchigen Aufenthalten mit schlichtester Unterkunft und Seminaren zu Glaubensfragen lädt die Kommunität seit 1974 Jugendliche in einer mehrtägigen Großveranstaltung, dem «Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde» ein, der jedes Jahr zum Jahreswechsel in einer anderen Großstadt stattfindet.

Für Aufsehen sorgte der Protestant Frère Roger, als er zur Totenmesse für Johannes Paul II. von Kardinal Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI., die sonst Katholiken vorbehaltene Kommunion bei der Eucharistiefeier erhielt. Immer wieder gab es Gerüchte, der Protestant Schutz sei zum katholischen Glauben übergewechselt.
jesus.de
iaize.fr

Dienstag, 20. Juli 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXVIII

Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern, dass er sich bekehrt und lebt. Und das muss auch unser Wille sein. Deshalb müssen wir unseren Schuldigern vergeben, wie auch uns vergeben worden ist. „Wir sind hier im Herzen selbst des Evangeliums: die Vergebung der Sünden ist das Kriterium, die Offenbarung der wirklichen Liebe, das Zeichen der Ankunft des Geistes in uns: „Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!“ (Lk 6,36).“
Die Vergebung der Sünden ist die notwendige Voraussetzung, um in das Reich der göttlichen Dreieinigkeit einzutreten, das die Eucharistie einleitet.

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Boshaften.
Die wörtliche Übersetzung ist nach Kallis: Laß uns nicht in Versuchung geraten, sondern erlöse uns von dem Boshaften.
„Es handelt sich hierbei nicht um die kleinen Versuchungen des Alltags, sondern vor allem um die grundlegende Versuchung des Christen, der in einer dem Tier unterworfenen Welt engagiert ist, wenn selbst seine Treue zu Gott in Frage gestellt wird. Diese Prüfung ist jedoch notwendig, und der Heilige Geist selbst führt uns dorthin, wie er Jesus in die Wüste geführt hatte ... Jesus bereitet seine Jünger auf diese äußerste Konfrontation vor; jenseits des Verlassenseins und der Verleugnung werden sie die unendliche Vergebung und Liebe Gottes entdecken.“
Die Gläubigen selbst treten ihrerseits „in den Kampf des Retters gegen die satanischen Mächte ein, die noch die Welt unterjochen. Dieser Kampf ist mörderisch und gnadenlos, aber die Lebenskraft des auferstandenen Herrn ermöglicht uns, dem Feind zu trotzen, dessen Hass unversöhnlich ist ... die Treue in der Heimsuchung, das ist der gute Kampf, den wir in der Nachfolge Christi führen.“

Sonntag, 11. Juli 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXVII

Das tägliche Brot ist das Brot, das kommt, das Brot von morgen. Was wir morgen benötigen, gibt er uns schon heute. „Auch nicht das tägliche Brot in seinem banalen, platten Sinn, sondern unser Brot von morgen, d.h. das deine Kommens, deines Reiches, das Brot des Lebens, das Wort Gottes, der Wille des Vaters, die Ankunft des Geistes. Das Kommen des Geistes, Jesus selbst legt es nahe, als er seinen Jüngern den ersten Kommentar des Vaterunsers gibt: „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wieviel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.“ (Lk 11,13)

Ein tragender Gedanke dieser Auslegung ist, dass der Heilige Geist alle Bedürfnisse der Menschen in sich selbst zusammenfaßt und es in ihm keine Trennung mehr zwischen dem Geistigen und dem Irdischen gibt. „Alles gehört dem Menschen, und der Mensch gehört Gott: „Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.“ (Mt 6,33).
Das tägliche Brot umfaßt alle unsere Bedürfnisse. „Unsere demütigsten und verborgenen oder ignorierten Bedürfnisse werden so durch die Gaben Gottes befriedigt: „Die Herrlichkeit Gottes“, sagt der heilige Eirenaios, „das ist der Mensch in vollem Leben“, der vom Geist Gottes erfüllte Mensch.“

Montag, 21. Juni 2010

Alice Cooper: Die Hölle ist für immer

Der frühere Schockrocker Alice Cooper führt nach einer spirituellen Heilung vom Alkoholismus ein gottgefälliges Leben. "Als ich 30 war und noch gesoffen habe, habe ich mich wie 70 gefühlt. Und nun, mit 62, fühle ich mich wie 30 Jahre alt", sagte Cooper dem Kölner "Sonntags-Express". Andere gingen in Entziehungskliniken, er dagegen habe ein "sehr seltenes Erlebnis" gehabt: "Ich möchte das als spirituelle Heilung bezeichnen. Es ist ein Wunder. Gott hat mir geholfen, trocken zu werden. Auch meine Ärzte haben sich verwundert die Augen gerieben."
Sein heutiges tägliches Leben sei "gottgefällig", sagte Cooper. "Ich beschimpfe meine Frau nicht, ich trinke nicht, und meine Kinder kamen nie in Berührung mit Drogen oder etwas anderem Illegalem." Aber es stehe nirgendwo in der Bibel, dass er kein Künstler sein dürfe, betonte Cooper: "Gott will, dass wir unsere Talente auch nutzen." Die Bühne sei sein Zuhause, er genieße es auch nach all den Jahren noch. "Wahrscheinlich hat mich Gott dazu erschaffen, ein Künstler zu sein."
Die Faszination für das Böse sei gefährlich, sagte der 62-Jährige. „Deshalb versuche ich meinen Fans klarzumachen, dass die Hölle endgültig ist. Wer dort landet, bleibt für immer.“ Wer in den Himmel wolle, dürfe seine Zeit auf Erden nicht verschwenden.

Freitag, 4. Juni 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXVI

Dein Wille geschehe ...
Im Kampf und im Todesringen Jesu ist es der gesamte menschliche Wille, der stirbt und zugleich von innen geheilt, durch den Atem der Liebe des Geistes wiederbelebt wird. Unser Wille kann endlich mit dem des Vaters übereinstimmen und sich identifizieren, ohne dass der Mensch zerstört oder erdrückt wird. In dem Maße, wie der Geist in unseren Herzen arbeitet, erlangen wir die Gesinnung Jesu (Phil 2,5), seinen Willen, seinen Verstand, seine Liebe, seinen Geist. Der Gehorsam gegenüber Gott ist nicht mehr Zwang, sondern inneres Gesetz und Gewißheit unseres persönlichsten, freiesten und am meisten liebenden Seins. Wenn sich des Herz des Menschen seinem Schöpfer öffnet, ist es auch die gesamte Erde, die die Befreiung wiederfindet, die versöhnt wird. Der Mensch ist so eine Stütze, ein notwendiger Hebel, damit das Wirken des Geistes auf der Erde zustande kommen kann.

„Alles, um was ihr ihn in meinem Namen bittet, wird er euch geben“ (Joh 15,16) sagt Jesus und unserer alltäglichen Nöte gedenkt er auch im Vater unser:
Unser tägliches Brot gib uns heute.

Donnerstag, 27. Mai 2010

Meister Eckhart

„MEISTER ECKHART - ICH UND GOTT SIND EINS!“
mit Werner H. Schuster
Ein Monolog über Glaube und Liebe zwischen Mystik und Kirche anlässlich Meister
Eckharts 750. Geburtstag von Harald-Alexander Korp

Vorstellungen: 4.6. und 5.6.2010, jeweils 21 Uhr
Ölberg-Kirche (Lausitzer Str. 28/Ecke Paul-Lincke-Ufer, 10999 Berlin-Kreuzberg)
Eintritt: 12/8 Euro,

Kartenreservierung: 01578-7561775 oderMail
Mehr Infos:

Am Ende seines Lebens will sich Meister Eckhart, der berühmteste christliche Mystiker des späten Mittelalters, vor Papst Johannes XXII. gegen den Vorwurf der Ketzerei verteidigen. Dabei lässt er sein Leben Revue passieren:
Ist er wirklich der geniale Theologe oder trägt er als Inquisitor Mitverantwortung an der Verbrennung von Ketzern? Im Zuge seiner Erinnerungen fällt Eckhart die Begine
Margarete Porete ein. In welcher Beziehung stand Eckhart zu ihr und wie erträgt er ihrem Tod auf dem Scheiterhaufen?

2010 feiert der Theologe, Philosoph und Mystiker Meister Eckhart seinen 750. Geburtstag. Zeit, sich auch auf dem Theater mit ihm auseinanderzusetzen. In dem Monolog stellt sich Eckhart im Rückblick auf sein Leben die Frage, ob er moralisch immer richtig gehandelt oder Menschen für seine Karriere benutzt und eingesetzt hat. Unter dem Druck einer Anklage aus den eigenen Reihen probt Eckhart seine
Verteidigungsrede, um sich vor Papst Johannes XXII. gegen den Vorwurf der Ketzerei zur Wehr zu setzen. Dabei erinnert er sich auch an seine Beziehung zu der Begine Margarete Porete. Hätte er ihren Tod auf dem Scheiterhaufen verhindern können? Als Mönch dem Zölibat verpflichtet, durfte er ihre Zuneigung nicht ertragen. Jetzt plagen ihn Gewissensbisse, Zweifel und Fragen.

"Meister Eckhart - Ich und Gott sind Eins!" widmet sich einem Menschen, dessen Denken
seinerzeit als fortschrittlich und revolutionär galt und offenbart heute seine zeitlosen Sinnfragen. Eckhart zuhören und ihn beobachten, führt uns mitten hinein in eine Gegenwart, die wir kennen, in die Beschaffenheit und Existenz unserer Gesellschaft, wirft Fragen auf, die teils verstören und uns doch auf der Seele brennen, lädt ein zum Nachdenken über bleibende Werte und die Urgründe menschlichen Seins und trägt vielleicht sogar dazu bei, uns mit der Welt zu versöhnen und uns selbst wieder ein Stück näher zu bringen.
„Meister Eckhart - Ich und Gott sind Eins!“ ist das erste Theaterstück über den großen Theologen, Prediger und Mystiker des späten Mittelalters. Es hinterfragt die Verantwortung und Loyalität des einflussreichen Kirchenmannes und schafft dabei eine Verbindung zwischen dem Dominikanermönch Meister Eckhart und der Begine Margarete Porete.

Eckhart
Eckhart
Eckhart
Eckhart
Eckhart

Montag, 24. Mai 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXV

Es gibt eine sehr alte Variante des Lukas-Evangeliums das die Worte: „dein Reich komme“ ersetzt durch: „Dein Heiliger Geist komme über uns und reinige uns.“ Warum ist das eine mögliche Variante?
Weil es nach dem Verständnis der Orthodoxie aus dem Inneren her, durch die Früchte des Geistes, Milde, Geduld, Weisheit, Liebe, offenbart. „Der Geist selbst fragt sich: „Was wäre das für ein Ort, an dem ich ausruhen könnte? ... Ich blicke auf den Armen und Zerknirschten und auf den, der zittert vor meinem Wort“ (Jes. 66, 1-2). Es ist also offensichtlich, dass das Reich Gottes den Trägern des Geistes gehört: „Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben“ (Mt 5,5,).

Sonntag, 16. Mai 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXIV

Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
In diesen Worten ist das jüdische Gebet zusammengefaßt, „von dem auch Jesus von seiner Kindheit an genährt wurde und das spontan wieder über seine Lippen kommt ... diese drei Bitten vereinigen zusammenfassend die ganze Offenbarung des Alten Bundes: die Heiligung des Namens des Herrn am Sinai, die erste irdische Verwirklichung des Reiches Gottes, die Suche nach dem Willen Gottes durch das Nachdenken über das göttliche Gesetz.“
So heißt es im 3. Mose 22, 31-32: „Ihr sollt meinen heiligen Namen nicht entweihen, damit ich inmitten der Israeliten geheiligt werde; ich, der Herr, bin es, der euch heiligt“. Wodurch wird der Name Gottes entweiht? „Ihr soll auf meine Gebote achten und sie befolgen.“ „Der Name Gottes wird durch den Ungehorsam und die Untreue des Volkes, der Braut, die Gott erwählt und geliebt hat, entweiht. Indem er die menschlichen Herzen verwandelt, heiligt der Herr seinen Namen.
„Der Name Gottes ist ein Licht, da mich im Innersten meines Wesens erleuchtet. Er weckt mich auf und läßt mich leben, dein Name, Herr, ist Gerechtigkeit, Liebe, Weisheit, Zärtlichkeit, Friede, Heiligkeit, Licht, Sanftmut. Wenn ich deinen Namen heilige, erstrahlt und erglüht mein Herz von den Strahlen deiner ewigen Sonne. Ich werde lebendig, und ich durchquere unbehindert die schwarzen Wasser des Todes.“

Freitag, 14. Mai 2010

Lafontaine über Glaube und Religion

WELT ONLINE: Die katholische Kirche steckt in einer tiefen Krise. Tausende kehren ihr den Rücken. Hat auch der Katholik Oskar Lafontaine auch schon einmal über einen Austritt nachgedacht?

