Mittwoch, 30. Dezember 2009

Codex Nr. 1

Angeblich unter ausgemustertem Altpapier, das für den Ofen bestimmt gewesen sein soll, fand Tischendorf 129 Pergamentblätter, die er auf Anhieb als uralte Fragmente aus dem Alten Testament identifizierte: Ein Text auf feinster Tierhaut in griechischer Unzialschrift geschrieben, auf jeder Seite vier Kolonnen. Tischendorf war wie elektrisiert. Einen so alten Text hatte er in keiner europäischen Bibliothek je gesehen. Egal ob der Text wirklich verbrannt werden sollte – was die Mönche bis heute heftig bestreiten – oder nicht, offensichtlich konnte von den damaligen Bewohnern des Klosters die altgriechische Schrift niemand mehr lesen. Den Mönchen war deshalb nicht klar, welchen Schatz sie da horteten. Tischendorf schaffte es, ihnen 43 der 129 Pergamentblätter abzuschwatzen. Im Triumph brachte er sie nach Leipzig.

Damit begann die neuere Geschichte des Codex Sinaiticus, der vermutlich im Jahr 340 in Caesarea im heutigen Israel verfasst wurde und als einzige erhaltene Bibelhandschrift aus dieser Zeit das vollständige Neue Testament enthält. Paläografen sprechen schlicht von „Nummer 1“. Seit diesem Jahr ist der Codex, der seit Jahrhunderten von niemandem mehr in einem Stück gelesen werden konnte, erstmals wieder vollständig und für jedermann einsehbar. In fünfjähriger Arbeit haben Experten der British Library, der Universität Leipzig, der russischen Nationalbibliothek in Petersburg und amerikanische Forscher im Sinai alle vorhandenen etwa 400 Pergamentblätter und Textfragmente nach neuestem Stand der Technik konserviert, fotografiert und digitalisiert und im Internet wieder zusammengefügt, wo der Codex Sinaiticus nun für jeden Interessierten frei zugänglich ist(www.codexsinaiticus.de).
http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/Urbibel-Bibel-Sonntag;art304,2983268

Dienstag, 29. Dezember 2009

Lehrrede auf dem Berg X

Wo ist Dein Glaube?

Die Frage, ob wir tatsächlich demjenigen, der uns den Blouson abnehmen will, tatsächlich auch noch das t-shirt anbieten, ist eine ziemlich harte Frage nach unserem Glauben. Wo steht dein Glaube? „O, ich glaube! Und wie! Ich glaube, dass wir durch Handauflegen jede Krankheit heilen können; ich glaube, dass wir Tote auferwecken können und auch selber auferstehen; ich glaube, dass ich Berge versetzen und den Fluß von Geldströmen ändern kann; aber das Geben seliger ist als Nehmen, das glaube ich nicht.“ Viele Christen scheinen so zu denken, jedenfalls handeln sie so. „Geben ist seliger als Nehmen“ – das kann doch nur das Rezept für einen gelungenen Boxkampf sein, aber doch keine Lebensregel! Aber wo ist denn nun dein Glaube und wo sind die Werke, die der Glaube hervorbringen soll, damit er lebendig wird?
Wenn Gott sagt, dass er denjenigen segnen will, der den Zehnten ins Vorratshaus bringt, damit in seinem Haus Speise ist, dann glauben manche nicht, dass man gesegnet wird, indem man weg gibt. Wir glauben allerdings, dass Gott uns sogar die gesundheitlichen Beeinträchtigungen heilt, die wir selber verursacht
haben und Mängel behebt, an denen wir selber Schuld sind; aber eine klare Aussage Gottes glauben wir nicht. Sagt mal selbst: Was für ein Glaube ist das?

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)

Montag, 28. Dezember 2009

Mystiker-Zitat der Woche

Nichts sei dir Trübung,
nichts dir Erschrecken!
Alles vergeht,
nicht wandelt sich Gott.
Es kann Geduld
alles erlangen.
Wer Gott nicht loslässt,
kennt kein Entbehren.
Gott nur genügt.
(Solo Dios basta)

Teresa von Avila

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Lehrrede auf dem Berg IX

Geliebter Feind

Einem bösen Menschen nicht zu widerstehen, ist das vielleicht so etwas wie seinen Feind zu lieben?
Jemanden zu lieben ist im Gegensatz zu dem, was häufig gedacht wird, ein sehr realistischer Vorgang. Es geht bei Liebe nicht um schöne Gefühle, um die
berühmten „Schmetterlinge im Bauch“; dies gehört zur Verliebtheit dazu und ist etwas, das man gerne spürt.
Liebe hat mit Realität zu tun. Feindesliebe hat zunächst ganz einfach mit der Erkenntnis zu tun: Jawohl, da ist ein Feind. Kein Freund, der sich nur mal verstellt hat; kein fehlgeleiteter Mensch, der es eigentlich so böse nicht meinen kann; sondern: ein Feind, jemand der mir Böses antun will und es keinesfalls gut mit mir meint.
Einige Menschen, gerade unter den Christen, können gar nicht glauben, dass es wirklich Feinde gibt, echt böse Leute, die keinesfalls gut sein wollen (jeden-falls nicht zu dir). Wenn ich nüchtern erkannt habe, dass ich einen Feind besitze (viel Feind‘, viel Ehr‘), kann ich darauf besonnen und nüchtern reagieren. ‚Kann ich den Feind bekämpfen und besiegen; soll ich mich mit ihm verbünden; ist er im Recht oder bin ich im Recht; kann ich aus dem Feind einen Freund machen?‘ Bevor du etwas unternimmst, denke nach und bete und berede die Angelegenheit mit Gott und bespreche die Sache mit deinen Freunden (denn: wo viele Ratgeber sind, da wird eine Sache gelingen). Mit dem Feind ist es so (wir reden hier von einem menschlichen Feind; mit der Feindschaft des Teufels müssen wir anders umgehen, als in der Bergpredigt gelehrt wird: „Dem widersteht fest im Glauben“.): Der Feind ist ein Mensch. Er ist, geradeso wie du, nach dem Ebenbild Gottes geschaffen. Geradeso wie du hat er diese Ebenbildlichkeit verloren und hat das Ziel verfehlt. Aber er ist immer noch ein Mensch; er gehört zur „Welt“, für die der Messias gestorben ist.

Das ist keine Gefühlsduselei, sondern Realität. Im Umgang mit einem Feind muss ich dieser Realität Rechnung tragen. Ich muss wissen: Ich könnte falsch liegen und mein Feind könnte Recht haben. Als David beschimpft wird und seine Männer den Lästerer des Königs zur Rechenschaft ziehen wollen sagt David: „Laßt das sein. Vielleicht hat er ja recht, vielleicht hat Gott ihm diese Worte gesagt, dass er sie mir weiter sagen soll.“ ( 2. Samuel, 16, 5 ff)
Vielleicht gehört dieser Feind in das Erziehungsprogramm, welches der Herr für dich vorgesehen hat, wie er gesagt hat: „Wenn ich zu mir nehmen, den erziehe ich und weise ich zurecht.“ Vielleicht sollst du an dem Feind Standhaftigkeit lernen, vielleicht aber auch Nachgiebigkeit? Wenn du darüber betest, was du tun sollst, dann kannst du bei der Gelegenheit auch für deinen Feind beten. „So wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln“, heißt es in den Sprüchen. Autsch, wie gemein. Was ist gemeint?
In den Dörfern des Nahen Ostens war zur damaligen Zeit sowohl der Elektroherd als auch einfache Streichhölzer gänzlich unbekannt. Es oblag einem Dorfbewohner, über nacht ein Feuer zu hüten, Kohlen am glühen zu halten und dann, früh morgens, feurige Kohlen auf einen großen Metallteller zu häufen. Dann setzte er sich einen Ring aus Holz auf den Kopf und darauf den heißen Metallteller mit den glühenden Kohlen. Dann ging er von Haus zu Haus, von Hütte zu Hütte und die Hausfrauen nahmen mit einer Zange eine der glühenden Kohlen herunter und entzündeten damit das eigene Herdfeuer. Was für ein Segen am frühen Morgen! Kein langatmiges Feuermachen, sondern sofort Feuer für die Kochstelle. Wie viele freundliche Worte und Segenswünsche mag dieser Mann wohl gehört haben, bevor seine Runde zu Ende war? So liebst du deinen Feind: Aus einem bösen Widersacher wird ein gelobtes und nützliches Mitglied der Gesellschaft und er wird vielleicht sogar angesehener als du selber es bist. So kann Feindesliebe funktionieren.
Meiner Ansicht nach ist mit der Forderung, einem bösen Menschen nicht zu widerstehen nicht gemeint, dass wir einen gewalttätigen, gegenwärtigen und direkten Angriff auf uns oder einen Nächsten nicht ebenso gewalttätig zurückweisen dürfen. Das wäre mit der von uns bereits festgestellten, auf seiten Jesu und seiner Jünger durchaus vorhandenen Bereitschaft sich auch militant zu verhalten, nicht zu vereinbaren. Es geht auch hier um den Zeitpunkt und um das Maß und um unsere grundsätzliche Einstellung, um unseren Charakter.

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)

Montag, 21. Dezember 2009

Das Mystiker-Zitat der Woche

Niemals soll der Mensch davon ablassen, vollkommener zu werden, soweit es hier möglich ist. Der äußere Mensch soll in den inneren gebracht werden, da wird der Mensch eingenommen, da wird solch Wunder, solcher Reichtum geoffenbart! Wahrlich, Kinder, wer hier viel hineingaffen wollte, der müsste oft zu Bette liegen, die Natur könnte es nicht ertragen.
(Tauler)

Samstag, 19. Dezember 2009

Lehrrede auf dem Berg VIII

Vergelt's Gott

„Ihr habt gehört, das euch gesagt wurde: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch, dass ihr einer bösen Person nicht widerstehen sollt.“ Wer kann so leben? „Haut se, haut se, immer inne Schnauze“ – das liegt uns doch viel näher und ist es nicht auch viel realistischer? Die Menschen sind nun mal böse und man muss gewappnet sein und Boxen und Karate lernen. Noch einmal vorweg: Es geht in erster Linie um das Verhalten in der Gemeinschaft eines Volkes, in den sozialen Beziehungen, in der Familie, in der Gemeinde, in der allgemein verbindliche Regeln gelten, die auch im wesentlichen von allen Mit-gliedern anerkannt werden.
Die Regel „Auge um Auge“ gehört ins Zivilrecht, von dem Rabbi Jischmael sagt: „Wer weise werden will, der befasse sich mit dem Zivilrecht, denn es gibt innerhalb der Weisung kein Gebiet für dich, das mehr wäre als dieses, denn es
ist eine Art sprudelnde Quelle.“1 Das Wort für „Zivilrecht“ bedeutet wörtlich übersetzt „Geldurteile“ und damit ist auch schon klar, was mit „Auge um Auge“ gemeint ist: Es geht um Schadenersatz und nicht um gegenseitiges Augenausstechen.
Sehen wir näher hin: „Wer seinen Nächsten verletzt, kann ihm gegenüber wegen fünferlei verpflichtet werden: Für Wertminderung, für Schmerz, für Kur, für Zeitverlust und Beschämung. Auf welche Weise für Wertminderung? Hat er ihm ein Auge geblendet, eine Hand abgehauen oder einen Fuß zerbroch-en, so sieht man den Geschädigten an, als ob er ein Sklave sei, der auf dem Markt verkauft wird, und man schätzt, wie viel er wert war und wieviel er jetzt wert ist. Schmerz: Hat er ihn mit einem Bratspieß oder mit einem Nagel gebrannt, und sei es auch nur auf seinem Fingernagel, also an einer Stelle, an der keine Wunde entsteht, so veranschlagt man, wie viel ein Mensch wie er verlangen würde, wenn er Gleiches zu ertragen hätte. Kur: Hat er ihn geschlagen, so ist er für die Heilungskosten ersatzpflichtig. Sind ihm Geschwüre gewachsen, so ist er ersatzpflichtig, wenn sie wegen des Schlages entstanden sind, aber frei, wenn sie nicht wegen des Schlages entstanden sind. War die Wunde geheilt und ist aufgebrochen, wieder geheilt und aufgebrochen, so ist er für die Heilungskosten ersatzpflichtig; war die nötige Heilung schon ganz erreicht, so ist er für die Heilungskosten nicht ersatzpflichtig. Zeitverlust: Man sieht ihn an, als ob er einer sei, der Gurken bewacht; denn er hat ihm ja den Wert für seine Hand oder den Wert für seinen Fuß schon ersetzt. Beschämung: Alles entsprechend dem Stand des Beschämers und des
Beschämten.“2

Das ist doch nur gerecht. Das hat sich bis heute erhalten: Jedes Jahr gibt es einen Katalog, in dem die Rechtsprechung der Gerichte über Schmerzensgeld genau katalogisiert ist. Schadenersatzforderungen regelt das BGB, so dass ein gerechter Ausgleich erfolgen kann.
Wieso ist Jesus dagegen? Denkt darüber nach, indem ihr die von Jesus gegebe-nen erläuternden Beispiele in Betracht zieht.
Sucht nach Parallelen im Ersten Testament, wie z.B. 5. Mose 15, 7-11: Wenn irgendeiner deiner Brüder arm ist in irgendeiner Stadt in deinem Land, das der Herr, dein Gott, die geben wird, so sollst du dein Herz nicht verhärten und deine Hand nicht zuhalten gegenüber deinem armen Bruder, sondern sollst sie ihm auftun und ihm leihen, soviel er Mangel hat ... du sollst ihm geben, und dein Herz soll sich’s nicht verdrießen lassen, dass du ihm gibst; denn dafür wird dich der Herr, dein Gott, segnen in allen deinen Werken und in allem, was du unternimmst.“

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Glaube und Jugend

Jeder zweite junge Mensch in Deutschland glaubt offenbar an Gott und ein Leben nach dem Tode. Dieses ergibt sich aus der Auswertung von 7.000 Online-Fragebögen, die Jugendliche im Alter von 17 bis 21 Jahren im Rahmen des Religionsmonitors der Bertelsmann Stiftung ausgefüllt haben. Die Antworten bestätigen auch die Ergebnisse einer repräsentativen Untersuchung von 2008.