Oskar Lafontaine: Ich kann die Menschen verstehen, die sich jetzt enttäuscht von der Kirche abwenden. Andererseits muss man sich die Frage stellen, welche Rolle die Kirche bzw. die Religion in unserer modernen Gesellschaft spielt. Von Dostojewski stammt der Satz: Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt. Mit anderen Worten: Jede Gesellschaft braucht eine Wertorientierung. Deshalb habe ich Religion immer bejaht, bei allen Fehlentwicklungen, die es da gab und gibt.

WELT ONLINE: Wie schwierig ist es, einer Partei vorzustehen, für die in weiten Teilen Gott nie lebendig war?

Lafontaine: Diese Frage habe ich mir so nie gestellt, aus einem einfachen Grund. Ich bin überzeugt, dass die sozialistische Idee ohne das Christentum nicht entstanden wäre. Das Christentum ist die Religion der Nächstenliebe. Das politisch korrekte Wort für Nächstenliebe ist Solidarität.

WELT ONLINE: Karl Marx sah das etwas anders. Er bezeichnete Religion als „Opium fürs Volk“.

Lafontaine: So steht das in seinen Thesen über Feuerbach. Die Religion hat zurzeit von Karl Marx eine andere Rolle gespielt als heute. Heute stellt sich die Frage, wer in der Gesellschaft die Wertevermittlung übernimmt. Der Supermarkt kann die Kathedrale nicht ersetzen.

WELT ONLINE: Wie viel Jesuitenschüler steckt denn noch in dem Politiker Lafontaine?

Lafontaine: Ich habe Seminare bei den Jesuiten besucht, war aber nicht wie Heiner Geißler (CDU-Politiker) auf einem Jesuiteninternat. Um es etwas allgemeiner zu sagen: Mein Engagement in der Linken hat etwas mit meiner christlichen Erziehung zu tun. Die Idee der Gleichheit ist auch eine christliche Idee, weil sie von der Gleichheit der Gotteskinder ausgeht.

WELT ONLINE: Zentraler Bestandteil der katholischen Glaubenslehre ist die Buße. Wofür tun Sie Buße?

Lafontaine: Im streng katholischen Sinne gibt es sicherlich vieles, wofür ich Buße tun müsste. Aber da kommen wir in den religiösen Bereich, der ins Persönliche geht und darüber sollte man öffentlich nicht sprechen.

welt.de

Montag, 10. Mai 2010

Zitate zum Glauben

„Glauben gibt charakterschwachen Menschen Halt in übernommenen Traditionen.“
C.G. Jung, Begründer der analytischen Psychologie: "Man kann mit Sicherheit sagen, dass all meine Patienten über 35 Jahre krank wurden, weil sie das verloren hatten, was die lebendigen Religionen ihren Anhängern gegeben haben. Und keiner von ihnen, der seine religiöse Lebenshaltung nicht wiedererlangte, wurde wirklich geheilt."

„Gott ist ein Lückenbüßer für die Unwissenheit der Vorfahren.“
Albert Einstein: „Je weiter die geistige Entwicklung des Menschen vorschreitet, in desto höherem Grade scheint es mir zuzutreffen, dass der Weg zur wahren Religiosität nicht über Daseinsfurcht, Todesfurcht und blinden Glauben, sondern über das Streben nach vernünftiger Erkenntnis führt.“

„Die Wissenschaft hat längst bewiesen, dass es keinen Gott gibt.“
Werner Heisenberg, Physik-Nobelpreisträger: "Der erste Schluck aus dem Becher der Wissenschaft führt zum Atheismus, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."

„Wenn es einen Gott gibt – woher kommt dann all das Böse in der Welt?“
Herbert Grönemeyer in „Stück vom Himmel“: Warum in seinem Namen? Wir heißen selber auch. Wann stehen wir für unsre Dramen? Er wird viel zu oft gebraucht.

„Die Evolutionstheorie beweist die Fehler des Schöpfungsberichts der Bibel.“
Jonathan Wells (Biologe) in "Ikonen der Evolution – Wissenschaft oder Mythos": Die Entstehung der Arten ist heute so unverständlich wie ehedem, es gibt keine handfesten Beweise für eine ungelenkte Evolution.“

Colin Patterson (Evolutionist) „Es ist noch nie beobachtet worden, dass die natürliche Auslese die Kraft habe, eine evolutive Fortentwicklung von Organismen zu verursachen: Niemand hat jemals durch Mechanismen der natürlichen Auslese eine Spezies hervorgebracht.“

Pascal Jordan, deutscher Physiker, einer der Begründer der Quantenmechanik: "Die moderne Entwicklung hat die früheren Hindernisse einer Harmonie von Naturwissenschaft und religiöser Weltauffassung beseitigt. Die heutige naturwissenschaftliche Erkenntnis liefert keinen Einwand mehr gegen einen Schöpfergott."

Dienstag, 4. Mai 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXIII

Das Vaterunser ist keine Banalität, kein Gebet, dass man gedankenlos dahin-sagt. „In der alten Kirche wurden die Erwachsenen, die sich auf die Taufe vorbereiteten ... am Ende einer darin unterwiesen, und es wurde ihnen ausführ-lich erklärt. Es geschieht am ende einen langen Weges der Suche, einer tiefen Bekehrung des Herzens, dass Gott sich als Vater enthüllt. Solange das Herz verschlossen ist, kommt dieses Wort nicht über die Lippen.“

Gott nicht nur „Vater“ sondern „Papa“ zu nennen, das ist schon etwas besonderes. Durch den Heiligen Geist haben wir in uns die selbe Quelle, die auch in Jesus war, eine sprudelnde Quelle, „wie eine lebendige Wasserquelle, die unaufhörlich in .. (uns) den Namen des Vaters murmelt: Abba.“

Wir können wissen, dass wir diesen Geist haben, weil Paulus in Gal 4,6 uns dieses Zusicherung gibt: der Geist seines Sohnes ist in unser Herz gesandt, der ruft: Abba, Vater.
Wenn wir beten: Unser Vater, so entdecken wir unsere Identität wieder, denn die Menschen sind geschaffen, um Gottes Kinder zu sein, einzigartig, geliebt, ein „Kind nach dem Abbild des Einzigen und Geliebten und ihm ähnlich.“

Vater unser im Himmel – „diese Erinnerung an die himmlische Wohnung Gottes ist traditionell im jüdischen Gebet ... die jüdische Frömmigkeit war (und bleibt) sehr sensibel für das, was man die Transzendenz Gottes nennt, für sein Wesen jenseits aller menschlichen Vorstellungen, Worte und Intelligenz.“
Aber nun ist die Entfernung zwischen Himmel und Erde überbrückt, durch die Herabkunft des Sohnes Gottes und durch den Wiederaufstieg des Menschen-sohns zum Vater. Zugleich liegt hierin die Erinnerung an unsere eigene Bestimmung: „Unsere Heimat ... ist im Himmel“ (Phil 3,20). In der Abendmahlsliturgie sagen wir: Erhebt eure Herzen und antworten: wir erheben sie zum Herrn. „Diese Erhebung der Herzen ist die Rückkehr in unsere wirkliche und letzte Heimat, in den Himmel, der in uns selbst ist, nach einem langen und schmerzhaften Exil. Diese Rückkehr in die „bleibende Stadt“ des Reiches Gottes bedeutet nicht Verachtung und Ablehnung der ganzen irdischen Existenz, sondern die Entdeckung des notwendigen Einzigen, des Schatzes unseres Lebens, nach dem unser Herz sich sehnt, das unsere ganze Existenz und unsere Arbeit auf Erden erleuchtet.“

Dienstag, 27. April 2010

Arche Noah

Wenn es wirklich stimmt, was dort in 4000 Meter Höhe auf dem Ararat (Türkei) gefunden wurde, dann wäre es eine Sensation. An einem geheim gehaltenen Ort sollen Reste der Arche Noah liegen, behaupten Forscher einer christlichen Organisation aus China und der Türkei. Sie wollen einen zwölf Meter langen und fünf Meter hohen Rest der biblischen Arche (laut Altem Testament war sie 133,5 Meter lang, 22,3 Meter breit und 13,4 Meter hoch) gefunden haben. Das Schiff sei im Inneren in kleine Ställe eingeteilt, wie man sie zum Transport von Tieren braucht.
bz-berlin

Donnerstag, 22. April 2010

Graham ausgeladen

Wie der Evangelist Franklin Graham mitteilte, hat die amerikanische Armee ihn von einem speziellen Gebetstreffen, das im Pentagon stattfinden wird, ausgeladen.
In einer Verlautbarung vom heutigen Donnerstag teilt Graham mit, er bedauere die Entscheidung der Armee, er werde weiterhin für die Soldaten beten.

Graham, der Sohn des berühmten Evangelisten Billy Graham, hatte 2001 den Islam als böse bezeichnet. Vor kurzem hat er gesagt, er fände den Islam abstoßend und er möchte, dass die Moslems erfahren, dass Jesus Christus für ihre Sünden gestorben ist.

Montag, 19. April 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXII

Unser Vater im Himmel

„Man könnte sehr viele Beispiele des Gebetes Jesu geben. Wir empfehlen sehr die folgende Übung: Lest aufmerksam die vier Evangelien und notiert euch alle Texte, die vom Gebet Jesu, von seiner Lehre über das Gebet, von der Bedeutung des Gebets, von seiner Verknüpfung mit dem ganzen Gott zugewandten Leben, von der Verbindung des Gebets mit dem Fasten und der Barmherzigkeit sprechen. Diese Übung wird euch viel lehren.“ („Gott ist lebendig“, ein Glaubensbuch der orthodoxen Kirche)

Wenn ihr betet, dann macht nicht viele Worte! Dann laßt uns Johannes 17 aufschlagen und was finden wir dort? Das längste Gebet im Neuen Testament. Kann mir das jemand erklären? Hätte Jesus nicht einfach sagen können: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden! Gib ihnen ihr tägliches Brot und bewahre sie vor dem Bösen. Amen“? Gibt es einen Widerspruch zwischen Mtth. 6:9 ff und Joh 17? Was meint ihr?

Fällt euch etwas auf, wenn ihr euch die Wortwahl und den Aufbau des hohen-priesterlichen Gebets in Joh 17 anschaut? Jesus folgt in dem Aufbau des Gebets dem Grundmuster:

- Die Anrufung: Vater unser im Himmel
– die ersten drei Bitten bezüglich der Errichtung der Herrschaft unter den Menschen
- die letzten Bitten bezüglich des Menschen, seiner Bedürfnisse, seine Sünde, seiner
Versuchungen.

Vater ... verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche ....
ich habe dich auf der Erde verherrlicht ... (wie im Himmel, so auf Erden)

ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt .... (Dein Wille geschehe)

ich habe ihnen dein Wort gegeben (unser tägliches Brot gib uns heute)

heilige sie durch die Wahrheit... (vergib uns unsere Schuld)

und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren (und führe uns nicht in Versuchung – don’t let your testings be too hard to bare)

ich bitte .... das du sie bewahrst vor dem Bösen (sondern bewahre uns vor dem Bösen).

Das hohepriesterliche Gebet ist kein Gebet vieler Worte, es ist der Situation angemessen und Jesus läßt seine eigenen Vorgaben nicht außer acht.