Weit über die Hälfte der christlichen Jugendlichen ist davon überzeugt, dass Gott keine menschliche Idee, sondern ein personales Gegenüber ist. Selbst rund zehn Prozent der Konfessionslosen teilen diese Ansicht. Rund die Hälfte der jungen Christen hat die Gegenwart Gottes im eigenen Leben schon erfahren. Bei den Konfessionslosen sind es gut 15 Prozent. "Liebe" verbinden mit Gott über 50 Prozent der 14- bis 17-jährigen Katholiken, bei den evangelischen Gleichaltrigen sind es gut 40 Prozent. Bei den 18- bis 21-Jährigen sagen das rund zwei Drittel der katholischen und rund 47 Prozent der evangelischen Christen.
...
Der Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung untersucht weltweit Fragen von Religiosität und Glaube. Er wurde von Religionswissenschaftlern, Soziologen, Psychologen und Theologen entwickelt und 2007 zum ersten Mal angewendet. Von den bisher beantworteten 25.000 Online-Bögen betreffen ca. 7.000 die Altersgruppe der 14- bis 21-Jährigen, auf die sich die obige Auswertung bezieht.

http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-7270F3B3-EEF4631F/bst/hs.xsl/nachrichten_99224.htm

Dienstag, 15. Dezember 2009

Das Mystiker-Zitat der Woche

… das ist und heißt wahre Einigung mit Gott, dies Versinken und Verschmelzen des geschaffenen Geistes in den ungeschaffenen Geist Gottes.
Tauler

Sonntag, 13. Dezember 2009

Ein großes Wunder ist dort geschehen.

Das achttägige jüdische Lichterfest Chanukka erinnert an die Reinigung und Wiedereinweihung des jüdischen Tempels in Jerusalem vor über 2000 Jahren nach der Beendigung der griechischen Besatzung.
Der Überlieferung nach gab es im Tempel nur noch einen kleinen Krug mit wenig Öl für den Leuchter. Dennoch brannte der Leuchter damit auf wundersame Weise acht Tage lang, bis neues Öl für den Leuchter bereitet worden war.

Das Jüdische Museum Berlin feiert Chanukka gleich einen ganzen Monat lang: mit einem Chanukka-Markt im Glashof des Museums, mit Chanukka-Produkten aus der ganzen Welt, jüdischen Spezialitäten und einem ausgefallenen Begleitprogramm mit Puppenspiel, Live-Konzerten und Führungen zu den jüdischen Feiertagen. Der Chanukka-Markt ist Marktplatz, Treffpunkt und Ausstellung zugleich. Ob Traditionelles oder Ausgefallenes, Kitsch oder Kunst - hier finden sich originelle Geschenkideen aus Deutschland, den USA und Israel. Ein Café lädt zum Verweilen ein und eine kleine Ausstellung erzählt von den historischen Hintergründen und Festtagsritualen zu Chanukka.

Besuchen Sie den Chanukka-Markt:
29. November bis 27. Dezember 2009, täglich 12-18 Uhr (24.12. geschlossen)

Sonntag, 6. Dezember 2009

Lehrrede auf dem Berg VII

Sanftmut zum zweiten

Ist Gott sanftmütig? Über Jesus ist gesagt, er sei sanftmütig und von Herzen demütig und gleichzeitig sagt er über sich selbst: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ Aber ist Gott nicht ein verzehrendes Feuer? Wo bleibt da die Sanftmut? Oft genug „entbrennt“ Gottes Zorn im Ersten Testament (4. Mose 11,1; 25,3; Psalm 2,5 usw.). Wir sollen Gottes Nachahmer sein und Jakobus rät uns diesbezüglich: „Seid langsam zum Zorn“ ( Jakobus 1,9). Das hängt mit Sanftmut zusammen: Gehe nicht bei allem und jedem gleich an die Decke, sei langsam zum Zorn.
Es gibt noch einen anderen Zusammenhang. In Mt 5,22 sagt Jesus, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht anheim fallen kann. Für das Verb „zürnen“ steht hier im Griechischen orgizesthai und steht im Gegensatz zu thymos, was einen kurzen, schnell auflodernden und dann auch schnell wieder zu besänftigenden Zorn meint. Orgizesthai ist ein tiefes, ein im eigenen Wesen verwurzeltes Zürnen, welches ein Mensch festhält und nährt. Auch Gottes Zorn kann schnell „entbrennen“ und auflodern, aber ist auch schnell wieder zu besänftigen. So sollen die Sanftmütigen auch sein.

Laßt mich euch noch ein wenig mit der Sanftmut nerven. Wenn wir das Thema erörtern, dann hören wir leicht, dass jemand sagt: Wie kann denn ein Volk sanftmütig sein, wenn es dauernd angegriffen wird? So als ginge es bei der Charaktereigenschaft der Sanftmut darum, sich wehrlos zu machen.
Es geht auch darum, sich in der Gemeinschaft der Heilgen, in der eigenen Gemeinde in angemessener Weise zu bewegen und einander zu begegnen in mitmenschlicher Gemeinschaft.
Wie geht man miteinander um? Wie redet, wie streitet man miteinander in sanftmütiger Weise? Vielleicht langweilt das manch einen, weil er unsere erste Aufgabe darin sieht, die Welt vom Teufel zu befreien, die bösen Geister aus Berlin zu vertreiben und die Stadt für Gott zu erobern. Darf man erinnern: „Derjenige, der langsam ist zum Zorn ist besser als die Mächtigen und derjenige, der seinen Geist beherrscht ist besser als einer der eine Stadt erobert.“ (Sprüche 16, 32) Also, wie ist das mit der Sanftmut in der Diskus-sion?
Rabbi Kalman Packouz stellte vor einiger Zeit jede Woche eine „weekly torah portion“ ins Internet (www.aish.com/torahportion/shalomweekly/Chukat). In einer der Portionen hat er einige Tips für eine erfolgreiche Diskussion veröffentlicht. Lesen wir mal nach (Übersetzung aus dem Englischen von mir):
Streit eskaliert mit der Lautstärke der Streiter. „Eine sanfte Antwort nimmt den Zorn hinweg“ (Sprüche 15:1) Je kraftvoller die andere Person argumentiert, um so ruhiger wird deine Antwort. Du wirst sehen, dass die andere Seite ihren Ton ebenfalls senkt.
Du kannst dich dort nicht streiten, wo es Übereinstimmung gibt. „Das ist ein guter Punkt.“ „Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.“ „Du hast absolut recht.“ Richte deine Aufmerksamkeit auf die Punkte, mit denen du überein-stimmst und nicht auf die, wo du eine abweichende Meinung hast.
Gib zu, dass du falsch gelegen hast. Niemand hat je völlig Recht. Finde etwas, wofür du dich entschuldigen, für das du die Verantwortung übernehmen kannst. Die andere Person wird sich besser fühlen und wird dann auch selbst Fehler einräumen.
Beschuldige nicht und greife nicht an. Sage nicht: „Du hast das und das gesagt!“ oder „Du hast dies oder das getan!“ Stelle Fragen, mache keine Fest-stellungen. Und stelle ernsthafte Fragen und gebrauche Fragen nicht Angriffs-waffe.
Erinnere dich an dein Ziel! Im Falle der Ehe möchtest du Harmonie, Friede, eine gute Atmosphäre und Liebe erreichen. Argumente brüten Stress und Furchtsamkeit, nicht Friede und angenehme Zufriedenheit. Sage dir selbst: ich liebe meinen Ehepartner, ich liebe meine Kinder, ich liebe mein Geld (denn Scheidungen sind sehr teuer).
Sei nicht so blöde, dem/der von dir Auserwählten und dir selbst Respektlosig-keit zu zeigen, indem du Dinge sagst, die zerstörerisch wirken, die gemein sind oder wertlos. Du hast dir diese Person als Ehepartner ausgewählt. Das ist über alle anderen Personen diejenige, welche die Qualitäten hat, die sie vor allen anderen Milliarden Menschen auf diesem Planeten auszeichnet.
Biege ein Argument in eine Diskussion um. Verteidige keine Position; suche danach, eine Idee oder ein Problem zu klären. Menschen guten Willens, die gemeinsam nachdenken können zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Höre mit offenem Verstand zu. Sei ein Richter und kein Anwalt.
Frage dich selbst: Ist dieses Argument wirklich den Streit wert? Es mag doch am Ende so sein, dass alles über das argumentiert wurde absolut trivial ist.

Was sagen wir dazu? Ist das Sanftmut in Aktion oder sind das nur ein paar Tricks, um den Gegner am Ende doch dahin zu bekommen, wo man ihn haben will?

Laßt uns zur Abrundung noch ein „Wortgefecht“ betrachten, das im Talmud überliefert ist. Es diskutierten Rabi Jehoschua, Chananjas Sohn und die Alten der Athenischen Schule.
Jehoschua wird gefragt: „Wenn das Salz schlecht wird, womit soll man es salzen? Er sagte zu ihnen: Mit der Nachgeburt einer Mauleselin! Frage: Gibt es denn eine Nachgeburt einer Mauleselin? Antwort: Und wird denn Salz schlecht?
Frage: Womit soll man ein Beet aus Messern abhauen? Antwort: Mit dem Horn eines Esels. Frage: Gibt es denn ein Eselshorn? Antwort: Und gibt es denn ein Messerbeet?
Sie brachten ihm zwei Eier und sagten zu ihm: Welches ist von einer dunklen Glucke, und welches ist von eine hellen Glucke? Da brachte er zwei Käse und sagte zu ihnen: Welcher ist von einer dunklen Ziege, und welcher ist von einer hellen Ziege?1

Lassen wir mal den Inhalt beiseite, der hat fast Talkshowformat. Aber schaut euch die Form an: Auf die Art kann ein Gesprächspartner dich mit dem größten Blödsinn nerven und versuchen, dich aus der Ruhe zu bringen: Es wird ihm nicht gelingen.

(Lehrrede auf dem Berg; Matthäus 5 ff; auch: Bergpredigt)

Samstag, 5. Dezember 2009

Das Mystiker --Zitat der Woche

Tauler

Vom Gebet sagen der heilige Augustinus und der heilige Anselm, es sei ein Aufgehen des Gemütes in Gott.
… Ich aber sage euch eins: Kehre dich in Wahrheit von dir selbst und von allen geschaffenen Dingen und richte dein Gemüt völlig hinauf zu Gott über alle Kreaturen in den tiefen Abgrund, da hinein versenke deinen Geist in Gottes Geist, in wahrer Gelassenheit aller deiner obersten und niedersten Kräfte, über alle Sinne und alles Verständnis hinaus, in eine wahren Vereinigung mit Gott innerlich im Grunde.