Donnerstag, 15. April 2010

Joyce Meyer geht in die Verlängerung

Hamburg (ots) - "Ich werde es wahrscheinlich immer am meisten lieben, das Wort Gottes zu lehren", sagt die populäre Bibellehrerin Joyce Meyer. Ihre Fernsehsendung "Das Leben genießen" (Originaltitel: "Enjoying Everyday Life") wird in 35 Sprachen ausgestrahlt und von rund drei Milliarden Menschen weltweit gesehen. Montags bis freitags sendet Bibel TV ihre einfachen und praktischen Lebenstipps auf Grundlage der Bibel. "Es ist meine Leidenschaft, Menschen zu lehren, wie sie jeden Tag ihres Lebens genießen können", erklärt Joyce Meyer. Das ist für Bibel TV auch der Grund, den Vertrag mit der amerikanischen Bibellehrerin und Mutter von vier Kindern um ein weiteres Jahr zu verlängern. Denn die beliebte Sendung ist bei dem christlichen Familiensender nicht mehr wegzudenken.

"Joyce Meyer ist die international meistgesehene Predigerin. Sie ist für das Programm von Bibel TV sehr wichtig. Ihre lebensnahe Verkündigung fasziniert viele Zuschauer. Ich kann das verstehen", bekennt Henning Röhl. Der Bibel TV-Geschäftsführer ist Experte - als Pastorensohn und mit jahrzehntelanger Fernseherfahrung. Anlässlich ihrer vielbesuchten Konferenz in Basel stand Joyce Meyer Bibel TV in einem Interview Rede und Antwort, abrufbar in der Bibel TV-Mediathek. "Ich bin froh, dass mein Programm auf Bibel TV ausgestrahlt wird, und bin dankbar für den Sender, denn ich weiß, dass er viel Gutes tut", betont die Bibellehrerin.

Die Sendung "Joyce Meyer - Das Leben genießen" läuft auf Bibel TV seit Anfang 2005. Die Sendezeiten sind Montag bis Freitag 10.00 Uhr, 22.30 Uhr und 2.30 Uhr.

Montag, 5. April 2010

Hristos voskrese

”Christus ist auferstanden”,Hristos voskrese ruft der Priester der ungeduldig wartenden Menge zu. Dann antwortet sie ihm im Sprechchor: ”Er ist wahrhaftig auferstanden.”, Vistina voskrese.

Samstag, 3. April 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXI

Wenn du kritisierst, dass andere nur raffen und raffen, warum guckst du denn darauf, dass genug bei dir bleibt? Es kommt nicht darauf an, wieviel einer hat, es kommt darauf an, wie seine Einstellung ist zu dem, was er hat. Ihr sollt die Dinge haben, als hättet ihr sie nicht. Es geht um die innere Freiheit, nicht um den Großen Verdienstorden für gelebte Armut.
Man kann arm sein und mit Gier und Habsucht diese Armut ins Unerträgliche steigern. Alles dreht sich nur noch darum, soviel wie möglich zu bekommen und zu behalten. Und man bittet Gott, er möge doch geben und was macht der? Er sagt: Tut mir leid, ich will dich nicht vergiften. Ich will deine Gier nicht nähren und verstärken. Du hast nicht, weil du böse bittest, weil deine Einstellung nicht den Motiven entspricht, die ich gerne sehe: Wirke (bete) nicht für die Speise, die vergänglich ist, sondern die, die ins ewige Leben reicht.
Wir müssen nicht verdrängen, dass wir gern gut leben möchten, dass wir lieber reich und gesund als arm und krank sein möchten; wir müssen uns Gott gegenüber nicht verstellen und so tun, als würde es uns nichts ausmachen, dass der ungläubige Nachbar sich ein neues Auto kauft und man selber Mühe hat, das Geld für eine Monatskarte zusammen zu kratzen. Selbst David hat sich darüber heftig beklagt, dass die Gottlosen reich und fett sind.
Nun kann einer gottesfürchtig und arm sein und das selbe Problem haben: Ich will haben und ich will es für mich. Das ist schade, denn der Segen Gottes, der vom Himmel fällt, donnert an dir vorbei.
Und zu deiner Armut werden dir womöglich noch allerlei Begleiterscheinungen hinzu getan, denn „wenn das Auge finster ist, wie finster wird dann der ganze Leib sein“? Wenn du den Kreislauf von Saat und Ernte unterbrichst, wie groß werden dann deine Kreislaufprobleme werden? Wenn du krampfhaft alles für dich behalten willst, wie groß werden deine Magenkrämpfe sein?
Wenn Jesus sagt, dass Geben seliger ist als Nehmen, dann lebe danach. Und wenn nicht ... na ja, du weißt schon.

Montag, 22. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXX

Niemand lebt gegen die Weisung Gottes und ist gesegnet.
Bei dem unten genannten Gleichnis hat Jesus nicht nur eine einzelne Person (die des Reichen) im Blick, hier geht es um die gesamte Wirtschaftsweise einer Gesellschaft. „So ergeht es dem Schätzesammler“, so ergeht es einer Gesellschaft, deren oberstes Ziel das Schätzesammeln ist. „Gier ist gut!“ Das war der Schlachtruf der New Economy. Falsch. Gott ist gut! Deshalb gehen die Gierigen pleite oder kriegen ein Magengeschwür oder werden bestreikt oder werden von Kleinaktionären mit Eiern beworfen, mit bösen Worten bedacht und mit Strafanzeigen überzogen. „Man wird deine Seele von dir fordern“ – diejenigen, die sich betrogen oder hintergangen oder ausgenutzt fühlen, werden dir die Hölle heiß machen und werden das zurückfordern, was dich lebendig macht und was dir deine „Seelenruhe“ beschert hat: Deine großen Vorräte für viele Jahre. „Morgens noch auf hohen Rossen, abends durch die Brust geschossen“ - gestern warst du noch ein „Superstar“ und heute kannst du nur noch unter Polizeischutz zum Golfplatz. Aber worüber willst du dich beschweren? Lebe nach der Weisung Gottes oder rutsch‘ uns den Buckel runter.

Man kann sich in unserem Kreis leicht darauf verständigen, dass dies eine Botschaft für die Reichen ist. Aber laßt uns nachdenken. Ist es nicht so, dass Arme genauso gierig und habsüchtig sein können? Was Jesus tadelt ist die innere Einstellung, nicht den Besitz als solchen, sondern den Umgang mit den erwirtschafteten Gütern und die innere Haltung dazu.

Dienstag, 16. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXVIIII

Fortsetzung Arm zu sein bedarf es wenig

Schauen wir uns folgendes Gleichnis an:

Lukas 12, 13-21:
„Sehet zu und hütet euch vor jeglicher Habsucht! Denn niemandes Leben hängt von dem Überfluß ab, den er an Gütern hat. Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Eines reichen Mannes Feld hatte reich getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Das will ich tun, ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin alles, was mir gewachsen ist, um meine Güter aufspeichern und will zu meiner Seele sagen: Seele, du hast einen großen Vorrat auf viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und sei guten Muts! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird gehören, was du bereitet hast? So geht es jedem, der sich Schätze sammelt und nicht reich ist für Gott.“

Ja, war dieser Mensch denn nicht klug? Was hat er denn anderes gemacht als einen „guten Fischzug“, wie die Jünger im vorherigen Beispiel auch?
Was sagt die Bibel? „Wer Getreide zurückhält, den verfluchen die Leute; aber Segen kommt auf das Haupt dessen, der Getreide verkauft.“
Die Menschen, die damals dieses Gleichnis hörten, wussten es einzuordnen, denn die Lehre der Rabbinen lautete: „Man darf keine Früchte (d.h. Getreide), Dinge, die als Lebensmittel dienen, z.B. Wein, Öl und Mehl, aufspeichern ... Man darf im Israellande Früchte für drei Jahre aufspeichern: für das Vorjahr des Sabbathjahres, für das Siebentjahr und für das Nachjahr des Siebentjahres.“ Ferner: „Man darf im Israellande an Dingen, die als Lebensmittel dienen, zum Beispiel Wein, Öl und Mehl, nichts verdienen (d.h. der Zwischenhandel ist verboten).“

Vielleicht hat von den Ossis im Lande noch einer das Lied von Ernst Busch im Ohr, in dem das Horten und Zurückhalten, sogar das Vernichten von Lebensmitteln angeprangert wird: „D‘rum rin mit dem Weizen in die Feuersbrunst!“ Schmeißt die Kaffeesäcke ins Meer, damit der Preis wieder steigt! Verbrennt die Rinder, das Rindfleisch ist zu billig. Haltet die Ernte zurück, die Inflation ist zu hoch!

Der reiche Grundbesitzer handelt der thora zuwider, und das kann nicht gut gehen.
Alles meins! Denkt er und liegt natürlich falsch: Wenigstens der Zehnte gehört ihm überhaupt nicht, er betrügt Gott und das kann nicht gutgehen.

„Soll ein Mensch Gott berauben , wie ihr mich beraubt? Aber ihr fragt: Wessen haben wir dich beraubt? Der Zehnten und der Abgaben! Mit dem Fluch seid ihr belegt worden, den mich habt ihr betrogen, ihr, das ganze Volk! Bringet aber den Zehnten ganz in das Kornhaus, auf dass Speise in meinem Hause sei, und prüfet mich doch dadurch, spricht der Herr der Heerscharen, ob ich euch nicht des Himmels Fenster auftun und euch Segen in überreicher Fülle herabschütten werde!“

Samstag, 13. März 2010

Mystiker-Zitat der Woche

Schüler: Aber wie soll ich (diesen nackten Grund der Seele, leer von allem Selbst) begreifen? Meister: Wenn Du dich daran machst, es zu begreifen, dann wird es von Dir hinwegfliegen. Wenn Du Dich aber gänzlich ihm auslieferst, dann wird es mit Dir fortdauern und es wird das Leben Deines Lebens werden und natürlich für Dich.

Jakob Böhme

Freitag, 12. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXVIII

Fortsetzung "Arm zu sein bedarf es wenig"

Wenn Kunden deine Rechnung nicht bezahlen: Was bringt dich auf, die Tatsache, dass du einige Bücher, die du so gern hättest und dringend brauchst nicht kaufen kannst oder die Tatsache, dass nun einiges an Material, welches die Sonntagsschule benötigt, nicht gekauft werden kann? Worum sorgst du dich? Der Rat Jesu, die freundliche Weisung Gottes lautet: Sorge dich nicht um die Dinge, von denen der Vater sowieso weiß, dass du sie brauchst, sorge dich um die Dinge, die dazu beitragen, dich und andere ins ewige Leben zu bringen. Das heißt nicht, dass du in allem und jedem Verzicht zu üben hast, das heißt, dass du deine Einstellung änderst und das Ziel deiner Arbeit, deines Sparens, deiner Sorge neu bestimmst: Sorge ich mich um eine ausreichende Versorgung mit Schokolade oder um eine ausreichende Versorgung mit Matzen für das Abendmahl? Was ist meine Triebfeder? Wenn die Triebfeder stimmt, wenn das Motiv, nämlich zuerst nach „Gottes Reich“ zu trachten, stimmt, dann wird alles andere hinzu getan. Es wird also keinen Mangel geben.

Montag, 8. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXVII

Fortsetzung "Arm zu sein bedarf es wenig"

Laßt uns dazu eine weitere Stelle anschauen, nämlich Johannes 6,27ff:
„Wirket nicht (arbeitet nicht für) die Speise, die vergänglich ist, sondern die Speise, die ins ewige Leben bleibt. Welche des Menschen Sohn euch geben wird... ich bin das lebendige Brot, vom Himmel herabgekommen... das Brot, dass ich geben werde ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt ... ich sge euch, wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esset und sein Blut trinket, so habt kein Leben in euch ... denn mein Fleisch ist wahrhafte Speise und mein Blut wahrhaftiger Trank. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“

Für welche Speise sollen wir also arbeiten? Wofür sollen wir sorgen?
Auch hier gibt es, meine ich, nur eine Antwort: Wir sollen dafür sorgen, dass Menschen mit dem wahren Trank und der wahren Speise versorgt werden können.
Ob wir nun arbeiten oder auf die Überweisung der Rente oder der Stütze warten oder ob wir von den Erträgen unseres Vermögens leben: Wir sollen die Speise wirken, die ins ewige Leben bleibt.
Darf ich keine Wohnung mehr mieten oder kein Haus kaufen? Soll ich kein Auto haben oder bei der BVG schwarzfahren müssen? Darf ich keinen Fernseher und keinen Schmuck oder Uhr besitzen? Ich denke darum geht es gar nicht. Es geht darum, worum ich mich sorge und wofür ich in erster Linie sorge: Arbeite oder spare ich für meinen (sicher wohl verdienten) Urlaub oder habe ich bei meiner Arbeit im Kopf, dass die Kirche, in der sich die Gläubigen versammeln ein neues Dach braucht? Wenn ich mich darum sorge, ob in diesem Monat die Stütze reicht und das Wohngeld noch kommt, gilt meine Sorge dann dem Inhalt bzw. der Leere meines Kühlschranks oder habe ich Angst darum, dass vielleicht der Wein für das Abendmahl ausgeht und der Weihrauch alle wird? Das ist keine Frage nach viel oder wenig Geld, das ist eine Frage nach der inneren Einstellung.
Wenn ich keine Arbeit habe und deshalb nicht richtiges Geld verdiene, ärgert mich dann, dass ich nicht in Urlaub fahren kann wie andere Leute, oder ärgere ich mich darüber, dass ich kein ordentliches Opfer geben kann und die Kirche deshalb kein Geld für neue Gesangbücher hat? Wofür „wirke“ ich? Was ist mein Motiv?