Sonntag, 29. November 2009

Perspektiven für das Evangelium von Jesus Christus in unserer Zeit

Patient Gemeinde-

Perspektiven für das Evangelium von Jesus Christus in unserer Zeit

Vortrag am Tag der Evangelischen Allianz in Berlin – 21. November 2009

EFG Berlin-Tempelhof- Pastor Dr. Heinrich Christian Rust


Auszug aus dem Skript zum Vortrag:

Ihr seid das Salz der Erde, wenn aber das Salz fade geworden ist, womit soll es gesalzen werden? Es ist hinfort zu nichts mehr nütze, als hinausgeworfen und von dem Menschen zertreten zu werden. Ihr seid das Licht der Welt, eine Stadt, die obenauf einem Berg liegt, kann nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht eine Lampe an und setzt sie unter einen Eimer, sondern auf das Lampengestell und sie leuchtet allen, die im Hause sind. So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen. (Mt 5,13-16)

0 Gemeinde Jesu- Gemeinde im Umbruch und Aufbruch

Die sich ständig wandelnde Gestalt der Gemeinde

Es gibt gegenwärtig viele Analysen über den desolaten und morbiden Zustand der Gemeinde Jesu Christi. Die Gemeinde Jesu in unserem Land scheint in einer „schwierigen Zeit“ angekommen zu sein; einer Zeit , die von dem kulturellenWandelprozess der Postmoderne geprägt ist.


1 Gemeinde Jesu ist die geliebte Braut Jesu Christi

Vom Stand und Zustand der Gemeinde

Die kulturellen Umbrüche ( Zeitgeist) stellen uns neu vor die Herausforderung, das Evangelium klar zu vermitteln. Geistesgeschichtliche Umbrüche können auch durch den Geist Gottes geprägt sein.

Die Zukunft der Gemeinde wird nicht dadurch geprägt sein, dass wir die gegenwärtige Situation der Gemeinde nach den Maßstäben der kulturellen Prägung und Vorgaben der Moderne messen . Gemeinde Jesu wird nicht durch sorgfältige Problemanalysen neu belebt, sondern durch eine neue Faszination und Begeisterung von der Schönheit der Braut Christi. „Denn der Geist und die Braut, sie sprechen : Komm!“ Offb. 22,17

Die Schönheit der Gemeinde Jesu Christi als Braut Jesu wird das Thema der Zukunft sein. Gemeinde treibt nicht Mission, sondern sie ist Mission. Missionswerke und Bewegungen, welche die Gemeinde lediglich im missional-funktionalen Sinn deuten, werden in einer postmodernen Zeit nur wenig Zulauf haben. Die Gemeinde ist der Ort, an dem die Doxa, die Herrlichkeit Gottes, die Ruhe Gottes und der Glanz der Ewigkeit aufleuchten werden.

Für Jesus Christus ist Gemeinde kein Alptraum, sondern ein „Traum“. In ihr verherrlicht Christus sich selbst und stellt sich , ohne Flecken und Runzeln, heilig und tadellos. ( Vgl. Eph 5,27)

2. Gemeinde Jesu – Die geleitete und versorgte Herde Gottes

Von der Stärkung des 5-fachen Leitungsdienstes

Die Gegenwart der Gemeinde Jesu in unserem Land ist überaus stark geprägt von einem instutionalisiertem Amtsdenken ( Pastoralkirchen).

Gottes Geist erweckt in dieser Zeit neu den 5-fachen Leitungsdienst nach Eph 4,11-13

„Er hat gesetzt Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer zur Ausüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi.“

Gottes Geist hat den Dienst der Evangelisten schon im 18. 19. Jahrhundert neu herausgestellt. Gegenwärtig kommen der prophetische und der apostolische Dienst neu ins Blickfeld. Die nächsten Jahre werden davon geprägt sein, ob es gelingen wird, auch die Hirten- und Lehrdienste neu zu wecken und zu entfalten. Es sind koordinierende und multiplizierende Dienste. Die Zukunft der Gemeinde wird durch eine neue „Hirtenschaft“ geprägt sein, da der Wert der Gemeinschaft durch die postmoderne Entwicklung neu in den Focus rücken wird.

Die Leitung wird geprägt sein durch den Teamgedanken und durch das Prinzip von Jüngerschaft und Vorbild. Es werden nicht mehr die bekannten Einzelpersonen sein, sondern die Teams, die Gemeinde Jesu prägen werden. Es werden ganze Gemeinden sein, die hier ein apostolisches Mandat wahrnehmen. Es wird neue Berufsbilder geben, die die Gestalt der Gemeinde prägen werden (Gemeindepädagogen; Gemeindepfleger o.ä.).

3 Gemeinde Jesu – Die neue Einheit des Gottesvolkes

Von der Wiederentdeckung der Kraft der Versöhnung

Der Geist Gottes führt zu einer Einheit, die eine analogielose Qualität hat. Es ist die Zeit der Sammlung, nicht die Zeit der Abgrenzung und Konfessionalisierung. Die konfessionellen, kulturellen Prägungen werden immer unbedeutender werden. „ Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft worden seid, ihr habt Christus angezogen. Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Man und Frau, denn ihr alle seid einer in Christus Jesus. Wenn ihr aber des Christus seid, so seid ihr damit Abrahams Nachkommenschaft un nach Verheißung Erben.“ (Gal 3,27-28)

Es wird eine Vielzahl von transkonfessionellen und transkulturellen Gemeinden geben. Es wird unterschiedliche neue Netzwerke von Gemeindeverbänden und Zusammenschlüsse von Gemeindebünden geben. Eine „ Ökumene der Herzen“ wird die geistliche Landschaft prägen, wohingegen die offiziellen ökumenischen Gespräche nur wenig neue Bewegung bringen. Klassische Erneuerungsströmungen ( Evangelikale Bewegung, Charisamtische Bewegung, Gemeindewachstumsbewegung u.a.) werden sich zunehmend vernetzen und zusammenfließen. Die Ökumene vorort wird primär das geistliche Leben der Gemeinden bestimmen und auch die Ausstrahlungskraft ( Transformationskraft) der Christen. Frauen und Männer, Menschen aller Generationen werden ihren Platz in dieser Gemeinde haben. Die Ausgrenzung und Orientierung an bestimmten Zielgruppen und Millieus wird immer unbedeutender werden. Die Generationen werden neu von Gott zusammengeführt werden. Die Einheit mit dem von Gott erwählten Volk der Juden wird nicht primär über den theologischen Dialog gestärkt werden, sondern durch die Wiederentdeckung gemeinsamer Spiritualität ( Messianisch geprägte Spiritualität) und durch eine „Schicksalsgemeinschaft“ im Warten auf den Messias, bzw. auf die Wiederkunft Jesu Christi.

4 Gemeinde Jesu- Die angefochtene und kämpfende Gemeinde

Von der Kraft des Gebetes

Der Geist Gottes wird sich eine Gemeinde zubereiten, in der es kaum noch Raum für „Mitläufer“ oder gar „Karteileichen“ geben wird. Christsein wird seinen Preis haben, aber auch seinen Lohn. Die Anfeindungen werden dabei nicht homogen auftreten. Die Gemeinde der Zukunft ist eine wachende und betende Gemeinde. „Die Taktiken des Satans sind ihr bekannt.“ (Vgl. 2.Kor. 2,11). Sie wird darum kämpfen, weiter eine dienende, gebende und sendende Gemeinde zu sein, auch wenn die Mittel knapp werden; sie wird darum kämpfen müssen, für Heilung und Befreiung einzutreten, auch wenn Krankheit und Unfreiheit sie binden und lähmen wollen; sie wird dafür eintreten, Menschen in eine neue Gemeinschaft der Liebe Christi einzubinden, auch wenn Satan die Taktik der Separierung, der Vereinzelung, der Trennung immer wieder versuchen wird. Sie wird Sie wird eine Gemeinde des konzentrierten Gebetes und der Nachfolge sein müssen, da die Taktik des Bösen darin bestehen wird, die konzertierte Einheit zu stören. Die angefochtene und kämpfende Gemeinde wird eine wachende und betende Gemeinde sein müssen. In dem Zusammenhang werden auch eine Fülle von Pseudoprophetien auftreten, welche die Gemeinde zum Rückzug auffordern wollen. Die betende Gemeinde und von Christus abhängige Gemeinde wird über die Autorität und Kraft der lehrenden und missionalen Gemeinde entscheiden.

5 Die Gemeinde Jesu – Die Mission Gottes in dieser Welt

Von der Vielfalt in der Gestalt der missionalen Gemeinde


Die Gemeinde Jesu ist Mission, sie treibt nicht nur Mission. Sie wird in einer postmodernen Welt neue Wege der Mission gehen :

  • In der Anbetung (Leiturgia) ; neue Formen der Gottesdienste; Gottesdienst im Alltag

  • In der Gemeinschaft ( Koinonia) ; es wird nicht nur Kleingruppen geben, sondern eine Vielfalt von alltagsnahen Formen der Gemeinschaft ( 3-er Schaften; Kommuitäre Verbände; Mentorenschaften uvam).

  • In der Evangelisation ( Martyria); die persönliche Evangelisation wird zunehmend das Schwungrad aller Evangelisation sein. Evangelisation und Diakonie werden stärker Hand in Hand gehen. Die Medien werden eine zunehmende Bedeutung in der Evangelistik haben. Die Evangelisation wird sich nicht mehr vornehmlich an bestimmten Zielgruppen ausrichten. Die spirituelle Erfahrung wird Hauptzugang für das Evangelium sein; die argumentative Verkündigung wird nicht mehr den Stellenwert haben, wie gegenwärtig. Evangelium will erlebt werden, bevor es geglaubt wird.

  • In der Diakonie (Diakonia). Der Dienst am Nächsten wird die Haupteingangstür zur Gemeinde sein. „Wer bei Christus eintaucht, der taucht bei den Armen wieder auf.“ (P.Zulehner).

  • In der Lehre ( Didaskalia). Die Gemeinde wird lernende Gemeinde sein. Neue Formen des Lernens werden das Gemeindebild prägen- auch unter dem Einsatz von neuen Medien.

Die unterschiedliche Ausprägung von Mission in der jeweiligen Gemeinde wird auch zu stark unterschiedlichen Gestalten von Gemeinde führen.





Samstag, 28. November 2009

Lehrrede auf dem Berg VI

Lebe nach der freundlichen Weisung Gottes

Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen“. Vielfach leben Christen aber in diesem Wahn. Wir erinnern uns: Gesetz wäre besser mit „Lehre“ übersetzt und die Lehre hat mit „Gesetzlich-keit“ nichts zu tun. Gott sagt ausdrücklich: Ich werde meine Lehre in ihr Herz schreiben. Das wäre ein seltsames Vorhaben für einen veralteten Tagesbefehl. Warum sollte sich Gott diese Mühe machen, wenn die Thora aufgelöst wäre? Dementsprechend ist das Neue Testament Teil der Thora geworden, wurde als Thora gegeben. So sagt es der Brief an die Hebräer in Kapitel 8,6. Für die Wendung „als Thora gegeben steht dort: nenomothetetai. Dieses Verb „ist aus den Komponenten nomos und tithemi zusammengesetzt. Thitemi ist ein gebräuchliches griechisches Wort, das „Setzen, stellen, legen, machen“ bedeutet; und nomos kann in der Regel ... mit „Gesetz“ übersetzt werden. Nenomothetetai würde also ... einfach bedeuten „ist Gesetz gemacht worden“.1
Das Neue Testament ist Teil der
Thora und nicht seine Aufhebung.

Der Messias kam, um die Thora zu vervollständigen, um sie aufzufüllen, nicht um sie abzuschaffen.

Die Thora lehrt, dass Menschen, auf die es besonders ankommt (die das Land erben sollen), sanftmütig sein sollen. Ist jemand verrückt oder ignorant genug, zu behaupten, dass wir nicht mehr sanftmütig sein sollen, weil Jesus ja sanft-mütig genug gewesen ist und damit die Thora erfüllt und abgeschafft hätte? Und warum soll dann Sanftmut eine Frucht des Geistes sein, der an jedem Baum aus der Pflanzung des Herrn wachsen soll?


1 Stern, Bd III, S. 49

Donnerstag, 26. November 2009

Soziale Netzwerke junger Christen

Die Bertelsmann Stiftung will jungen, engagierten Menschen dabei helfen sich besser miteinander zu vernetzen. Zu diesem Zweck unterstützt sie zwei Projekte für soziale Netzwerke junger Christen im Internet. Das Ziel ist der Aufbau von Plattformen, auf denen sie sich untereinander über ihr Engagement, ihre Wertvorstellungen und selbst gesetzte Themen austauschen können. Darüber hinaus sollen diese Plattformen den zahlreichen Initiativen und Verbänden junger Christen Möglichkeiten geben, sich über ihre Arbeit gegenseitig besser zu informieren und im Netz zu begegnen.