Sonntag, 7. März 2010

Mystiker-Zitat der Woche

Um Freude an allem zu erreichen, begehre Freude zu haben an nichts! Um alles zu besitzen, begehre nichts zu besitzen! Um alles zu sein, begehre nichts zu sein! Um alles zu wissen, begehre, nichts zu wissen!

Johannes vom Kreuz

Donnerstag, 4. März 2010

Herausforderung für Seelsorger

Der Brief unten ist ein fiktives Schreiben, dass eine junge Frau an ihre Eltern richtet. Er stammt von Hadassa Luk und ist im Original auf Englisch auf aish.com zu lesen.
Ich gebe ihn nachstehend in eigener Übersetzung wieder, um den Seelsorgern oder angehenden Seelsorgern unter uns etwas zu geben, auf dem sie herumkauen können. Vielleicht mas jemand seine Gedanken dazu mitteilen, was ein Seelsorger der jungen Frau raten kann.

"Mein Brief ist an euch geschrieben, aber er ist für mich beabsichtigt. Um Dinge im Inneren zu klären. Um mich selbst besser zu verstehen. Um die Untiefen des menschlichen Herzens zu verstehen.

Ich kann euch nicht einmal so anreden, wie ich es sollte. Es tut zu weh. Soll ich mit Fragen beginnen? Soll ich damit anfangen euch zu erzählen, was mir durch den Kopf geht? Was mir vermutlich seit meiner Geburt das Herz schwer macht? Vielleicht schon seitdem du mich empfangen hast? Ich weiß nicht, was du gefühlt hast, als du mit mir schwanger warst, aber ich vermute es waren nicht die gesundesten Gefühle. Ich weiß, dass du mich in den ersten wenigen Minuten meines Lebens nicht sehen wolltest. Mein Leben plagte dich.

Ich weiß nicht einmal, wie ich diesen Brief schreiben soll. Es ist in den tiefsten Winkeln meines Herzens verborgen, in den innersten Kammern. Ich war zu ängstlich, diese Kammern zu betreten. Ich hatte nicht die emotionale Stärke, dorthin zu gehen. Du hast mir sehr viel Kummer gemacht. Ich bin deinetwegen ein verkrüppeltes menschliches Wesen geworden. Ich bin deinetwegen ohne Eltern aufgewachsen und bin niemals ein Kind gewesen. Ich habe nie gewusst, was es heißt, jemandem zu vertrauen, denn das hast du mir genommen. Ich habe gelernt, Angst vor Menschen zu haben, denn du hast mich diese Angst gelehrt.

Ich habe seitdem gelernt, dass der Mangel an einer Mutter und an Liebe nie wirklich gefüllt oder ausgeglichen werden kann. Ich lebe diese Leere Tag für Tag. Ich habe gelernt, dass man, wenn jemand dich liebt, man das nicht zu tief aufnehmen darf, denn man kann darauf keine 20 oder mehr Jahre bauen. Ich habe gelernt, gegen Schmerz und Beleidigung immun zu sein, weil du mir dieses so oft angetan hast. Es war einfach Teil meines Lebens, Teil davon, morgens aufzustehen und sich durch einen neuen Tag zu kämpfen.

Du hast mich gelehrt, in meine eigene Welt zu gehen, die in sich nicht sehr angenehm war, weil du in deiner eigenen Welt gelebt hast, als ich ein Kind war. Ich habe gelernt die Welt da draußen als Bedrohung zu sehen, so als ob es die Menschen auf mich abgesehen hätten. Ich habe gelernt, mich von freundlichen Geseten wegzuducken und ich weiß nicht, wie man aus verletzenden Situationen herauskommt, weil du zwischen diesen beiden zu oft gewechselt hast. Ich habe gelernt, die Zähne zusammenzubeißen, wenn ich bemängelt werde, weil das alles war, was ich von dir zu hören bekam. Ich weiß nicht, wie man Lob annimmt, weil ich nie ein Lob wert gewesen bin. Ich lernte nicht zu lachen, denn das hast du mir nicht erlaubt. Ich lernte nie "nein" zu sagen, wenn es erforderlich ist, weil du mir diese Wahl nie gelassen hast. Ich weiß nicht, wie man ein produktives Mitglied der Gesellschaft sein kann, weil du von mir verlangt hast, so viel zu produzieren.

Ich bin jung an Jahren aber alt in Unverwüstlichkeit. Zu alt. Ich habe gelernt, mich vor Verantwortung zu drücken, weil du nie Verantwortung übernommen hast. Ich habe gelernt, dass Strafen hereinbrechen, egal wie meine Absichten waren, denn für dich war nichts jemals gut genug. Ich habe gelernt, dass es einfach ist, andere für eigene Unzulänglichkeiten verantwortlich zu machen, weil ich das ständig von dir gehört habe.

Ich habe gelernt, dass unterdrückte Emotionen viel besser und sicherer sind, weil du mich sie nie hast ausdrücken lassen und ich es mir nicht leisten konnte, sie zu fühlen. Ich lernte, dass es in Ordnung ist, in dieser Welt allein zu sein, weil du niemanden in meine Welt hineingelassen hast. Ich lernte, dass es besser ist, sich zu verstecken, denn wenn ich das nicht tat, bist du über mich hergefallen. Ich lernte wie man da sein und zugleich unsichtbar sein kann, denn wenn ich gesehen wurde, ging es nie gut aus. Ich lernte, dass es nicht gut ist, sich zu seinen Fehlern zu bekennen, denn ich wurde immer für deine Fehler beschuldigt. Ich lernte, dass ich es verdient habe, wenn ich Schmerzen hatte, denn das hast du mir immer gesagt.

Ich lernte, mich von Menschen überrollen zu lassen, weil ich glaubte, ich könne deine Zustimmung, deine Liebe gewinnen, wenn ich das erlauubte. Ich lernte, dass Liebe an Bedingungen geknüpft ist. Ich lernte, dass Werte wertlos sind, weil du keine hattest. Ich lernte, um das zu betteln, was ich brauchte, denn das war der einzige Weg, etwas zu bekommen.

Ich habe zuviele Dinge gelernt, um sie alle hier aufzulisten. Die meisten davon waren negativ. Aber das eine Positive, welches das Leben mich gelehrt hat, besteht darin, dass, wenn ich meine, ich könne einfach nicht mehr, Gott mir eine neue Portion Stärke schickte.
Ich wünsche nur, ich hätte das auf eine andere Art gelernt. Ich wünsche einfach, ich hätte Eltern, auf die ich stolz sein kann, wünsche, dass meine Kindheit nicht so verschwendet worden wäre. Ich wünsche, dass ich durch eure Lehren und eure Verbogenheit nicht so verkrüppelt wäre. Wie sehr wünsche ich, dass ich ein anderes Leben kennengelernt hätte, dass ich durch eure Lehren richtig von falsch unterscheiden könnte. Ich kenne das Falsche, aber nicht das Richtige.

Ich möchte in der Lage sein, euch all das zu sagen, aber dazu bin ich nicht in der Lage und werde es vielleicht niemals sein. Ich möchte, Gott helfe mir, meinen Kindern alles geben, was ich nicht hatte, aber wie soll ich das machen? Ich möchte die Balance zwischen Zurechtweisung und Liebe kennen, aber das habe ich nie gesehen. Vielleicht ist es ein und dasselbe. Man kann nicht zurechtweisen ohne Liebe.

Ich hoffe, dass ihr eines Tages Stolz auf mich sein werdet, auch wenn es mir schwer fällt, zu wissen, dass ich euch eine Freude mache. Aber, was wichtiger ist, ich muss auf mich selbst stolz sein können.

Ich bete, dass mein Leben eine Lektion für meine zukünftigen Jahre sein kann. Dass ich nur gute Dinge aus meiner Vergangenheit lerne. Dass ich Feindschaft mit der Gnade eines Erwachsenen begegnen kann und nicht mir dem Kummer eines Kindes. Dass ich es lerne, mich nicht auf meine Behinderungen zu stützen, sondern dass ich sie benutzen kann, um vorwärts und nach oben zu kommen.

Ich hoffe, dass ich eines Tages in der Lage sein werde, stolz dazustehen und zu sagen, dass ich als Gewinner herausgekommen bin, trotz meiner Vergangenheit. Oder vielleicht gerade wegen ihr."

Mittwoch, 3. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXVI

Arm zu sein bedarf es wenig

Laßt uns nochmals zu der Frage zurückkehren, wer denn nun arm ist und wer reich ist, wer leicht durch das Nadelöhr geht und wer darin stecken bleibt.

Lesen wie die uns schon bekannte Stelle in Matth. 6, in der es um das Schätze- sammeln und das Sorgenmachen geht, Matth. 6: 19- 34. Also, ihr sollt euch keine Schätze auf Erden sammeln und ihr sollt zuerst nach dem Reich Gottes trachten und nach seiner Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere hinzu getan werden.
Nun wurde bereits der Verdacht geäußert, man müsse ja eigentlich dann seine Arbeit hinschmeißen und nur noch aus der Versorgung Gottes leben. Sagt Jesus nicht, dass diejenigen, die ihm nachfolgen, alles aufgeben müssen und sich seiner Versorgung anzuvertrauen haben?
Sehen wir nach, was geschah, als Jesus seine Jünger aufforderte, ihm nachzufolgen.
Eine interessante Stelle hierzu ist Lukas 5: 3-11, hier die Verse 6-11:
„Und als sie das getan, fingen sie eine große Menge Fische; aber ihr Netz begann zu reißen. Da winkten sie den Gefährten, die im andern Schiffe waren, dass sie kämen und ihnen hülfen; und sie kamen und füllten beide Schiffe, so dass sie zu sinken begannen ... und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; von nun an sollst du Menschen fangen! Und sie brachten die Schiffe ans Land, verließen alles und folgten ihm nach.“
Eine weitere Stelle für unseren Zusammenhang steht bei Johannes 21, 6:
„Jesus sprach zu ihnen: Werfet das Netz auf der rechten Seite des Schiffes aus, so werdet ihr finden! Da warfen sie es aus und vermochten es nicht mehr zu ziehen vor der Menge der Fische.“
Dann folgt nach Markus und Matthäus die Aussendung per Missionsbefehl.
Merken wir etwas?

Es geht nicht darum, keine große Ernte zu haben, keinen richtigen Fischzug zu machen. Die Jünger - und hier auch insbesondere ihre Familien, wenn die Männer weggegangen sein werden - werden versorgt und nicht gerade kleinlich. Aber für was werden sie versorgt? Was ist die Absicht dabei, was ist das Ziel der Versorgung? Ich meine, es gibt nur eine Antwort: Damit sie für das Reich Gottes arbeiten können.

Montag, 1. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXV

Fortsetzung von "Arm im Geiste"

Eckehart sagt, die Auffassung der Meister, wonach ein Mensch aller Dinge ledig sein soll, damit er eine Stätte sein könne, in der Gott wirken kann, geht nicht weit genug. Denn dann ist der Mensch noch nicht arm, er hat ja noch diese Stätte in sich, die er Gott für sein Wirken anbieten kann. „.. Gott strebt für sein Wirken nicht danach, dass der Mensch eine Stätte in sich habe, darin Gott wirken könne; sondern das (nur) ist Armut im Geiste, wenn der Mensch so ledig Gottes und aller seiner Werke steht, dass Gott, dafern er in der Seele wirken wolle, jeweils selbst die Stätte in sich habe, darin er wirken will – und dies täte er (gewiß) gern. Denn, fände Gott den Menschen so arm, so wirkt Gott sein eigenes Werk und der Mensch erleidet Gott so in sich, und Gott ist eine eigene Stätte seiner Werke; der Mensch (aber) ist ein reiner Gott-Erleider in seinen (=Gottes) Werken angesichts der Tatsache, dass Gott einer ist, der in sich selbst wirkt. Allhier, in dieser Armut erlangt der Mensch das ewige Sein (wieder), das er gewesen ist und das er jetzt ist und das er ewiglich bleiben wird.“
Das kommt uns vielleicht reichlich merkwürdig vor. Aber was verstehen wir denn bislang unter solchen Aussprüchen wie: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ oder „der Vater wird kommen und Wohnung bei euch machen“ oder „getauft zu sein in den Heiligen Geist“?
Eckehart geht es dabei um die Einigung mit Gott. Das Ich wird zunichte, indem es in Gott untergeht und damit neu geboren wird. Wir kennen alle den Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“. Was bedeutet es denn, wenn es dort heißt: „Ich will anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.“? Genau das: Das Ich geht unter, die Seele wird in der Gottheit begraben, „sie wird still ganz und allein in dem Wesen Gottes.“ Es ist wie David schreibt: „Nur auf Gott wartet still meine Seele, von ihm kommt mein Heil.“ (Psalm 62,2) „Wie ein gestilltes Kind bei seiner Mutter, ist meine Seele in mir.“ (Psalm 131, 2)

Das ist das Ergebnis der Armut im Geiste und das wäre, wenn man es denn hätte, überfließender Reichtum.

Samstag, 27. Februar 2010

Mystiker-Zitat der Woche

Der beharrliche Gebetsruf: "Jesus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner" gestattet nicht, dass auch die kleinste böse Einflüsterung den Spiegel unserer Seele anhaucht und das Gemüt anspricht. Er reinigt unseren Seelenhimmel von den dunklen Wolken der bösen Geister. Hell und klar erstrahlt er vom Lichte Jesu. Nur darf der Stolz den Gotteskämpfer nicht aufblasen noch Eitelkeit oder Eigendünkel ihn beherrschen.

Hesychius vom Batoskloster

Donnerstag, 25. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXIV

Fortsetzung "arm im Geiste"

Es reicht allerdings nicht, keinen Willen zu haben. Es kommt hinzu, dass ein Mensch, der arm im Geiste ist, auch nichts weiß. Also doch! Trottel nach vorn!
Ich hatte es ja immer befürchtet.
Was schreibt Eckehart: „Der Mensch, der diese Armut haben soll, der muss so leben, dass er nicht (einmal) weiß, dass weder sich selbst noch der Wahrheit noch Gott lebe ... er lasse Gott wirken war er wolle, und der Mensch stehe ledig. Alles, was je aus Gott kam, das ist gestellt auf ein lauteres Wirken. Das dem Menschen zubestimmte Wirken aber ist: Lieben und Erkennen. Nun ist es eine Streitfrage, worin die Seligkeit vorzüglich liege. Etliche Meister haben gesagt, sie liege in der Liebe, andere sagen, sie liege in der Erkenntnis und in der Liebe, und die treffen’s (schon) besser. Wir aber sagen, dass sie weder in der Erkenntnis noch in der Liebe liege; es gibt vielmehr ein Etwas in der Seele, aus dem Erkenntnis und Liebe ausfließen; es selbst erkennt und liebt nicht, wie’s die Kräfte der Seele tun. Wer dieses (Etwas) kennen lernt, der erkennt, worin die Seligkeit liegt. Es hat weder Vor noch Nach, und es wartet auf nichts Hinzukommendes, denn es kann weder gewinnen noch verlieren. Deshalb ist es auch des Wissens darum, dass Gott in ihm wirke, beraubt; es ist vielmehr selbst dasselbe, das sich selbst genießt in der Weise, wie Gott es tut.“ Ah ha, sagen wir und sind verwirrt. Aber nur für einen Moment. Denn die Tatsache, dass wir nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurden, müssen wir nicht mehr herausarbeiten und dass wir demzufolge Gott nacheifern sollen und uns „vergöttlichen“ lassen müssen, ist auch klar. Also gut, Gott ist ewig. Er hat weder Vor noch Nach, er hat vielmehr überhaupt keine Zeit, sondern steht außerhalb der Zeit. Gott ist unendlich, also wartet er auf nichts Hinzukommendes, deshalb kann er weder gewinnen noch verlieren. Zur Unendlichkeit kann man nichts hinzutun oder davon wegnehmen, denn unendlich ist eben unendlich. Und wenn wir uns vergöttlichen lassen, dann geschieht dies auch mit uns. „So quitt und ledig also, sage ich, soll der Mensch stehen, dass er nicht wisse noch erkenne, dass Gott in ihm wirke, und so kann der Mensch Armut besitzen. Die Meister sagen, Gott sei ein Sein und ein vernünftiges Sein und erkenne alle Dinge. Ich aber sage: Gott ist weder Sein noch vernünftiges Sein noch erkennt er dies oder das. Darum ist Gott ledig aller Dinge – und eben darum ist er alle Dinge. Wer nun arm im Geiste sein soll, der muss arm sein an allem eigenen Wissen, so dass er von nichts wisse, weder von Gott noch von Kreatur noch von sich selbst. Darum ist es nötig, dass der Mensch danach begehre, von den Werken Gottes nichts zu wissen noch zu erkennen. In dieser Weise vermag der Mensch arm zu sein an eigenem Wissen.“
Damit nicht genug. Zudem ist der Mensch arm, der nichts hat.
Damit ist bei Eckehart nicht gemeint, dass jemand keine materiellen Dinge besitzt, was dann in Ordnung ist, wenn er freiwillig verzichtet, der also vorsätzlich arm ist.
Laßt uns noch mal zusammenfassen: Ein armer Mensch ist der, der so lebt, dass er keinen eigenen Willen hat, so wie er keinen Willen hatte, als er noch nicht geschaffen war. Des weiteren ist ein armer Mensch im Sinne der Bergpredigt einer, der selbst vom Wirken Gottes in sich nichts weiß.
Nun soll er auch nichts mehr haben.

Montag, 22. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXIII

Ponticus Evagirus beschreibt Kontemplation so: Das Ziel der Kontemplation ist die Schau der Hl. Dreieinigkeit. Diese Schau ist aber jenseits aller Form, sie ist vollkommen einfach. Sie verlangt, dass der Mensch ganz und gar frei wird von allem begrifflichen Denken und von seinen Leidenschaften. Es muß ein Zustand erreicht werden, in dem die Leidenschaften uns nicht mehr beherrschen, sondern mit einander im Einklang sind. Der menschliche Geist wird ganz rein und lauter, offen für Gott und zugleich einfach und gesund. Ziel ist die Einheit mit Gott, das eigentliche Ziel jedes Menschen. Evagrius spricht von der Einheit, um damit auszudrücken, dass ein solcher Mensch in liebender Vereinigung zur vollkommenen Erkenntnis der Hl. Dreifaltigkeit gekommen ist. Das Licht Gottes beginnt in der Seele zu leuchten: „Wenn ein Mensch den alten Menschen abgelegt und den neuen Menschen angezogen hat, der eine Schöpfung der Liebe ist, dann wird er zur Stunde des Gebetes erkennen, wie sein Zustand einem Saphir gleicht, der klar und hell leuchtet“, der Mensch findet seinen Frieden und indem er mit Gott eins wird, wird er auch eins mit seinem wahren Wesen, die Seele wird gesund. (Was hast du dir vorgestellt, wie dieser Friede aussieht, der alle Vernunft übersteigt und den die Welt nicht geben kann?)
Nach Ponticus meint Kontemplation, das wir alle Gedanken und Bilder, alle Vorstellungen und Gefühle, hinter uns lassen und jenseits des Denkens und Fühlens eins werden mit Gott. man vergisst sich selbst und zugleich ist man sich selbst höchst bewusst. Man denkt über das Einswerden nicht mehr nach, die Gedanken hören auf, ich bin einfach da, ich bin in Gott, ich bin ganz im Augenblick, ich übersteige die Zeit, ich berühre die Ewigkeit. Auf einmal wird alles klar. Ich spüre: Es ist alles gut. Alles hat seinen Sinn. Ich bin einverstanden mit Gott, mit meinem Leben, mit allem. Alles Kämpfen hört auf, die Gedanken, die sich gegenseitig anklagen und
entschuldigen (Röm 2, 15) sind still. Ein Zustand, in dem ich einfach nur da bin, und ahnen kann was das Geheimnis Gottes ist, der von sich nur sagt: „Ich bin, der ich bin“. Reines Sein. Alles ist gut, alles ist von Gott durchdrungen. Gott IST.
Das deckt sich mit dem, was Eckehart sagt: „Ehe die Kreaturen waren, war Gott (noch) nicht „Gott“: er war vielmehr, was er war.“ Das kommt uns vielleicht im ersten Moment seltsam vor, aber denkt daran, wie Gott sich dem Mose vorstellt: „Ich bin der ich bin“. Und dann, im Laufe der Geschichte offenbart er seinem Volk, wer er für sie ist: Gott, der vorhersieht, Gott, dein Arzt, Gott Imanuel etc.
In der Kontemplation wird der Mensch „arm im Geiste“, er wird wie Gott: reines Sein.

Samstag, 20. Februar 2010

Mystiker-Zitat der Woche

Die Liebe, die aus manchen Werken entsteht, ist wie ein kleines Lämplein, das durch Öl gespeist wird und so seine Flamme brennend erhält. Sie gleicht auch einem Bach, in dem sich der herabrauschende Regen sammelt, dessen Fluten aber versiegen, wenn das Wasser nicht mehr da ist, das sie hervorbringt. Die Liebe aber, die Gott zum Urheber hat,ist wie ein Springquell, dessen Fluten niemals versiegen; Er allein ist der Quell der Liebe und sein Element, das nie zur Neige geht.

Isaak von Ninive

Donnerstag, 18. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXII

Und noch einmal das „arm sein im Geiste“

Wir müssen also noch einmal zur geistigen Armut zurück und wollen Meister Eckehart selbst zu Wort kommen lassen:
„Zum ersten sagen wir, dass ein armer Mensch sei, der nichts will.“
Hierbei geht es nicht um Menschen, die äußerliche Werke der Buße und Selbstverleugnung erbringen. Solche Menschen nennt Eckehart schlicht „Esel“. Sie sagen zwar, ein armer Mensch sei einer, der nichts wolle. Aber es wird von ihnen falsch aufgefaßt, nämlich so: „dass der Mensch so leben müsse, dass er seinen (eigenen) Willen nimmermehr in irgend etwas erfülle, dass er (vielmehr) danach trachten solle, den allerliebsten Willen Gottes zu erfüllen.“
Eckehart sagt zwar, dass dies schon ganz gut sei, aber bei weitem nicht ausreiche. Menschen die so denken, mögen wegen ihrer guten Absicht das Himmelreich erlangen, aber von der eigentlichen Armut, die Jesus anspricht, wissen sie nichts. Diese Armut geht sehr viel weiter: „Solange der Mensch dies noch an sich hat, dass es sein Wille ist, den allerliebsten Willen Gottes erfüllen
zu wollen, so hat ein solcher Mensch nicht die Armut, von der wir sprechen wollen; denn dieser Mensch hat (noch) einen Willen, mit dem er dem Willen Gottes genügen will, und das ist nicht rechte Armut. Denn, soll der Mensch wahrhaft Armut haben, so muss er seines geschaffenen Willens so ledig sein, wie er’s war, als er (noch) nicht war. Denn ich sage euch bei der ewigen Wahrheit: Solange ihr den Willen habt, den Willen Gottes zu erfüllen, und Verlangen habt nach der Ewigkeit und nach Gott, solange seit ihr nicht richtig arm. Denn nur das ist ein armer Mensch, der nichts will und nichts begehrt.“
Hier ist ein Zustand angesprochen, den die Mystiker als „Kontemplation“ bezeichnen. In der Definition aus dem Vorwort zu „Die Liebesflamme“ von Johannes vom Kreuz:
Kontemplation ist weniger eine bestimmte Gebetsweise oder Gebetsstufe als vielmehr die Selbstmitteilung Gottes, die dem im geistlichen Leben Fortgeschrittenen ohne sein eigenes Zutun auf immer umfassendere und unmittelbarere Weise zuteil wird, weshalb J.v.K. rät, von sich aus keine Leistungen vollbringen zu wollen, sondern still zu werden und die liebende Einsicht, die Gott schenkt, in völliger Untätigkeit und ‘liebender Achtsamkeit’ auf Gott aufzunehmen. In der Kontemplation werden dem Menschen keine Einzelansichten zuteil, vielmehr werden im in einer gesamtheitlichen liebenden Einsicht das Licht und die Liebe Gottes eingegossen, wodurch er nach und nach geläutert und immer tiefer mit Gott geeint wird. Anfangs erfährt der noch ungeläuterte Mensch die Kontemplation als dunkel und verwirrend, später erlebt er sie als ein umfassenden Erkennen und Lieben zugleich, das sich nicht in einschränkenden Bestimmungen fassen läßt.