Dr. Martin Rieger, Leiter des Programms Geistige Orientierung ergänzt, dass es nach den Erfahrungen der Stiftung einen großen Bedarf gerade bei jungen Christen gibt, sich untereinander auszutauschen, zu vernetzen und sich so gegenseitig in ihrem Engagement zu unterstützen. "Über die Inhalte und die Art des Dialoges sollen die jungen Christen mündig und selbstbestimmt entscheiden. Als gemeinnützige Stiftung wollen und werden wir darauf keinen Einfluss nehmen. Beide Plattformen sollen keinen finanziellen oder kommerziellen Interessen dienen und deshalb auch konsequent werbefrei bleiben."

http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-E118D380-54AA5F6C/bst/hs.xsl/nachrichten_98687.htm

Mittwoch, 25. November 2009

Messianic Midrasha - A Jewish School in Israel

The Holy One, Blessed Be He, "founded the earth with wisdom, and established the heavens with understanding" (Proverbs 3:19).

Our Sages, of blessed memory, equated wisdom with Torah (Genesis Rabbah 1:1; Proverbs 8:22). And at the appropriate time, "the Word became flesh and dwelled among us" - Messiah Yeshua (John 1:14).

We at the Messianic Midrasha believe that the New Covenant stands and given to Israel and to the whole world by Moshe at Sinai (Romans 3:31).

Upon this principle, the Messianic Midrasha was born to serve those who believe in the G-od of Israel and His Messiah, and has provided instruction to over 100 students in over 30 classes since 1993, Studies in the Tenakh and the Brit Chadashah (New Covenant) have been made available to the Messianic Community within the framework of the people of Israel, its history and the Land of Israel, in the Hebrew language. We believe that such education will assist Messianic Congregations to flourish in Jerusalem and the Land of Israel, presenting the good news of Yeshua with a Jewish emphasis and context.

The uniqueness of the Messianic Midrasha is that it is the result of initiatives by local Messianic Jews. The Messianic Midrasha is not connected to any mission organization or denomination; it is non-sectarian. The Midrasha gives the Messianic Community means with which to upgrade their level of insight and restore first century Jewish thinking and understanding of the New Covenant.

The Messianic Midrasha aims to strengthen and emphasize the above by providing courses that are given in Hebrew by teachers from local congregations in Israel, as well as by teachers from educational institutions here and abroad.

Our register of courses includes classes on Bible survey, biblical literature, languages, hermeneutics theology and apologetics.Joseph Shulam Likewise, there are courses in archeology, the history of Israel, Rabbinic literature and general Jewish literature. We have classes on Christian theology and practical theology in the lives of Messianic Jews. The Midrasha offers this broad program of study in order that "every 'scribe' trained in the Kingdom of Heaven... may bring both old and new out treasury" (Matthew 13:52).

While most of our classes are held in Jerusalem, our desire in the Messianic Midrasha is also to serve congregations abroad. We expect that our academic programs will interest anyone who wants to study the Scriptures in their Hebraic context, within the heart of Jerusalem.

If You would like to consider sponsoring this much needed Messianic Education in Israel, please contact us using the response form.

"For [the Torah] is your wisdom and understanding in the sight of the peoples" (Deuteronomy 4:4-8), and "the Law will go out from Tzion, the word of the L-ORD from Jerusalem" (Isaiah 2:2-3).
http://www.netivyah.org/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=50&Itemid=34&lang=en

Sonntag, 22. November 2009

Warum läßt Gott das zu?

The following was written by Ben Stein and recited by him on CBS Sunday Morning Commentary..

My confession:

I am a Jew, and every single one of my ancestors was Jewish. And it does not bother me even a little bit when people call those beautiful lit up, bejeweled trees, Christmas trees. I don't feel threatened. I don't feel discriminated against. That's what they are, Christmas trees.

It doesn't bother me a bit when people say, 'Merry Christmas' to me. I don't think they are slighting me or getting ready to put me in a ghetto. In fact, I kind of like it. It shows that we are all brothers and sisters celebrating this happy time of year. It doesn't bother me at all that there is a manger scene on display at a key intersection near my beach house in Malibu . If people want a creche, it's just as fine with me as is the Menorah a few hundred yards away.

I don't like getting pushed around for being a Jew, and I don't think Christians like getting pushed around for being Christians. I think people who believe in God are sick and tired of getting pushed around, period.. I have no idea where the concept came from, that America is an explicitly atheist country. I can't find it in the Constitution and I don't like it being shoved down my throat.

Or maybe I can put it another way: where did the idea come from that we should worship celebrities and we aren't allowed to worship God as we understand Him? I guess that's a sign that I'm getting old, too. But there are a lot of us who are wondering where these celebrities came from and where the America we knew went to.

In light of the many jokes we send to one another for a laugh, this is a little different: This is not intended to be a joke; it's not funny, it's intended to get you thinking.

Billy Graham 's daughter was interviewed on the Early Show and Jane Clayson asked her 'How could God let something like this happen?' (regarding Hurricane Katrina ).. Anne Graham gave an extremely profound and insightful response. She said, 'I believe God is deeply saddened by this, just as we are, but for years we've been telling God to get out of our schools, to get out of our government and to get out of our lives. And being the gentleman He is, I believe He has calmly backed out. How can we expect God to give us His blessing and His protection if we demand He leave us alone?'

In light of recent events... terrorists attack, school shootings, etc. I think it started when Madeleine Murray O'Hare (she was murdered, her body found a few years ago) complained she didn't want prayer in our schools, and we said OK. Then someone said you better not read the Bible in school. The Bible says thou shalt not kill; thou shalt not steal, and love your neighbor as yourself. And we said OK.

Then Dr. Benjamin Spock said we shouldn't spank our children when they misbehave, because their little personalities would be warped and we might damage their self-esteem (Dr. Spock 's son committed suicide). We said an expert should know what he's talking about. And we said okay.

Now we're asking ourselves why our children have no conscience, why they don't know right from wrong, and why it doesn't bother them to kill strangers, their classmates, and themselves.

Probably, if we think about it long and hard enough, we can figure it out. I think it has a great deal to do with 'WE REAP WHAT WE SOW.'

Funny how simple it is for people to trash God and then wonder why the world's going to hell. Funny how we believe what the newspapers say, but question what the Bible says. Funny how you can send 'jokes' through e-mail and they spread like wildfire, but when you start sending messages regarding the Lord, people think twice about sharing. Funny how lewd, crude, vulgar and obscene articles pass freely through cyberspace, but public discussion of God is suppressed in the school and workplace.

Funny how when you forward this message, you will not send it to many on your address list because you're not sure what they believe, or what they will think of you for sending it.

Pass it on if you think it has merit.

If not, then just discard it..... no one will know you did. But, if you discard this thought process, don't sit back and complain about what bad shape the world is in.

My Best Regards, Honestly and respectfully,


Ben Stein

http://voiceofthecopts.org/en/articles/i_only_hope_we_find_god_again_before_it_is_too_late.html


Samstag, 21. November 2009

Lehrrede auf dem Berg VI

Let it shine, this little light of mine


„Ihr seid das Licht der Welt.“ Ihr seid das Licht für die Heiden, so wie es bereits in Jesaja 49,6 gesagt ist. Ein Licht ist kein Besserwisser, der meint, er müsse aller Welt ein Licht aufstecken und jedem Bescheid stoßen, den er trifft. Ein Licht leuchtet vor den Leuten durch die guten Taten, die getan werden und deren wegen nicht der Täter gebauchpinselt, sondern sein Gott gelobt wird.


Mach‘s salzig


Ihr seid das Salz der Erde. Seit wann? Seit 4. Mose 18,19 als einen „Salzbund“ schließt und diesen in 2. Chronik betont: „Wißt ihr nicht, dass der Herr, der Gott Israels, das Königtum über Israel David gegeben hat auf ewige Zeiten, ihm und seinen Söhnen, durch einen Salzbund?“ Salz konserviert und wegen des „gesalzenen“ Überrests erhält Gott Israel und die Welt.
Es ist daher richtig, wenn wir für Israel beten, mit besonderer Betonung für die messianischen Gemeinden dort eintreten und ihnen Gutes und Segen wünschen.

Sonntag, 15. November 2009

A Jewish View on Life after Death

No, we do not need to know the details of the World to Come. But we must constantly be aware of the reality that our days will be scrutinized by a Higher Authority -- and that we ourselves will be forced to join in the Divine judgment.

There is no clear picture painted for us of Heaven and Hell. While belief in reward and punishment after death is, according to Maimonides, one of the 13 major principles of our faith, we have no way of knowing exactly what is meant by this concept. But we can hazard a guess. Since our entry into the next world is preceded by the obligation for every one of us to watch the film record of our lives, what greater Hell can there be than for us to have to acknowledge our shameful actions and our unconscionable failings unto all eternity? And what greater Heaven can there be than the ability to look back forever on personal acts of goodness, of charity, and of noble and pious behavior that made us find favor in the eyes of God?

That's why it's so important for us to affirm that death isn't the end. And even if we don't know exactly how our souls will be treated either above or below, we have been assured that the righteous are guaranteed rewards commensurate with their good deeds, and the wicked will rue the evil they perpetrated.

...

The true tragedy of death is that it represents the closing curtain on our ability to do anymore mitzvot. We no longer have the free will to do good (or evil). It is only what we bring to that moment that can earn us entry into a state of eternal bliss. It's what we do here and now that truly matters. The choices we make today create our portion in the Next World. For eternity.

Death isn't a destroyer; it's a transition. As the chassidic Rabbi Mendel of Kotzk put it, “Death is just a matter of going from one room to another. And if we live our lives in accord with the will of God, we are certain that the place we are going to is ultimately the more beautiful area.”

Yes, there is life after death. But the greatest afterlife is achieved by focusing on how we can maximize our life before death.

http://www.aish.com/sp/ph/69742282.html

Lehrrede auf dem Berg V

Es geht im Folgenden nicht darum, Israels Regierung darüber zu beraten, wie sie ihre Staatsbürger vor Terroristen schützt und wie sie ihr Land verteidigen sollen. Wir sollten uns hüten, in dieser Diskussion den Mund aufzumachen. Es geht mir hier nur darum, festzustellen, wer das Land erben wird: die Sanftmütigen und Friedfertigen oder die warheads, die Krieger und Kriegsfertigen.
Die Sache wird einen Augenblick länger dauern und wir müssen uns in aller Kürze mit der Entstehung des Staates Israels befassen. Nehmt die folgenden Ausführungen als Herausforderung, selber nachzulesen und gründlicher zu studieren, als dies hier in wenigen Minuten eines Blogeintrages geschehen kann.
Denkt bitte auch daran, dass es nicht darum geht, Beschuldigungen gegen Israel zu erheben und diesem Staat das Existenzrecht abzusprechen. Unser Platz ist an der Seite Israels. Er ist aber nicht an der Seite von Mythen und Halbwahrheiten.