Es geht um eine Liebesbeziehung; Menschen die so eine Beziehung zu Gott haben, nennt man Mystiker.
Ist das „biblisch“? lesen Sie dazu folgende Texte: Joh. 6,56; Joh. 15,4; 1. Joh 4,16

Dienstag, 16. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXI

Wo bitte geht’s zur Gottesnähe?

Laßt uns den Weg betrachten, den einer der großen Mystiker des Christentums,
Meister Eckhart, vorschlägt und den er auch selber eingeschlagen hat.
Eckhart von Hochheim ist um 1260 geboren. Er war Dominikaner und als solcher zeitweise Leiter der Ordensprovinz Sachsen, die ein Gebiet von den Niederlanden bis Livland umfaßte. Er war Generalvikar von Böhmen, Leiter der ordenseigenen Hochschule in Straßburg und Lehrer an der Universität Köln. Zwischendurch hatte er Lehraufträge in Paris und Prior seines Heimatklosters. Er starb 1302.
Er war also ein Mann, der mitten im Leben stand, wie man so sagt. Zudem hatte er ständig Ärger mit der Kirche und wurde nur deshalb nicht ernstlich verfolgt, weil er den Schutz und die Unterstützung seines Ordens hatte. Er war eine Kämpfernatur, kein weltabgewandter Asket, kein „seltsamer Heiliger“, aber seltsam war er dennoch und was er lehrt, beinhaltet genügend Zumutungen, um auch bei uns Beachtung zu finden.
Der Weg, den er vorschlägt, als den schmalen Weg zu beschreiten ist ein gänzlich anderer als der Weg Barclays.
Da Eckhart Mystiker war, ist es nicht verwunderlich, dass sein Weg ein mystischer Weg ist. Wie aber beschreitet man einen mystischen Weg?

Der Weg des Meisters Eckhart ist der Weg der Absage an die gesamte wahnhafte Wirklichkeit, wodurch der Mensch zur „Abgeschiedenheit“ gelangt. Ein seltsamer Weg für einen Menschen, der sein Leben in höchsten Ämtern und in ganz alltäglichen Auseinandersetzungen verbracht hat. Aber wenn wir uns an die ausgefüllten Leben von Teresa, Johannes und Bernhard erinnern, so wissen wir: Ein tätiges, erfülltes und sogar ein erfolgreiches Leben stehen nicht im Gegensatz zu mystischer Erfahrung.

Der Mensch, der den Weg der Abgeschiedenheit, den Weg des Abschiednehmens beschreitet, der soll sich nicht mehr um äußerliche Dinge kümmern und er soll sich auch nicht von äußerlichen Dingen bekümmern lassen. Das kommt uns bekannt vor. Sagt Jesus das nicht so ähnlich in Mt. 6, 19 f: „Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt“? Dieses „Abschiednehmen“ ist eine praktische Sache und eine Aufgabe für jeden Menschen. Auch und gerade der Mensch, der mitten in der Welt lebt, muss sich davon frei machen, den Dingen zu verfallen und sein Herz an Äußerlichkeiten und Umstände zu hängen. Noch einmal zur Erinnerung: Mit Eckehart von Hochheim, Bernhard von Clairveaux, mit Teresa von Avila und Johannes von Kreuz sprechen Menschen für dieses „Abschiednehmen“, die in großem Umfang ihrer Zeit großen Einfluss hatten und ihrer Zeit ihren Stempel aufgedrückt haben. Es geht nicht um eine Flucht aus der Welt, sondern gerade darum, in ihr bestehen zu können und mehr als nur zu bestehen: Die Welt zu überwinden. Die Umstände zu besiegen, nicht (nur) indem man die Umstände ändert, sondern dadurch, dass man von ihnen nicht mehr irritiert wird, ohne sie einfach zu leugnen. „Wer diese Freiheit von der Welt erreicht, der gewinnt reine Innerlichkeit.“
Es ist keine Lösung, Probleme zu ignorieren oder wegzuschieben, wie der Sänger singt: „Will sie vor Wut auch die Möbel zertrümmern: Gar nich‘ um kümmern, gar nich‘ um kümmern!“ Es geht darum, auf die Probleme angemessen und gelassen zu reagieren, indem man nicht an ihnen haftet.

Damit ist der Weg aber noch nicht zu Ende. Was jetzt folgt ist die Abgeschiedenheit von sich selbst. Jetzt geht es um die Selbstaufgabe, jetzt geht es darum, „arm im Geiste“ zu werden. Der Mensch muss sich selber lassen „und darin „ganz gelassen“ werden.“

Samstag, 13. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XX

Immer wieder müssen wir im Verlauf unseres Lebens Entscheidungen treffen: „Siehe, ich habe dir heute vorgelegt das Leben und das Gute, den Tod und das Böse ... darum erwähle das Leben, damit du am Leben bleibst, du und deine Nachkommen.“ (5.Mose, 30, 15-20). „So wählt heute, wem ihr dienen wollt“ (Jos. 24,15). „So spricht der Herr: Siehe, ich lege euch vor den Weg zum Leben und den Weg zum Tode“ (Jer. 21,8). Sogar im NT: „Geht ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und ihrer sind viele, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind ihrer, die ihn finden.“ (7, 13 f).
Eine Anweisung zum Wandern. Eine Einladung zu einem Spaziergang durch ein gelungenes Leben.

Ein Weg ist eng, ein Weg ist breit. Barclay merkt dazu an: „Der eine Weg ist bequem, der andere beschwerlich“. Ohne Fleiß keinen Preis. „Ich habe den guten Kampf gekämpft“ und gewonnen, sagt Paulus; und nicht einmal das sichert dir den Sieg, sondern du mußt auch noch nach den Regeln kämpfen, sonst wirst du disqualifiziert. Das Gehen auf dem engen Weg bedeutet harte Arbeit. Paulus sagt über sich, er habe mehr gearbeitet als alle anderen.

„Der eine Weg ist lang, der andere kurz.“ Wählen wir den kurzen Weg des schnellen Erfolgs oder gehen wir lieber einen langen Weg, der erst in der Zukunft Ergebnisse erkennen lassen wird? „Wer langsam sammelt“, heisst es in dem Buch der Sprüche, der bekommt immer mehr. Wer’s eilig hat, wird am Ende ohne Erfolg bleiben. Was von Dauer sein soll, braucht Zeit. Gott hat die ganze Welt mit allem drum und dran auch nicht an einem Tag erschaffen.

„Der eine Weg ist diszipliniert, der andere undiszipliniert“. Ohne Selbstdisziplin kann man auf Dauer keinen Erfolg haben. Wer kann thora lernen? Derjenige, der beharrlich ist und dranbleibt und ständig wiederholt. Das ist wie im richtigen Leben.

„Der eine geht nachdenklich, der andere gedankenlos seines Weges“. Mag sein, dass der breite Weg bequemer aussieht. Aber nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel ist das Ziel; deshalb kommt es darauf an, anzukommen und zwar dort anzukommen, wo man hin will: In die Gottesnähe. Auf dem breiten Weg zu laufen, dort wo alle gehen, erfordert nicht viel Nachdenkens. Der Sänger singt: Ja, wenn man was erleben will, dann darf man nicht spar'n, dann muss man sonntags fahr’n wenn alle fahr’n. Wer den Stau auf der Autobahn vermeiden will, der muss sich etwas einfallen lassen. Wer zu Gott gelangen will, der kann nicht tun, was die ganze Welt tut; der kann die Dinge nicht mit den Maßstäben der Welt messen. Nehmt noch mal Rabbi Schimmaj. Sein Maßstab war der Zollstock, damit hat er einen Interessenten davon gejagt. Rabbi Hillel hatte einen anderen Maßstab: So wie du willst, dass die Leute dir begeg-nen, so begegne du ihnen auch. Was ist das Ergebnis? Hillel hat einen Menschen für das Wort Gottes gewonnen, Schimmaj hätte ihn fast ganz verjagt.

Mystiker-Zitat der Woche

Du denkst über die Wahrheit, als wäre sie eine Formel, die du aus einem Buch herauspicken kannst. Wahrheit kostet den Preis der Einsamkeit. Wenn du der Wahrheit folgen willst, musst du lernen, allein zu gehen.
- Anthony de Mello

Mittwoch, 10. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XVIIII

Was ist der „Sinn“ dieser "Goldenen Regel"?
Laßt uns dabei auch an die fast simple Regel denken: „Was der Mensch sät, das wird er ernten“. Der Mensch erntet nicht, was er unterlassen hat zu säen. Der Sinn ist nicht nur, dass andere gesegnet werden (oder einfach nur in Ruhe gelassen werden), der Sinn ist, dass ich selbst gesegnet werde, wenn ich andere segne.

Ein Mensch kann durch Gesetze und entsprechende Kontrollen dazu gebracht werden, bestimmte Dinge zu lassen. Durch die Straßenverkehrsordnung wird jeder dazu bestimmt, demjenigen, der von rechts kommt, die Vorfahrt zu lassen. Aber die Straßenverkehrsordnung kann mich nicht zwingen, einen müden Fußgänger mitzunehmen. Dabei kann das sehr unterhaltsam sein. Oder auch sehr lehrreich: Ein Porschefahrer übt Ralleyfahren im Gebirge. Am Fahrbahnrand sieht er ein Stück voraus ein altes Mütterchen hocken, die offenbar nicht weitergehen kann. Er nimmt sie mit und übt im weiteren wieder das Ralleyfahren: Rein in die Kurve, raus aus der Kurve, dritter, zweiter, dritter, vierter Gang, runter in den Zweiten, rauf in den Dritten. Schließlich sagt das Mütterchen nach einer Weile: „Jetzt ist es aber gut, junger Mann, nun lassen sie mal schön die Hände am Lenkrad, das Benzin kann ich ja für sie umrühren.“ Ohne Barmherzigkeit, ohne dieser Frau das zu tun, was er selbst an ihrer Stelle gern gehabt hätte, hätte sich der junge Mann dieses schöne Wissen nie erwerben können: Benzin muss man umrühren.
Barclay meint, es sei eben doch ein Unterschied, ob ich nur nach der Maxime lebe: „Ich darf niemandem Schaden zufügen“ oder nach dem Grundsatz: „Ich muss alles in meinen Kräften Stehende tun, um anderen zu helfen.“

Montag, 8. Februar 2010

Mstiker-Zitat der Woche

Vermeidet in eurem Gebet viele Worte. Ein einziges Wort genügte, um dem Zöllner und dem verlorenen Sohn die göttliche Verzeihung zu schenken. Stellt keine langen Überlegungen in eurem Gebet an. Wie oft rührt den Vater das einfache und immer wiederholte Stammeln des unmündigen Kindes. Lasst euch deshalb nicht auf lange Gedankengänge ein, damit ihr euren Geist nicht mit dem Suchen nach Worten zerstreut. Gedankenfülle im Gebet erzeugt Bildfülle und läßt den Geist zerfließen, während oft ein immer wiederholtes Wort den Geist sammelt. Wenn ihr durch ein Wort im Gebet getröstet und angesprochen werdet, verweilt dabei, denn euer Schutzengel will mit euch beten.

Johannes von der Leiter (Klimakos)

Sonntag, 7. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XVIII

The teacher is teaching the Golden Rule

Was ist „das Gesetz und die Propheten“? (7,12)
Alles nun, war ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!
Das ist die Umsetzung der Forderung „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, denn Liebe ist nicht tatenlos. Niemand kann sagen: „Ich liebe diese oder jenen“ und tut nichts für diese Person.
Im Judentum und in anderen Religionen gibt es solche Aufforderungen: „Was du haßt, das tu keinem anderen an“ (Tobias 4,16). Im Talmud gibt es folgende Stelle: „Wiederum ereignete es sich , dass ein Nichtjude vor Sammaj trat und zu ihm sprach: Nimm mich in das Judentum auf mit der Bedingung, dass du mich die ganze Gesetzeslehre (Torah) lehrst, während ich auf einem Fuss stehe.“
Da stieß er ihn mit der Elle, die er in der Hand hatte, fort. Darauf kam er zu Hillel. Dieser nahm ihn auf und sprach zu ihm: Was dir nicht lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht an; das ist die ganze Gesetzeslehre (Thora), alles Andere ist nur die Erläuterung, gehe und lerne sie.“ (Schabat 31a)1
Im Aristeas-Brief, einer jüdischen Schrift, ist davon die Rede, dass der König von Ägypten jüdischen Gelehrten die Frage stellte: „Was heißt das: Weisheit lernen?“ Die Antwort: „Wie du möchtest, dass dich kein Übel befalle und dass du an allem Guten teilhabest, so solltest du auch deine Untertanen und alle, die dich beleidigen, diesem Grundsatz gemäß behandeln und die Edlen und Guten freundlich ermahnen. Denn Gott zieht alle Mensch durch Güte zu sich“ (Aristeas-Brief 207). Rabbi Elieser sagte: „Die Ehre deines Freundes soll dir ebenso teuer sein wie deine eigene Ehre.“ Psalm 15 ist ebenfalls Ausdruck davon, dass dem Nächsten nichts angetan werden soll, was auch wir selbst nicht gern erleiden würden.
Konfuzius sagte auf die Frage: „Gibt es ein Wort, das zur lebensbeherrschenden Regel für uns werden könnte?“ als Antwort: „Ist nicht Gegenseitigkeit ein solches Wort? Was du nicht willst, dass man’s dir antue, das tu auch anderen nicht an.“
Barclay weist auf buddhistische Glaubenshymnen hin in denen es heißt: „Alle Menschen zittern vor der Rute, alle Menschen fürchten den Tod; versetz dich in die Lage der anderen; töte nicht noch veranlasse jemanden, zu töten. Alle Menschen zittern vor der Rute. Alle Menschen hängen am Leben; tu, was du willst, dass man es dir tue; töte nicht noch veranlasse jemanden, zu töten.“

Bei Römern und Griechen gab es auch diese Auffassungen: „Was du selbst zu erdulden vermeidest, das füge auch anderen nicht zu“, sagte Epiktet. Eine der wichtigsten Maximen der Stoiker ist der Satz: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg‘ auch keinem andern zu.“
Jesus geht darüber hinaus: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch.“ Das ist eine Aufforderung zum Handeln, nicht zum Unterlassen. Barclay meint, dies sei ein himmelweiter Unterschied zu der Forderung nach einem bloßen Unterlassen, Stern behauptet, der Unterschied sei nicht wesentlich und man könne über lauter Argumentieren über den scheinbaren Unterschied den Sinn der „Goldenen Regel“ verlieren.
Was meint ihr? Ist der Unterschied klein oder groß? Und was ist überhaupt der „Sinn“ dieser Goldenen Regel?

Samstag, 6. Februar 2010

Gott dienen

Auf der Seite hagalil schreibt im Wochenabschnitt PARASCHAT JITHRO (Schmot 18.1 - 20.23)Dr. Zwi Braun zu den 10 Geboten:

"Wie können wir Gott dienen? Das Kriat Schma, welches wir zweimal täglich im Morgen- und Abendgebet sprechen, gibt die Antwort: "Und du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele und deinem ganzen Vermögen" (Dew.6,5).

In der Sprache der Torah ist das Herz der Sitz unseres Fühlens, Denkens und Trachtens: "Und in das Herz jedes Sachverständigen habe Ich Weisheit gegeben" (Schmot 31,6).
Gott mit dem Herzen dienen, bedeutet also auch, unser Denken in Seinen Dienst zu stellen.

Von der Seele des Menschen, Nefesch, ist bei der Erschaffung des Menschen die Rede: "Und so ward der Mensch zu einer lebendigen Seele" (Ber.2,7).
Der aramäische Targum Onkelos übersetzt dies als "Sprechendes Wesen". Das, was den Menschen vom Tier unterscheidet, ist vor allem seine Fähigkeit, seine innere Gedankenwelt in Worte zu kleiden und mit der Umwelt zu kommunizieren. Mit unserer Sprache können wir Gott dienen, im Gebet, beim Torastudium und bei vielen anderen Gelegenheiten.

Bleibt noch das Vermögen, die finanziellen Mittel, welche es uns erlauben, viele Mizwot aktiv auszuführen, z.B. Zedaka (Wohltätigkeit spenden) etc.

Mit Denken, Reden und Handeln dienen wir Gott."

("Schmot", oder Schemot, ist das 2. Buch Mose oder auch Exodus; "Ber". ist die Abkürzung für "Bereschit" (1. Buch Mose oder Genesis.)

Mittwoch, 3. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XVII

„Liebet eure Feinde!“ Nirgends im AT wird gelehrt, dass man seine menschlichen Feinde hassen soll. Vermutlich spielt Jesus mit dem Halbsatz: „... du sollst deinen Feind hassen“ auf eine falsche Lehraussage an, die damals im Umlauf war.
Seinen Feind lieben! Noch einmal: Wie soll das gehen? Für „lieben“ oder „Liebe“ gibt es im Griechischen 4 Begriffe: 1. Storge, stergein; 2. Eros, era; 3. Philia, philein; 4. Agape, agapan.
1. Bezeichnet die Liebe zwischen Eltern und Kindern. „Kinder lieben (stergein) und werden geliebt von denen, die sie in die Welt gesetzt haben“, sagt Plato.
2. Eros bezeichnet die Liebe zwischen Mann und Frau. Sophokles bezeichnet den eros als „verzehrende Sehnsucht“.
3. Menander schrieb: „Wen die Götter lieben, der stirbt jung.“ Philein ist Ausdruck inniger, zärtlicher Zuneigung, tiefer Freundschaft. Barclay sagt. „Ausdruck der höchsten Liebe“.
4. Agape bezeichnet eine durch nichts zu erschütternde Güte, Zuneigung, Wohlwollen. „Wenn wir jemandem mit agape begegnen, spielt es keine Rolle, wie der Betreffende sich uns gegenüber verhält, ob er uns kränkt oder Kummer bereitet; wir werden trotz allem keine Bitterkeit gegen ihn in unserem Herzen aufkommen lassen, sondern ihm stets Wohlwollen entgegenbringen und jene Güte zeigen, die nur auf sein Bestes bedacht ist.“

Was meint ihr steht hier in der Lehrrede: stergein, eran, philein oder agapan?
Bitte begründe deine Vermutung oder nenne die Gründe, wenn du es weißt.

Wir lieben Feinde nicht, als ob sie unsere Eltern oder unsere Kinder wären. Das ist unmöglich.
Den Feind mit erotischer Liebe zu lieben wäre auch ziemlich seltsam.
Zärtliche Gefühle für seinen Feind zu empfinden wäre ein bißchen viel verlangt.
Was bleibt ist agapan.
Eine Liebe, die nicht dem Herzen entspringt und nicht auf Freundschaft oder Verwandtschaft beruht, sondern eine Liebe, die eine Willensentscheidung beinhaltet, einen bewußten Entschluß: Meine Güte diesem Menschen gegenüber soll durch nichts zu erschüttern sein. Das heißt, denke ich, nicht, dass ich mich gegen ihn nicht wehren darf, wenn er mich überfällt. Es heißt aber sehr wohl, dass ich ihm wohlwollend begegne, wenn ich mit ihm fertig bin und dass ich ihm mit Güte begegne, wenn Waffenstillstand herrscht oder über den Frieden verhandelt wird.
Das ist die Grundlage für jede zwischenmenschliche Beziehung. Nur so, mit agape können wir es schaffen, ohne Bitterkeit gegen andere Menschen zu leben, mit denen wir täglich zu tun haben. Nur mit agape können wir für andere beten, denn wen man haßt, für den kann man nicht beten. Wenn du geneigt bist, jemanden zu hassen, dann fange an, für ihn zu beten und der Haß wird verschwinden, „vor Gott können wir niemanden mehr hassen.“
Barclay meint, wie viele andere auch, dass die Feindesliebe ein „ausgesprochen christliches Gebot“ sei, weil wir nur durch die Gnade Jesu Christi dieses unüberwindliche Wohlwollen aufbringen können. Aber das ist ein wenig geschummelt. Das Erste Testament gebietet eindeutig, dass ein Feind, der Durst hat, vom Volk Gottes getränkt (nicht ertränkt) werden soll; der Feind, der Hunger hat, soll von uns zu essen bekommen. Das ist weder Kindesliebe, noch Erotik, dass ist keine zärtliche Freundschaft; das ist agape.



Ein weiteres Mal: die Feindesliebe

Samstag, 30. Januar 2010

Das Mystiker-Zitat der Woche

Wie oft muss man beten, damit der Verstand eine klare Erkenntnis über ein Werk, dass ich zu vollbringen habe, erhält? Wenn du deinen geistlichen Vater nicht fragen kannst, so bete dreimal vor jedem Werk. Dann beobachte genau, wohin dein Herz zieht, und zwar haargenau, und danach gehe voran.
soll man zu verschiedenen Zeiten oder in derselben Zeit dreimal beten? Das hängt von der Dringlichkeit der Sache ab. Steht dir genügend Zeit zur Verfügung, so bete dreimal im Laufe von drei Tagen. Ist die äußerste Eile geboten, wie beim Ölbergleiden des Erlösers, so nimm ihn dir zum Vorbild. Wie er dreimal hinging zum Gebet. so bete auch dreimal hintereinader mit denselben Worten.

Barsanuphius

Freitag, 29. Januar 2010

Lehrrede auf dem Berg XVI

Barmherzigkeit zum Zweiten

Kommen wir noch einmal zur Barmherzigkeit zurück.
Barmherzigkeit ist ohne Weisheit, ohne Einfühlsamkeit nicht praktikabel. Derjenige, der eine andere Person „barmherzigen“ will, muss sich in diese Person hineinversetzen können und ihr mit dem Trost dienen, der gebraucht wird. Barclay gibt zu diesem Thema ein Beispiel aus dem Leben Jesu und liefert damit zugleich eine interessante Auslegung von Lukas 10, 38-42: „Als Jesus die beiden Frauen in ihrem Haus aufsuchte, waren es nur noch wenige Tage bis zu seinem Kreuzestod und es ging ihm bei seinem Besuch lediglich um eine kurze Zeit der Ruhe und Entspannung. Er wollte innerlich ruhig werden. Da Martha Jesus liebte und in ihm den Ehrengast sah, dem man das Beste vorsetzen mußte, was Haus und Keller boten, rannte sie geschäftig hin und her und klapperte mit Töpfen und Geschirr – eine Qual für die angespannten Nerven Jesu, der sich nach Stille sehnte. Obwohl Martha es gut meinte, hätte sie kaum etwas Schlimmeres tun können. Maria dagegen hatte begriffen, dass Jesus sich nach innerem Frieden sehnte. Wie oft müssen andere es hinnehmen und sich damit abfinden, dass wir ihnen Freundlichkeiten erweisen, die sie gar nicht als solche empfinden! Wenn wir uns dagegen stets in die Lage des anderen zu versetzen bemühten, wären unsere Freundlichkeiten doppelt wirksam, und manche unbeabsichtigte Unfreundlichkeit unterbliebe.“
Wenn Barmherzigkeit damit verbunden ist, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, quasi in seine Haut zu schlüpfen, dann stellt euch einmal vor, wie barmherzig Gott gewesen ist: Er wurde Mensch; er schlüpfte in unsere Haut.