Seit 1982 die Kriegstagebücher Ben-Gurions und Tausende von bis dahin geheim gehaltener Dokumente rund um die Staatsgründung durch das israelische Staatsarchiv veröffentlicht wurden, sind Motivation und Intention Ben Gurions und anderer führender Zionisten publik geworden. Man kann sehr genau wissen, was sie vorhatten und auf welche Weise sie ihre Vorhaben durchsetzen wollten.
Der israelische Historiker
Simcha Flapan (1911 – 1987) hat dieses sehr umfangreiche Material mit Unterstützung amerikanischer Stiftungen und einem großen Forscherteam an der Harvard-Universität untersucht. Flapan lebte 40 Jahre in einem israelischen Kibbuz, er war dreißig jahrelang Generalsekretär der israelischen, linken Mapam-Partei, die „als einzige Fraktion im Zionismus das Selbstbestimmungsrecht der arabischen Palästinenser anerkannte und sich mit anderen kleinen Gruppen für eine friedliche Zusammenarbeit zwischen Juden und Arabern einsetzte.“1 Küng meint, er sei „über allen Verdacht der Israelfeindlichkeit erhaben“; wobei wir im Kopf haben, dass auch ein „Linker“ möglicher Weise seine Vorurteile und entsprechende Filter hat, die dann doch nur einen Teil der Wahrheit durchlassen.
Nach
Simcha Flapan gehört folgendes zu den Mythen der Gründung des Staates Israel: „Das Einverständnis der zionistischen Bewegung mit der UN-Teilungsresolution vom 29. November 1947 stellte einen einschneidenden Kompromiss dar, mit dem die palästinensischen Juden ihre Vorstellung von einem sich über ganz Palästina erstreckenden jüdischen Staat aufgaben und den Anspruch der Palästinenser auf einen eigenen Staat anerkannten. Israel war zu diesem Opfer bereit, weil es die Voraussetzung dafür war, dass die Resolution in friedlicher Zusammenarbeit mit den Palästinenser verwirklicht werden konnte.“2 Flapan führt hierzu aus, dies sei „nur ein taktisches Zugeständnis im Rahmen einer unveränderten Gesamtstrategie (gewesen). Diese Strategie zielte darauf ab, zunächst einmal die Schaffung eines selbständigen Staates der arabischen Palästinenser zu hintertreiben. Ein erster Schachzug in diese Richtung war der Abschluß eines Geheimabkommens mit Abdallah von Trans-jordanien, der mit der Annektierung des für einen Palästinenserstaat vorge-sehenen Gebiets den ersten Schritt in Richtung auf sein erträumtes großsyrisches Reich zu tun glaubte. Des Weiteren zielte diese Strategie auf die Ausweitung des von der UNO für den jüdischen Staat ausgewiesenen Territoriums.“
Küng stellt im Weiteren fest, dass der Krieg zwischen Juden und Arabern möglicherweise vermeidbar gewesen wäre, da sich viele palästinensische Führer vor der Unabhängigkeitserklärung Israels „durchaus um einen Modus vivendi bemüht“ hätten.3 Er zitiert Flapan, demzufolge „zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und 1952 .. Israel nacheinander etliche von arabischen Staaten und neutralen Vermittlern unterbreitete Vorschläge zurück (wies),die zu einer Friedensregelung hätten führen können.“ So soll Ben-Gurion den Dauerkonflikt mit der arabischen Welt bewusst in Kauf genommen haben, weil er die westliche Welt auf seiner Seite wusste.
Hätte es andere Möglichkeiten gegeben?
Flapan und Küng zufolge schon. Es gab durchaus vermeidbare Gewalttaten in der Endstehungsphase des Staates Israel. So hatte es Vladimir Jabotinsky , Begründer der Hagana und späterer Führer der Irgun erklärter Maßen darauf abgesehen, durch „geplante Provo-kationen und willkürliche Bombenattentate bewusst Hass und Feindschaft säen und zu versuchen, die Araber mit jenen terroristischen Methoden und Praktiken zu bekämpfen, die dann dreißig Jahre später der Al-Fatah, der pälästinen-sischen Terrororganisation von Jasir Arafat, als Vorbild dienen sollten.“4
Terror wurde nicht nur gegen die Araber geführt, sondern auch gegen die Engländer, dies ab 1941 insbesondere durch die Irgun unter Leitung von
Menachim Begin. Es gab Anschläge auf die arabischen Märkte in Jerusalem und Haifa; der britische Nahost-Bevollmächtigte Moyne wurde 1944 ermordet und das „King David“ Hotel wurde 1946 gesprengt, wobei es 91 Tote gab. Auch die Ermordung des UNO-Vermittlers Graf Folke Bernadottes 1948 soll auf das Konto der Irgun gehen.
Verbrechen, welche eine friedliche Entstehung des Staates nicht eben gefördert haben.
Es gab durchaus Gegenpositionen. Der 1933 aus Deutschland geflüchtete Zionist
Nahum Goldmann wirkte von 1935-1940 als Vertreter der Jewish Agency beim Völkerbund in Genf für die Gründung des Staates Israel und setzte sich, insbesondere auch in seiner Zeit als Präsident des Jüdischen Weltkongresses (1949-1977) „entschieden für die Zusammenarbeit zwischen Juden und Arabern ein. Als unermüdlicher Förderer der jüdisch-arabischen Verständigung musste der in und außerhalb der jüdischen Welt hoch angesehene Mann in Konflikt geraten mit jenen israelischen Politikern zur Rechten und zur Linken, die offen oder geheim auf einen homogenen Judenstaat hinarbeiteten, der sich über die Gesamtheit oder jedenfalls den größten Teil Palästinas erstrecken sollte. Selbst ein Chaim Weizmann war nicht willens, den Palästinensern jene nationalen Rechte oder Ziele zuzuerkennen, die er als ganz selbstverständlich für die Juden beanspruchte. Man kann es nicht übersehen: Auf die Gründung des Staates Israel fiel von Anfang ein Schatten – ganz gegen Herzls und vieler anderer Zionisten Intentionen. Wie anders wäre doch manches verlaufen, wenn man mehr auf Nahum Goldmann (oder Martin Buber) gehört hätte.“5
Im Unabhängigkeitskrieg 15.5.1948 bis 24.2.1949 siegt Israel über Jordanien, Ägypten, den Irak, über Syrien und Libanon. Soweit so gut, Israel hatte den Krieg nicht angefangen, meine Sympathien gehören dem Sieger. Aber in diesem Krieg hat die Irgun das Dorf Dir Jassin ausgelöscht, Frauen und Kinder niedergemetzelt, ohne dass dafür irgend jemand auf israelischer Seite zur Verantwortung gezogen wurde. Rund 850.000 Araber flohen aus den Gebieten, in denen sie seit Jahrhunderten gelebt hatte. Sie wurden zwar nicht von Israel vertrieben, aber gegen die Massenflucht wurde von israelischer Seite auch nichts unternommen. Es wurden nach der Flucht der Araber 360 Dörfer und 14 Städte dem Erdboden gleichgemacht, um eine Rückkehr der Flüchtlinge zu verhindern.
6
Der „Schatten“, der über die Gründung des Staates Israel fiel ist nicht einfach ein vergänglicher Schatten gewesen, sondern es war die Saat, die später aufging und zu einer Ernte führte, die immer noch blutig eingefahren wird. Was der Mensch sät, das erntet er auch, ob Jude oder Araber oder Berliner.

Es gibt eine Menge sehr guter Gründe dafür, dass wir als Christen und als Deutsche auf der Seite Israels stehen und ich persönlich will auch auf Israels Seite bleiben. Ich möchte mich aber nicht zu einem der in unseren Kreisen zahlreich vertretenen politischen Sprecher des Likudblocks machen lassen. Jesus hat gesagt: Die Sanftmütigen werden das Land besitzen und die Friedfertigen werden Gottes Kinder heißen. Das ist die Botschaft, dass ist die Prophetie. Was sollte uns hindern, dafür zu beten, dass in Israel die Sanftmütigen zunehmen und die Friedfertigen sich vermehren, damit sie das Land besitzen. Denn zwischen „besitzen“ und „besetzen“ besteht ein gewal-tiger Unterschied. Der läßt sich recht leicht feststellen, wenn man im Ersten Testament nachliest, mit welchen Verheißungen die Verheißung des Landes verbunden waren.

1 Küng, Das Judentum, München, 2. Auflage, 2001

2 Flapan, Simcha, Die Geburt Israels. Mythos und Wirklichkeit, München 1988, zitiert nach: Küng, a.a.O.

3 Küng, S. 366

4 ebenda, S. 360

5 Küng, a.a.O., s. 363

6 ebenda, S. 369

Freitag, 30. Oktober 2009

Internetexerzitien für Frauen

Bonn - Unter dem Titel "Gottesbilder" sind Frauen zu Exerzitien im Internet eingeladen. Vom 1. bis 28. November 2009 geben Texte, Bilder und Übungen Impulse zur Besinnung. Erfahrene Begleiterinnen, Chats und ein Forum ermöglichen Begegnung und Austausch. Das Angebot wird von der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz zusammen mit der Katholischen Glaubensinformation organisiert.

Die Frauen, die sich in diesem Jahr zum ersten Mal auf die Internetexerzitien einlassen oder zum wiederholten Male teilnehmen, erwartet mit dem Thema "Gottesbilder" eine spannende Spurensuche in den Schriften der Bibel, in denen Gott sich den Menschen ein ums andere Mal offenbart, und in ihrem eigenen Leben, das von Gottes Spur geprägt ist.

In den diesjährigen Internetexerzitien geht es unter anderem um folgende Fragen:

Wie zeigt Gott sich in den Texten der Bibel?
Welche Vorstellungen machen Menschen sich von Gott?
Wer ist Gott für mich ganz persönlich?

Weitere Informationen sind zu finden unter www.frauenseelsorge.de

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Rechtfertigungslehre

Der Streit um die Rechtfertigungslehre war ein Kernstück der Konflikte des 16. Jahrhunderts, die zur Trennung der Protestanten von der römischen Kirche führten. "Wie kriege ich einen gnädigen Gott?", fragte der Reformator Martin Luther. Für ihn bildete die Antwort auf diese drängende Frage das Herzstück seiner Theologie: "Allein aus der Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht auf Grund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken", so formuliert die "Gemeinsame Erklärung" die Antwort.

Verhältnis von Glaube und Handeln

In dem Streit, der zu den gegenseitigen Lehrverurteilungen der lutherischen Bekenntnisschriften und des Trienter Konzils führte, ging es, moderner ausgedrückt, um das Verhältnis von Glaube und Handeln, Theorie und Praxis, Gesinnungs- und Verantwortungsethik. Zentral und unumstritten ist jedenfalls für das christliche Bild vom Menschen, dass der Mensch nicht nur an der Summe seiner Taten zu messen ist, sondern seine unverlierbare Würde als Geschöpf Gottes hat.

Die "Gemeinsame Erklärung" war das Ergebnis eines mehrjährigen Dialogprozesses zwischen dem Vatikan und dem Lutherischen Weltbund (LWB). Dabei musste nicht zuletzt das Problem gelöst werden, dass es auf Seiten des LWB, dem mehr als 100 Kirchen angehören, kein der katholischen Kirche entsprechendes Lehramt gibt. So wurden die Mitgliedskirchen an der Beratung über den Entwurf beteiligt, die sich aber nicht alle äußerten.

Dennoch hat keine breite Beschäftigung mit der Erklärung eingesetzt. Das dürfte vor allem daran liegen, dass Luthers Kernfrage: "Wie kriege ich einen gnädigen Gott?" den Menschen des 21. Jahrhunderts nicht in dieser Form umtreibt. Zudem irritiert, dass es trotz dieser Übereinkunft in der Debatte um die kirchlichen Ämter und die Eucharistie- oder Abendmahlsgemeinschaft noch keine greifbaren Fortschritte gegeben hat. Vor dem Jubiläumstreffen in Augsburg stellt sich somit die Frage, ob die Festredner - unter ihnen Kurienkardinal Walter Kasper, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann und der evangelische Theologe Eberhard Jüngel - dem Dialog einen neuen Schub geben können.

http://www.katholisch.de/Nachricht.aspx?NId=2637

Samstag, 24. Oktober 2009

Ökumenischer Preis an Taizé

München - Die Kommunität von Taize hat den Ökumenischen Preis der Katholischen Akademie in Bayern erhalten. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde am Donnerstagabend in München an den aus Deutschland stammenden Prior der Bruderschaft, Frere Alois, und einen seiner Mitbrüder überreicht. Die Akademie ehre damit im Vorfeld des Zweiten Ökumenischen Kirchentags 2010 Taize als einen "zeichenhaften Ort der Versöhnung unter gespaltenen Christen und getrennten Völkern", heißt es in der Begründung. An der Feier nahm auch der katholische Münchner Erzbischof Reinhard Marx teil.

Frere Alois appellierte an die Christen, ihre Kraft nicht länger mit Kleinkriegen zu verlieren. Es sei an der Zeit, die Gaben zusammenzulegen, "die durch den Heiligen Geist in alle christlichen Familien gelegt wurden".
http://www.katholisch.de/Nachricht.aspx?NId=2601

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Rituale

Münster - Die Deutschen brauchen nach Einschätzung des Konstanzer Soziologen Bernhard Giesen auch heute noch Rituale. "Millionen sitzen vor dem Fernseher und verfolgen weinend die Krönung von Monarchen oder die Beerdigung von Papst Johannes Paul II. oder Prinzessin Diana", sagte er am Dienstag zum Auftakt der Ringvorlesung "Rituale der Amtseinsetzung" des Exzellenzclusters "Religion und Politik" der Westfälischen-Wilhelms Universität Münster (WWU). Solche Rituale würden als "wirklich" wahrgenommen und übten eine große Kraft und Faszination aus. "Es stimmt nicht, dass sich dies alles unter dem kalten Stern der Rationalität aufgelöst hat", unterstrich der Forscher.

Auch im privaten und politischen Bereich seien Rituale weiterhin üblich, erklärte der Soziologe. Als Beispiele nannte er Umarmungen zur Begrüßung, Abstimmungen am Ende von Gremiensitzungen, Lichterketten gegen Ausländerfeindlichkeit und für den Frieden sowie Blockaden in Mutlangen. "Solche Aktionen sind Hoffnung- und Widerstandsrituale", sagte Giesen. Sie könnten helfen, Identität zu erschaffen. Die Europäische Union habe genau hier ein Problem. Ihr fehlten bislang die mit erlebbaren Augenblicke, um eine echte Gemeinschaft zu begründen.

http://www.katholisch.de/Nachricht.aspx?NId=2593


Zu gottesdienstlichen Ritualen später mehr auf diesem Blog

Montag, 19. Oktober 2009

Schöpfungsbericht und Evolution

Der Beginn der Tora, »Bereschit bara«, ist ein faszinierender Text, der die Schöpfung unseres Universums beschreibt. Darin kommt oft die Wendung »wajehi erew, wajehi oker« es wurde Abend, und es wurde Morgen) vor. Hier entsteht ein logisches Problem, weil der Tag und die Nacht aus der Sicht des Menschen aufgrund des Sonne-Mond-Zyklus definiert werden. Doch beide Himmelskörper tauchen erst am vierten Tag auf. Trotzdem wird dieser Begriff schon bei den ersten drei Tagen benutzt. Dieses Problem wird unterschiedlich
angegangen. Der mittelalterliche Denker Nachmanides, genannt Ramban, verstand es schon im 13, Jahrhundert folgendermaßen:
»Erew« (Abend) wird so genannt, weil an ihm die Gestalten vermischt waren. »Boker« (Morgen) wird so genannt, weil der Mensch sie auseinanderhalten kann. Mit anderen Worten: Erew ist ein Gemisch der Elemente, das einen gezielten Prozess durchlaufen muss, um eine klar definierte Gestalt zu bekommen. Erew ist ein Potenzial, Boker ein Ergebnis. Und dazwischen? Eine stufenweise Entwicklung. (Natürlich benutzt Ramban das Wort Evolution nicht, aber Darwin interessanterweise auch nicht).
Aus der heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnis kann der Schöpfungsbericht folgendermaßen verstanden werden:
Der erste Tag – Big Bang, vor fast 14 Milliarden Jahren. Der dritte Tag – unser Planet Erde, vor vier Milliarden Jahren. Der fünfte Tag – die Vielfalt des Tierlebens. Die kambrische Explosion vor 530 Millionen Jahren im Wasser, bis dann vor 200 Millionen Jahren die großen Saurier und die kleinen Säugetiere miteinander lebten. Erwähnenswert ist auch, dass die Tora das allererste Lebenszeichenzeichen nicht mit einer direkten Schöpfungstat Gottes in Verbindung bringt (das
Verb »bara«), sondern Elohim, Gott, sagt zur Erde: »Tadesche haarez desche«, es lasse die Erde die Sprossen sprießen. Mit anderen Worten: Erde, zeig dein Potenzial – durch die Evolution und die Elemente und mithilfe der Gesetze, die ich in dich hineingesetzt habe.
Ich möchte nicht behaupten, dass sich der Schöpfungsbericht und die wissenschaftliche Beschreibung überdecken. Dies wäre beiden gegenüber unfair. Ich behaupte nur, dass beide Verständnisse auf parallelen Schienen laufen. Was kommt nach der Evolution der Natur? Die Evolution des Menschen, zu der Ramban auch einen erstaunlichen Kommentar liefert. Die Tora sagt: Elohim, Gott, hat Adam, den Menschen, aus der Adama, der Erde, geschaffen und blies in seine Nase Nischmat chajim, den Lebensatem. Wir stellen es uns immer wie die Erschaffung des Golems vor: als eine unbewegliche Erdgestalt, die belebt wird. Doch Ramban erklärt schon die erste Hälfte des Verses, also die Formung des Menschen aus der Erde, noch bevor ihm der Lebensatem eingehaucht wurde, mit folgenden Worten: Wenn Gott den Menschen formte, bedeutet es, dass der Mensch sich bewegen konnte, weil die Formung Chijut (Leben, Existenz) und Hergesch (Gefühl, Emotionen, hier besser: Wahrnehmung) bedeutet. Erst nach dieser Wahrnehmung kam die nächste Stufe: Es wurde ihm Nischmat
chajim eingehaucht, und er bekam Sechel we-Dibur, die Vernunft und die Sprache.
Der revolutionäre (oder besser: mystische) Ramban behauptet also, der biblische Mensch habe Vorstufen gehabt. Falls wir noch nicht völlig überzeugt sind, schreibt Ramban am Ende seines Kommentars, warum die Tora bei der Beschreibung des Menschen als lebendigem Wesen, Nefesch chaja, die an sich überflüssige Präposition »le« benutzt. Rambans Begründung: Der Mensch wurde ganz zu einem lebendigen Wesen und wurde zu einem anderen Menschen transformiert (wenehepach le-isch acher).
Die Naturwissenschaft beschreibt es folgendermaßen: Vor fast zwei Milliarden Jahren kam der Homo erectus, vor 250.000 Jahren der Neandertaler und vor 150.000 Jahren der Homo sapiens, bei dem immer noch offensteht, ob er ein symbolisches Denken besaß. Wann ist die Sprache entstanden? Vor 50.000 Jahren. Wann wurde die erste Schrift benutzt? 3.000 Jahre vor der Zeitrechnung. Wenn wir die 2.000 Jahre der Zeitrechnung dazuzählen, kommen wir sehr nahe an das jüdische Jahr. Es gibt tatsächlich Spekulationen, dass das jüdische Jahr die symbolische Angabe für die Schaffung des Menschen als der letzten Stufe seiner Evolution ist. Im Gegensatz zu Ramban wäre es also nicht die Sprache, die den Menschen zum Menschen gemacht hat, sondern die Schrift. Auch hier sollen wir keine Überlappung, sondern ein paralelles Denken sehen.
Es fällt auf, dass die Parschanim, die mittelalterlichen Tora-Ausleger, Aussagen getroffen haben, die denen von Charles Darwin ähneln. Doch das sollte nicht überraschen.
Denn das Judentum war nie fundamentalistisch, sondern hat die Worte der Tora durch die Linsen der talmudischen Rabbiner immer wieder anders gelesen und auf neue Interpretationsebenen gebracht.

Der Autor ist Rabbiner der Liberalen jüdischen
Gemeinde Beth Shalom in München.
Aus: Jüdische Allgemeine 15.10.09

Sonntag, 18. Oktober 2009

Neuer Mensch in alten Socken

"Darum legt jede Unsauberkeit und jeden Überrest eines Maßes von üblem Wesen ab ..." (Jakobusbrief 1:21; Konkordantes Neues Testament). Ein wirklich guter Rat, lieber Jakobus! Häufig genug wird ein Christ, wenn er sich selber prüft und auf sein Leben blickt, Überreste des üblen Wesens finden. Überreste des üblen Wesens, welches als "alter Mensch", wie Paulus uns verrät, mit Christus gekreuzigt wurde (Römerbrief 6:6).
Worin bestehen diese Überreste und wie kann man sie los werden? Mein alter Mensch pflegte sich mit Kuchen vollzustopfen, wenn er enttäuscht worden war. Nun ist der alte Mensch tot und ich werde trotzdem immer dicker. Mein alter Mensch mit seinem Jähzorn ist mit Christus am Kreuz gestorben. Warum krabbeln meine Kinder unter den Tisch, wenn ich bei unentspannten Gelegenheiten trotzdem losbrülle? Der alte Mensch rauchte dreißig Zigaretten pro Tag. Der neue Mensch ist vom Geist der Sucht befreit worden, aber wenn es Stress im Büro gibt, brennt die Kippe doch gleich wieder.
Die Überreste des üblen Wesens, die alten Gewohnheiten nämlich, sind mächtig. Es sind eingefahrene Gleise, lange geübte Weisen, in denen ich auftretende Problemen seit Jahren mehr oder weniger (meistens weniger) erfolgreich begegnet bin.
Diese alten Gewohnheiten abzulegen, aus den alten Gleisen, den ausgetretenen Wegen herauszutreten, ist mit Arbeit verbunden. Mit Arbeit, die Zeit und Geduld erfordert, Geduld am meisten mit mir selber.
Jeder Reiz, der mich von außen durch die Handlungen oder Unterlassungen anderer Menschen erreicht (Störung, Ablehnung, Kritik, Unfreundlichkeit), trifft auf die Zielscheibe der alten Gewohnheiten in meinem Wesen. "Der Flegel nimmt mir die Vorfahrt?! Das geht voll auf die Zwölf!" Und dabei stebe ich doch nach Sanftmut und Lindigkeit, nach dem, was lieblich und gerecht ist, nach Demut und dem Ausdruck freundlicher Wesensart und all diesen schönen Dingen. In meiner stillen Zeit denke ich so gerne nach über das, was einen guten Klang, über das, was eine Tugend hat - aber wehe mch stört jemand in meiner frommen Betrachtung, dann springen meine alten Gewohnheiten ihn an, wie der Kasper aus der Springkiste.
"Lasst die Sonne über eurem Zorn nicht untergehen" (Epheser 4:26) mahnt uns Paulus. Die Aufforderung setzt voraus, dass wir uns zu unseren Gefühlen verhalten können, dass wir entscheiden können, wie wir auf Reize von außen reagieren. Der Psychologe Victor Frankl stellte zu diesem Thema fest:

"Die Freiheit des Menschen schließt in sich ein, zu sich selbst Stellung zu nehmen, sich selbst gegenüber zu treten und sich zu diesem Zwecke zunächst einmal von sich selbst zu distanzieren. Die Einstellung Gefühlen gegenüber wird frei gewählt." (Frank, Der leidende Mensch, S. 159)


Diese freie Wahl steht jedem Menschen zur Verfügung, wie viel mehr dem Menschen, der durch den Messias erlöst und erneuert wurde und der seinen Geist hat.
Der Raum zwischen Reiz und Reaktion ist Teil der Freiheit, die menschliches Handeln ermöglicht und ist Teil der Freiheit, die zu nutzen der Messias uns befreit hat. In diese Freiheit hineinzukommen ist nicht für jeden Christen einfach. Dostojewski hat geschrieben:

"Eine neue Sichtweise, ein neuer Lebensstil, werden nicht für Nichts gegeben. Dafür muss teuer bezahlt werden und sie werden nur durch viel Geduld und große Anstrengung erreicht"


Das lässt sich auch für die Herausbildung neuer Gewohnheiten sagen, denn die Gewohnheiten eines Menschen bestimmen seinen Lebensstil.
Den Preis für unser neues Leben hat Jesus bezahlt, mit dem Rest des üblen Wesens fertig zu werden, liegt bei uns.

Mittwoch, 7. Oktober 2009

Lehrrede auf dem Berg IV

Dieses Land zu welchem Preis?