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)

Mittwoch, 27. Januar 2010

Lehrrede auf dem Berg XV

Kleb ihm eine

„Wer dich auf die rechte Wange schlägt, dem halte auch die linke hin.“ Wie soll das gehen, dieses auf die rechte Wange schlagen? War Jesus linkshändig? Im Normalfall schlägt ein Rechtshänder einem unbotmäßigen Gegenüber auf die linke Wange. Wollen Sie das mal (vorsichtig) ausprobieren? Auf die "rechte Wange schlagen" geht nur, wenn man den Handrücken der rechten Hand benutzt.
Im Talmudtraktat über Körperverletzungen heißt es: „Wenn jemand seinem Nachbarn eine Ohrfeige gibt ... so zahlt er ihm vor dem Richter 200 Sus als Wiedergutmachung ... geschah es aber mit verkehrter Hand, also mit dem Handrücken, so zahlt er ihm 400 Sus" – das Doppelte. Warum? Der Talmud erklärt: der Schlag mit dem Handrücken schmerzt zwar weniger, gilt aber als Geste der Verachtung, die zwiefach bloßstellt und blamiert. Es geht also um eine Beleidigung, die dir zugefügt wird. Und es ist für den Frieden in einer Gesellschaft oder in einer Gruppe wichtig, nicht zu schnell beleidigt zu sein.

Mit der vielfach im Hinblick auf diese Bibelstelle verbundene Vorstellung eines pazifistischen Christentums hat das nicht viel zu tun.

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)

Sonntag, 24. Januar 2010

Lehrrede auf dem Berg XIV

Mann, o Mann

Männer haben es schwer, singt der Sänger. Sogar in der Bergpredigt haben es Männer schwer. Sie haben es sogar noch schwerer als „die Reichen“. „Jeder, der eine Frau begehrlich anblickt, hat in seinem Herzen schon die Ehe mit ihr gebrochen“. (Mt. 5,28).
Was ist gemeint? Das Wort „Frau“ heißt im Hebräischen Ischah. Das ist kein Sammelbegriff für alle weiblichen Wesen, sondern eine Bezeichnung für eine verheiratete Frau, die an ihrer Haube oder ihrem Schleier erkennbar war. Abgeleitet wird dieses „Verschleiern“ aus Gen. 24, 65: Rebekka verhüllte sich mit einem Schleier, als Isaak, ihr zukünftiger Gatte, ihr entgegenkommt.
Jeder Junggeselle in Judäa konnte also wissen, welche der Schönen noch zu haben, und welche schon vergeben war. Wer eine verschleierte ischa begehrlich ansieht, der hat schon die Ehe gebrochen. Ein Junggeselle, der eine Jungfrau nicht begehrlich ansieht, sollte eigentlich zum Psychiater gehen.
„Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib.“ Von deines Nächsten Tochter steht nichts da. Das gilt allerdings, wie gesagt, nur für Junggesellen, setzen wir Männer noch schnell hinzu und erröten leise.

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)


Samstag, 23. Januar 2010

Mystiker-Zitat der Woche

Kein Mensch ist in seiner Frömmigkeitsübung dermaßen klein, dass, wenn er es beabsichtigt und es von Grund auf will und begehrt, nämlich ein ganz großer Liebhaber Gottes zu sein, und bleibt er dabei und liebt er es in allen, die es bereits haben, und hält er sich denn ausschließlich und ohne dazwischentretende Hemmnisse daran und zielt er auf Gott ab in all seinem Tun: des seid versichert, es wird ihm auch zuteil werden, und wäre es erst in seiner Todesstunde.

Tauler

Donnerstag, 21. Januar 2010

Lehrrede auf dem Berg XIII

Stern definiert das Reich Gottes so: „Es steht weder für einen Ort noch für eine Zeit, sondern für einen Zustand, in dem die Herrschaft Gottes von allen Menschen anerkannt ist, einen Zustand, in dem Gottes Verheißung eines wiederhergestellten Universums, frei von Sünde und Tod, erfüllt ist oder erfüllt wird“.
In Lukas 11, 20 sagt Jesus: „ Wenn ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.“ Und in Lukas 10, 9: „... heilt die Kranken ... und sagt zu ihnen: Das Reich Gottes ist nahe zu euch gekommen.“ Das Reich Gottes ist da, wo Menschen sind, die an Christus glauben und in seinem Namen handeln. Das Reich Gottes ist einerseits schon da („dort wo die Verheißung erfüllt wird“ und dort, wo in Jesu Namen gehandelt wird), andererseits muss es noch kommen. Von dem schon gegenwärtigen Reich, das jetzt schon besteht, zeichnet Jesus an dieser Stelle ein nicht unbedingt schmeichelhaftes Bild: Die Gläubigen, die in ihrer Gemeinschaft das Reich Gottes bilden, lassen Leute herein, die nicht hinein gehören und lassen andere, denen es viel eher zukäme, draußen.
Ich weiß, diese Sichtweise ist ungewohnt.

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)

Sonntag, 17. Januar 2010

Mystiker-Zitat der Woche

Bedenkt, der Herr lädt alle ein, und sein Wort duldet keinen Zweifel, denn er ist die Wahrheit … Er hätte sagen können: „Kommt alle, denn schließlich verliert ihr dabei nichts. Und dann werde ich denen, die mir recht erscheinen, zu trinken geben.“ Doch er sagte, ohne jede Einschränkung: „allen!“ Und so bin ich überzeugt: Jeder, der auf dem Wege nicht ausfällt, wird das lebendige Wasser erlangen.

Teresa von Avila

Freitag, 15. Januar 2010

Lehrrede auf dem Berg XII

Vielleicht hilft uns der Zusammenhang weiter.

In Kapitel 24 spricht Jesus über die „Endzeit“, über eine Zeit die uns sehr bekannt vorkommt, weil wir darin leben und zumindest einige der Ereignisse erleben. Lasst uns das nachlesen.

Fertig? Gut.

In dieser Zeit wird von einem treuen Knecht erwartet, dass er den Leuten, die der Herr ihm anvertraut hat, zur rechten Zeit Speise gibt.
Dann fängt Kapitel 25 mit dem Satz an: „Dann wird das Himmelreich gleichen zehn Jungfrauen...“ Dann? Wann? In der Endzeit, in der Zeit in der es schrecklich zugeht, wird das „Himmelreich“ dieser Parabel gleichen. Sind deshalb die fünf weisen Jungfrauen ein gutes Beispiel? Sollen wir uns verhalten, wie die guten Manager, die den shareholder value voll im Blick haben? „... im Volksbewußtsein hat sich seit langem festgesetzt: Der christliche Gott wolle, dass man auch mit Geld und Vermögen im ganz realen Sinne „wuchere“ und dabei kein Risiko scheue, um es zu vermehren. Die Beob-achtung, die man überall machen kann, nämlich: Wer hat, dem wird gegeben, - dies beruhe auf einer göttlichen Anordnung.“

Kümmern wir uns zuerst um die Manager.

Zur Erklärung des Gleichnisses ist es nützlich, den geschichtlichen Hintergrund zu betrachten. Josephus überliefert in seinem Buch „Geschichte des jüdischen Krieges“ folgende Begebenheit aus dem Altertum:
Herodes I. (gest. 4 n. Chr.) hatte in seinem letzten Testament seinen ältesten Sohn Archälaos zum Nachfolger bestimmt. Aber nur, wenn der römische Kaiser – das war damals Augustus – das Testament be-stätigte, konnte die Verfügung des Herodes in Kraft treten. So wollte Archälaos sich nach Rom einschiffen, um sich dort beim Kaiser als Nachfolger seines Vaters auf den Königsthron zu bewerben (vgl. Lukas 19,14). Zu brutal und intrigant war das Haus des Herodes gegen die Bevölkerung vorgegangen. Sie hatten u.a. die Markt- und Wegezölle auf ein unerträgliches Maß hochgeschraubt, um sich persönlich zu bereichern. Aber Augustus bestätigte weitgehend das Testament Herodes I. er setzte Archälaos als Teilkönig über Judäa, Samaria und Idumäa ein (vergl. Lukas 19.15). Während seiner 9-jährigen Regierung unterdrückte er die Einwohner des Landes so grausam, wie es schon sein Vater getan hatte, und brach alle einstigen Versprechen, auch die, in ökonomischer Hinsicht milde zu sein. Josephus faßt seine Bericht über Archälaos so zusammen: „Seine Herrschaft war roh und tyrannisch.“

Damit können wir aus dem Zusammenhang wissen, dass dieser König nicht unser König ist und auch wir kommen als Knechte dieses Königs nicht in Betracht.
„Du bist ein harter Mensch, du nimmst, was du nicht hingelegt hast, und erntest, was du nicht gesät hast.“ Der Tyrann widerspricht dem nicht einmal, denn das ist die offensichtliche Wahrheit. Er verlangt sogar, der Knecht hätte doch gefälligst das Geld der Bank geben und mit Zinsen verleihen können. Ein klarer Verstoß gegen das Zinsverbot der Thora (Ex. 22,24; Lev. 25, 35-38; Dt. 23, 19f; Ez. 18,17).
Am Ende bringt der Tyrann den armen Kerl auch noch ohne Gerichtsverfahren um. Eine Tat, die auf Archälaos gut paßt: „Archälaos behandelte wegen der früheren Empörung (die Abordnung ist gemeint, die dem Herrn, dem Archälaos nachgereist ist, um den Kaiser zu veranlassen, ihm die Königwürde nicht zu geben) nicht nur die Judäer sonder auch die Samaritaner so grausam, dass er von Abordnungen beider Völker bei Kaiser verklagt und im 9. Jahr seiner Regierung nach .... Gallien verbannt wurde.“

So ist es in der Endzeit im Reich Gottes, das von seinem Bodenpersonal verwaltet wird. Deshalb sagt Jesus auch am Ende des Gleichnisses in Vers 31: „Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit ... wird er sie von einander scheiden .. die Schafe von den Böcken.“ Kann durchaus sein, dass dann ganz andere mit den Zähnen klappern.

Was ist das „Reich Gottes“? Die Frage sollten wir klären, damit es keine Mißverständnisse gibt.

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)

Dienstag, 12. Januar 2010

Lehrrede auf dem Berg XI

Wer flutscht denn da durch’s Nadelöhr?

Schwer haben es die Reichen. Sie haben ihre Schätze an der verkehrten Stelle gesammelt. An anderer Stelle legt Jesus noch eins drauf: „Eher geht ein Seil durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes kommt.“ (Mt. 19,24; das „Kamel“ ist wohl ein Übersetzungsfehler aus dem Aramäischen, in dem sich „Kamel“ und (dickes) „Seil“ nur durch einen Punkt unterscheiden).

Na gut, damit haben wir ja kein Problem, schließlich sind wir ja nicht reich, was wir manchmal bedauern aber dann, schließlich sind wir geistliche Leute, doch mit Freude annehmen: Ich bin so arm, ich flutsche durch ein Nadelöhr wie nix!
Laßt uns im Weiteren mal ein wenig darüber nachdenken, wer eigentlich arm ist und wer nicht. Prüft dazu einmal folgende Gleichnisse: Mt. 25 ab Vers 1, das Gleichnis von den „klugen und törichten Jungfrauen“ und dann ab Vers 14 das Gleichnis von den anvertrauten Talenten. Laßt uns zu dem Gleichnis über die Talente die Parallelstelle aus Lukas 19, 12 ff dazu nehmen. Lukas zeigt uns mehr über den historischen Hintergrund und den Zusammenhang dieses Gleichnisses als wir bei Matthäus lesen.

Also, wenn du nun nachgelesen hast: Wer darf zur Feier, wer findet Gnade in den Augen seines Herrn? Offensichtlich nicht die Döspaddel und die Krüppel, die nicht schnell genug laufen können und die, die Skrupel haben, Geld gegen Zinsen zu verleihen; Eintritt haben die, die lieber nichts abgeben und alles für sich behalten und diejenigen, die richtig gut Kohle machen können. Ein seltsames Ergebnis. Aber fast alle Kommentatoren sehen das so: Die fünf weisen Jungfrauen sind in Ordnung und sind zu recht auf der Hochzeit, die Jungs die Talente ordentlich vermehren sind leicht das Doppelte wert und der Versager gehört vor die Tür gesetzt. Das kann doch irgendwie nicht wahr sein.

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)