Joseph Shulam
(hkovner@netivyah.org.il) sendete am 11.7.02 eine e-mail u.a. mit folgendem Inhalt (Übersetzung aus dem Englischen von mir): „Zahle nicht Böses mit Bösem heim, sondern versuche zu tun, was jedermann als gut ansieht. Wenn möglich und soweit es an dir liegt, lebe in Frieden mit allen Menschen. Sucht keine Rache, meine Freunde; überlaßt das dem Zorn Gottes; denn in der Tennach steht geschrieben: „Der sagt, die Rache liegt in meiner Verantwortung; ich werde vergelten“ Im Gegenteil: „Wenn dein Feind Hunger hat, dann speise ihn; wenn er durstig ist, gebe ihm zu trinken. Indem du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln.“ (Röm 12. 17-20)

Shulam beschreibt im folgenden eine Feier, an der insgesamt 35 Araber und Juden teilnahmen. Er sprach mit einem libanesischen Moslem der folgendes fragte: „Weist du wie ein moslemischer Araber sich in diesen Tagen fühlt?“ Ich sagte ihm, dass ich glaubte, dies zu wissen. Er antwortete, dass dies nicht möglich wäre, da ich kein moslemischer Araber sei. Er sagte, dass Israel einhundertmillionen Araber gedemütigt habe, Israel zeige den Arabern in der Welt, dass sie nichts wert seien, weil so viele seien und die wenigen Israelis sie in jedem Krieg geschlagen hätten. An diesem Punkt fügte er hinzu, dass der einzige Sieg, der errungen werden könnte, darin läge, dass die Araber im Einzelkampf jeden einzelnen Juden töteten. Das bedeutet, dass 16.000.000 Juden und die gleiche Anzahl von Arabern sterben müßten, sagte ich ihm. Ja, gab er als Antwort. Das ist der einzige Weg in dem wir je den Sieg über Israel und die Juden erringen könnten. „Wir haben keinen Grund zum Leben, weil die Zionisten und die Amerikaner unsere Ehre und Würde beleidigt haben und die Selbstmordanschläge sind das einzige Mittel, mit dem wir unsere Ehre und Würde als arabische Nation wiedererlangen können.“ ... es war ein interes-santes Experiment mit diesem „Jerusalemer Mix“ mit Juden, Palästinensern, Libanesen und Amerikanern zusammen zu sein, die so viele Dinge gemeinsam hatten, und dennoch eine so tiefe Feindschaft gegeneinander fühlten. Wie, meine lieben Brüder und Schwestern können wir den Krieg gegen den Terror gewinnen? Eine Sache sollte uns klar sein, dass nämlich ein Krieg dieser Art nicht mit Bomben und Cruise Missiles gewonnen werden kann; ein Krieg der Vorstellungen und Ideen kann nur durch bessere Vorstellungen und Ideen gewonnen werden. Wir müssen begreifen, dass dieser gegenwärtige Krieg mit islamischen Fundamentalisten und Terroristen zuerst und vor allem ein Krieg der Ideen ist und wenn wir nicht mit besseren Ideen aufwarten können - die Maschinerie einer so großen Nation wie die Vereinigten Staaten kann keine Ideen oder religiösen Extremismus töten. Ich glaube, dass wir als Juden und als Christen Kriegswaffen haben, die einen endgültigen Sieg über den islamischen Terrorismus erringen können: Die Lehre Jesu, Seine Person und Sein Leben können den Sieg haben über die Religion des Todes, des Tötens und des Hassens, welche der Islam in der Welt propagiert. Wir, die Jünger des Messias müssen unseren Kriegswaffen nach den Regeln des Krieges gebrauchen, die uns unser Meister in Seinem Lebendigen Wort gegeben hat. Betet weiter für beide, für Israelis wie auch für Palästinenser. Wir müssen sehen, wie Gottes Hand sich in beiden Gesellschaften bewegt, um Glauben und eine Beilegung des Hasses zu bringen, die Araber gegen Juden und gegen Amerikaner haben. Gott ist der einzige, der reinsten Hass von den Herzen der Menschen wischen kann und Liebe, Glaube und Licht an die Plätze der Dunkelheit bringen kann.“

Sonntag, 4. Oktober 2009

Franz von Assisi

Franz von Assisi wurde im Jahr 1182 geboren und ist bis heute vielen Christen ein Vorbild. Die katholische Kirche gedenkt dem Heiligen am 4. Oktober.

Zu seinem Andenken hier der Segenswunsch aus dem Stundengebet des Franz von Assisi:

Segnen
wollen wir den Herrn
den lebendigen und wahren Gott

Lob
Herrlichkeit
Ehre
den Segen und alles Gute
wollen wir ihm zurückgeben
Immer und ewig

Amen
Amen
So soll es sein
Ja, so!

Sonntag, 27. September 2009

Lehrrede auf dem Berg III

Welches Land wird geerbt?

Welches Land? In manchen Übersetzungen steht sogar: Das Erdreich. Das ist nicht die nahe liegendeste Auslegung, nicht der einfache Wortsinn, der Peschat. Wenn wir den Bezug auf Psalm 37 nehmen, dann geht es hier um das Land Israel, um den Landstreifen im Nahen Osten, um „ein ganz besonderes Territorium an der Ostküste des Mittelmeers.“1

Nur wenn wir diese Aussage erweitern und die Gläubigen aus den Nationen mit hinein nehmen, können wir sagen: Die Erde wird den Sanftmütigen gehören, so wie wir es in dem Buch der Offenbarung zu lesen ist.
Das ist aber hier nicht die Hauptsache. Jesus wiederholt hier die Zusage Gottes an sein Bundesvolk. Jedoch: „Da das Evangelium einen universalen Anspruch hat, und weil das Christentum dem Irrtum erlegen ist, Gott sei an Israel als Volk nicht mehr interessiert, gehen die Christen in der Regel davon aus, dass das Neue Testament auf die eine oder andere Weise die Verheißung Gottes, dem jüdischen Volk das Land Israel zu geben, für nichtig erklärt habe. Die Vorbehalte der Christen gegen den modernen Staat Israel basieren denn auch nicht zuletzt auf dieser falschen Prämisse. Um diesen Irrtum aufzuklären, müssen sowohl Juden als auch Christen erkennen, dass das Neue Testament keine einzige der Verheißungen Gottes an das jüdische Volk aufgehoben hat ...“
2
Der Journalist und messianische Jude Ludwig Schneider hat in einem seiner Vorträge gesagt, dass es bei der Gründung des Staates Israel genau 12 messianische Juden in Israel gegeben hat. Ein kleiner Überrest; aber an dem habe es wohl gelegen, dass die Gründung erfolgreich gewesen sei.
Ich mächte die Formel „die Sanftmütigen werden das Land ererben“ und: „Die Friedfertigen werden Kinder Gottes heißen“ an dem Beispiel Israelis / Palästinenser noch ein wenig ausführen.

1 Stern, a.a.O., S. 65

2 ebenda

Montag, 21. September 2009

Rosch haSchanah:

Präsident Barak Obama zum Neujahr 5770

As members of the Jewish faith here in America and around the world gather to celebrate the High Holidays, I want to extend my warmest wishes for this New Year. L’Shanah Tovah Tikatevu – may you have a good year, and may you be inscribed for blessing in the Book of Life.

Rosh Hashanah marks the start of a new year – a time of humble prayer, joyful celebration, and hope for a new beginning. Ten days later, Yom Kippur stands as a day of reflection and repentance. And this sacred time provides not just an opportunity for individual renewal and reconciliation, but for families, communities and even nations to heal old divisions, seek new understandings, and come together to build a better world for our children and grandchildren.

At the dawn of this New Year, let us rededicate ourselves to that work. Let us reject the impulse to harden ourselves to others’ suffering, and instead make a habit of empathy – of recognizing ourselves in each other and extending our compassion to those in need.

Let us resist prejudice, intolerance, and indifference in whatever forms they may take — let us stand up strongly to the scourge of anti-Semitism, which is still prevalent in far too many corners of our world.
Let us work to extend the rights and freedoms so many of us enjoy to all the world’s citizens – to speak and worship freely; to live free from violence and oppression; to make of our lives what we will.

And let us work to achieve lasting peace and security for the state of Israel, so that the Jewish state is fully accepted by its neighbors, and its children can live their dreams free from fear. That is why my Administration is actively pursuing the lasting peace that has eluded Israel and its Arab neighbors for so long.

Throughout history, the Jewish people have been, in the words of the Prophet Isaiah, “a light unto the nations.” Through an abiding commitment to faith, family, and justice, Jews have overcome extraordinary adversity, holding fast to the hope of a better tomorrow.

In this season of renewal, we celebrate that spirit; we honor a great and ancient faith; and we rededicate ourselves to the work of repairing this world.

Michelle and I wish all who celebrate Rosh Hashanah a healthy, peaceful and sweet New Year.




Sonntag, 20. September 2009

Lehrrede auf dem Berg II

Der Sanftmütige ist erbberechtigt


Wer ist arm im Geiste? Einer meiner Schullehrer pflegte, wenn die Klasse wieder einmal keine Antwort auf seine Fragen wusste, zu sagen: „Ja, selig sind die geistig Armen!“ Aber selig sind eben nicht die Dummen oder die, die zum Lernen zu faul sind. Geistig arm sind Menschen, die fähig sind, sich unterzuordnen, die, auch wenn sie reich sind, fähig sind, die „verletzliche Haltung armer Menschen“ zu zeigen.
Was sagt das
Pirke Avot, was sagen die Worte der Väter, darüber, welcher Mensch fähig ist, die Thora zu lernen? Der Sanftmütige, stimmt’s?
Und die Sanftmütigen werden das Land besitzen, wie schon Psalm 37, 11 verspricht: „Aber die Sanftmütigen werden das Land ererben und sich großen Friedens freuen.“ Wie kann jemand sanftmütig werden, damit er Erbe wird? Kann man Sanftmut trainieren? Bis zu einer gewissen Grenze schon. Es ist sehr wohl möglich, seine Gedanken und seine Handlungen zu beherrschen, wie wir zum Beispiel von den Mystikern lernen können. Und Paulus sagt uns auch: „Die leibliche Übung ist zu wenig nütze, die geistliche Übung (das geistliche Training) aber ist zu allem nütze“ und: „Ich bezwinge meinen Leib.“ Wir haben allerdings einen guten Lehrer für derlei Übungen; und für uns muss das Training nicht einmal besonders anstrengend sein, denn „Sanftmut ist eine Frucht des Geistes“.
Wie ist das im Ersten Testament? Wer ist bevorzugt, der Sanftmütig oder der her der Fanatiker? Nehmen wir den Nachfolger für Mose. Josua wurde nach Mose der Führer Israels. Warum nicht Pinchas? Der war entschieden, der griff durch! In 4. Mose 25,7 sehen wir das und in 31, 6: Pinchas war ein Mann, der voran ging. Und Gott hat ihn nicht unbelohnt gelassen: Er wurde Priester, obwohl sein Vater Eliasar zur Zeit der Geburt des Pinchas noch kein Priester gewesen war. Er bekam die erbliche Priesterschaft als Lohn für seinen Einsatz. Aber er wurde nicht der Leiter Israels. Mose betet in 4. Mose 27, 16 f: Es bestelle der Ewige einen Mann über die Gemeinde, welcher ausziehe vor ihnen und wieder einziehe, und der sie ausführe und der sie einführe, dass nicht sei die Gemeinde des Ewigen wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ (Genau dies war der Befund Jesu: Zu seiner Zeit waren sie „wie Schafe, die keinen Hirten hatten“). Im Midrasch heißt es, dass Mose betete: „Herr der Welt. Du kennst die Herzen der Menschen und weißt, wie der ein sich von dem anderen unterscheidet. Bestimme über sie zum Führer, der die Fähigkeit besitzt, der verschiedenen Geistesart eines jeden Rechnung zu tragen.“ Das also sind nach der Vorstellung der Rabbinen die Anforderungen an einen Leiter. Es geht in erster Linie um Eigenschaften wie Geduld und Verständnis. Mose hat diese Eigenschaften angenommen, nachdem er vierzig Jahre im Exil gelebt hatte; zuvor war er weder sanftmütig noch geduldig. Wir alle kennen die Geschichte mit dem ägyptischen Aufseher, den Mose erschlägt. Die Wanderung durch die Wüste und der Einzug ins gelobte Land zeigen einen anderen, einen sanftmütigen Mose, einen, der für sein Volk eintritt und der für sein Volk Verzicht übt. Und dennoch: Mose schlug den Felsen mit dem Stab zweimal, obwohl der Herr ihm gesagt hatte: Redet zu dem Felsen. (4. Mose 20:8 ff); Mose war noch nicht friedfertig genug. Er durfte nicht in das verheißene Land.
Sehen wir uns David an. Für meine Begriffe nicht eben mit Sanftmut geschlagen. Gott sagt über ihn: Er ist ein Mann nach meinem Herzen. Aber den Tempel durfte er nicht bauen: es klebte zuviel Blut an seinen Händen. Die Sanftmütigen werden das Land erben.

Mittwoch, 16. September 2009

Lehrrede auf dem Berg I

Mathäus 5, 1 – 7,29

Einleitung

Die folgenden Kapitel sind für das Verständnis davon, wie sich die Kirche zum Judentum verhält, wie sich das Erste Testament zum Neuen Testament verhält und welche Bedeutung die Thora für Christen hat, von großer Bedeutung.
Jesus tritt uns hier als Lehrer gegenüber, als der Messias, von dem die Juden der damaligen Zeit erwarteten, dass er die
Thora in neuem Licht erscheinen läßt, dass er sie neu auslegt. So heißt es z.B. in Hen. 49,1-3: „Weisheit ist wie Wasser ausgegossen, u. Herrlichkeit hört nimmer vor ihm (Messias) auf ... denn er ist mächtig über alle Geheimnisse der Gerechtigkeit .... in ihm wohnt der Geist der Weisheit und der Geist dessen, der Einsicht gibt, u. der Geist der Lehre und Kraft...“.
Von daher sehen wir auch die Beunruhigung der Zuhörer am Ende der Lehrrede: Die Menschen staunten über seine Lehre, denn er lehrte mit Vollmacht, nicht wie die Schriftgelehrten es taten. Rabbiner und Schrift-gelehrte pflegten ihre Lehrauffassungen mit den Meinungen anderer, möglichst angesehener und meist schon verstorbener Gelehrter zu begründen. Etwa nach der Formel: Rabbi X sagt im Namen des Rabbi Y, welcher im Namen des Rabbi Z sagte .... (folgt die Lehraussage). Jesus sagt in seiner Lehrrede wiederholt: „Es wurde euch gesagt, ich aber sage euch ....“ (folgt die Lehr-aussage. Darüber kennen wir die Reden der Propheten, die eingeleitet wurden mit den Worten: „So spricht der Herr...“. Auch demgegenüber sagt Jesus schlicht: „Ich aber sage euch ...“
Er lehrte wie einer der Vollmacht hatte. Er muss als Lehrer eine gute Arbeit geleistet haben, denn die Jünger, denen der auferstandene Herr auf dem Weg nach Emmaus die Schrift auslegte, fanden, dass ihnen „das Herz brannte“, dass ihr gesamtes inneres Wesen von der Lehre ergriffen war. Jesus muss auch deshalb gute Arbeit geleistet haben, weil aufgrund seiner Lehre mit Hilfe des Heiligen Geistes die Jünger in wenigen Jahrzehnten seine Lehre in „alle Welt“ getragen hatten – allen Verfälschungsversuchen und Irrlehren zum Trotz.

Zur Zeit Jesu war die Vorstellung der Juden darüber, wie jemand „gerettet“ werden kann in etwa folgender Maßen: Das Gesetz musste buchstäblich erfüllt werden, dann war derjenige, der dies tat, im Willen Gottes und wurde von ihm angenommen. Der Erfüllung von Geboten standen die Missetaten gegenüber wie auf einer Waage. Senkte sich die Schale mit den Missetaten, so kam der Missetäter in die Hölle, senkte sich die Schale mit den guten Taten, mit den Gebotserfüllungen, so war der Mensch gerecht und gerettet. Das war die Vorstellung dieser Zeit, das war die Lehre hauptsächlich der Pharisäer. Jesus wird zeigen, dass dies nicht dem biblischen Befund entspricht.

Gerecht wurde ein Mensch in der Vorstellung des Judentums also durch gute Taten, durch die Erfüllung von Geboten. „An Gelegenheit zu Gebots-erfüllungen ... mangelt es dem Israeliten nicht: die Tora begleitet ihn mit ihren Vorschriften auf Schritt u. Tritt, von der Wiege bis zu Bahre, so dass es niemand in Israel gibt, der nicht täglich 100 Gebotserfüllungen aufzuweisen in der Lage wäre.“
Durch die Erfüllung eines Gebotes wird ein Verdienst vor Gott erworben, mit der Übertretung eines Gebotes entsteht eine Schuld. Über Erfüllung und Übertretung wird im Himmel Buch geführt. Wie wir in der Betrachtung des Buchs der Offenbarung gesehen haben, ist diese Art von Buchführung auch am Ende der Zeiten nicht abgeschafft, allerdings mit dem Unterschied, dass die Buchhaltung über die Belohnung des Gerechten entscheidet und nicht darüber entscheidet, ob er gerecht ist oder nicht. Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, läßt sich nur durch die Annahme des Sühnetodes Jesu erreichen.
Für die damalige Auffassung genügt also eine Übertretung, welche die Gebots-erfüllung überwiegt, um den armen Menschen in die Verdammnis zu stürzen: „Da aber eine einzige an der Majorität fehlende Gebotserfüllung für das Gesamturteil über einen Menschen entscheidend werden kann, so wird dem Frommen der Rat erteilt, dass er sich immer zur Hälfte als einen Gerechten u. zur Hälfte als einen Gottlosen ansehe, vollbringt er dann eine Micvah, wohl ihm! Er hat die Waagschale der Verdienste zu seinen Gunsten geneigt.“

Dieser Art des frommen Lebensstils hat in der christlichen Kirche über einige Jahrhunderte Konjunktur gehabt; dann kam Luther und befand, dass man nicht durch Werke gerettet wird, sondern durch Glauben/Vertrauen. Den zuvor zitierten Satz (achte dich halb als gerecht und halb als verworfen) habe ich fast wörtlich in einer evangelikalen Predigt gehört, lange bevor ich ihn bei Strack-Billerbeck gelesen habe. Es sieht so aus, als wäre die Werkgerechtigkeit und die Ungewissheit über das eigene Heil nicht tot zu kriegen. Wir können uns also schon jetzt, ganz am Anfang unserer Betrachtung der Lehrrede darüber bewusst sein, dass auch uns die Gewissheit über unsere vorbehaltlose Annahme seitens Gottes wegen des Sühnetodes seines Sohnes, immer wieder verloren gehen kann.
Wir lesen und studieren die Bergpredigt nicht, damit wir wissen, wie wir gerettet werden können, sondern damit wir wissen, wie wir Gott gefällig leben und aller seiner Segnungen hier teilhaftig werden können, wie wir also glücklich leben können und dann später, wenn die Bücher aufgetan werden, eine anständige Belohnung erhalten.
Wir sollten darauf sehen, dass aus unserem Glauben, aus unserem Vertrauen auf das Erlösungswerk des Messias, gute Werke hervor kommen, nicht dass es uns so geht wie denen, zu denen Jesus sagen musste: Ich war krank und ihr habt mich nicht besucht, verschwindet, ich kenne euch nicht.
Für einen frommen Juden der damaligen Zeit kam es darauf an, die Verdienste möglichst zu mehren und die Sündenschuld zu verringern. Die Verdienste zu mehren war Aufgabe eines jeden einzelnen Menschen. Er konnte Gäste beher-bergen, Kranke besuchen, Gelehrte unterstützen, Trauernde trösten usw. Notfalls konnte man auch noch zurückgreifen auf die Verdienste der Väter.

Die Schuld ließ sich durch Sühnung mindern. „Der Mensch sühnt Sünde u. Schuld durch Buße, Fasten u. Gebet; Gott schafft Sühnung durch die im Gesetz vorgeschriebenen Opfer, durch den Versöhnungstag, durch Leiden, die er über den Menschen bringt, u. endlich durch den Tod des Menschen. Strack-Biller-beck hierzu: „Die altjüdische Religion ist hiernach eine Religion völligster Selbsterlösung; für einen Erlöser-Heiland, der für die Sünde der Welt stirbt, hat sie keinen Raum.“

Was sagen wir dazu? Ist Sündenvergebung durch das Opfern eines Tieres („ohne Blut keine Vergebung der Sünden“) wirklich „Selbsterlösung“? Würde das nicht bedeuten, dass die
Thora Selbsterlösung lehrt und so, anstatt das Kommen des Messias vorzubereiten, das genaue Gegenteil macht, nämlich seine Annahme durch die Lehre der Thora selbst verhindert?
Der Bund mit Abraham wurde geschlossen durch das Vergießen von Blut (durch das „Schneiden“) der Opfertiere; wenn dieser Bund verletzt wird, muss erneut Blut vergossen werden, damit der alte Zustand wieder hergestellt werden kann.
Ist der Tod eines Menschen eine Sühne für seine Sünden? In der Zeit der alten Synagoge gab es diese Vorstellung. Aber selbst wenn diese Vorstellung stimmen sollte (sie stimmt nicht), wäre das denn „Selbsterlösung“? Der Mensch bringt sich doch nicht willentlich als Sündopfer selbst um; das wäre sogar Sünde.
Für die Zeit der alten Synagoge bleibt der Buchstabe der
Thora für alles maßgeblich. „Ob es sich um seine religiös-sittlichen Pflichten gegen Gott handelte oder um sein Verhalten gegen Staat u. Gesellschaft, überall war sein Tun und Lassen geregelt durch die Satzungen der Halakah.“ Das menschliche Handeln wurde nach dem Buchstaben des Gesetzes beurteilt. „Lehrreich sind in dieser Hinsicht diejenigen Fälle, in denen man gewisse Gesetzesbestim-mungen auf Grund des Buchstabens einer andren Gesetzesbestimmung zum eigenen Vorteil umgehen konnte. Man nannte das „klüglich“ oder „schlau“ handeln. Tatsächlich lag in solchen Fällen eine Umgehung irgendeiner Gesetzesvorschrift vor; aber da sie durch den Buchstaben einer andren Gesetzesbestimmung legalisiert war, so galt sie als erlaubt u. berechtigt. Dass dieses „klügliche“ Verfahren eine besonders sittliche Handlungsweise darstellte, wird niemand behaupten; aber es zeigt, wie die pharisäische Gesetzespraxis das sittliche Verhalten allmählich herabdrückte auf eine Stufe mit dem korrekten Verhalten gegen den Buchstaben des Gesetzes. Das Gesetz hört auf, sittlichen Zwecken zu dienen, die Erfüllung seines Buchstabens wurde Selbstzweck. Das war die letzte Folge des Grundsatzes, dass die Erfüllung des Buchstabens des Gesetzes sich „decke mit der Erfüllung des Willens des göttlichen Gesetzgebers.“ Es wurde dann, um dem gegen zu steuern, verlangt, dass bei der Gesetzeserfüllung die Vorstellung vorhanden sein müsse, dass diese geschähe, um der jeweiligen Gesetzesbestimmung zu genügen; so wurde eine völlige Gedankenlosigkeit bei der Gesetzesferfüllung vermieden. Es wurde auch festgelegt, dass eine Gebotserfüllung, die durch den Verstoß gegen ein anderes Gebot zustande kommt, nichtig sei. Rabbinische Gelehrte ver-langten eine Herzensfrömmigkeit und es wurde der Grundsatz formuliert, dass das nachsichtige u. wohlwollende Verhalten gegen Menschen höher stehe als das rein legale Verhalten nach Maßgabe des starren Buchstabens des Rechts.
Diese Auffassung waren aber in der Minderheit, allgemein hatte sich die Auffassung durchgesetzt, dass die buchstäbliche Erfüllung des Gesetzes dem Willen Gottes genüge tue.

Nun kommt Jesus. Wie geht er in der „Bergpredigt“ vor? Greift er die falschen Vorstellungen von der Rettung durch Werke oder die Meinung, dass die buchstäbliche Erfüllung des Gesetzes genüge, um den Willen Gottes zu erfüllen, direkt an? Das macht er nicht. Er zerstört nicht, er baut auf. Er bringt das Neue und erneuert das Alte. Er sagt seinen Zuhörern: „Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht weit übertrifft, so werdet ihr gar nicht in das Himmelreich eingehen!"“(Mt. 5, 20) Dann zeigt er in einigen Beispielen, dass die Forderungen, die Gott stellt, weit über eine buchstäbliche Deutung hinausgehen. Die buchstäbliche Befolgung kann also nicht die Gerechtigkeit ergeben, die vor Gott gilt. Die Zuhörer sollen erkennen, dass ihre eigenen Anstrengungen nicht ausreichen, dass ihre eigene Kraft sie nicht gerecht machen kann. Daher sagt er ihnen gleich zu Anfang: seid arm im Geist, dann seid ihr selig, hungert nach der wahren Gerechtigkeit, dann werdet ihr selig.
Dieses „selig“ ist mit der Umschreibung „gesegnet, glücklich, vom Schicksal begünstigt“ wieder zu geben. In Psalm 144, 15 heißt es: „Wie gesegnet/glück-lich/vom Schicksal begünstigt ist das Volk, dessen Gott Adonai ist.“ Es steckt also eine Menge drin in diesem „selig“; es wäre gut, zu denen zu gehören, die „selig“ sind.
Vom Schicksal begünstigt zu sein, auch das kommt manch einem vielleicht bekannt vor. Wer kann Thora lernen? Nach den Pirke Avot, den Worten der Väter aus dem Talmud, ist dazu u.a. derjenige fähig, der sich über sein Schicksal freut, also derjenige, so kann man erweitern, der sich vom Schicksal begünstigt fühlt. Das muss nicht einmal den Tatsachen entsprechen, wenn man einen objektiven Maßstab anlegt. Vielleicht bist du krank, vielleicht alt und gebrechlich oder früh vergreist, vielleicht hast du in den letzten zwanzig Jahren deine Hausaufgaben nicht gemacht und stehst jetzt ohne Ausbildung im Leben. Bist du selig oder maulig? Du darfst dich entscheiden.