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Montag, 1. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXV

Fortsetzung von "Arm im Geiste"

Eckehart sagt, die Auffassung der Meister, wonach ein Mensch aller Dinge ledig sein soll, damit er eine Stätte sein könne, in der Gott wirken kann, geht nicht weit genug. Denn dann ist der Mensch noch nicht arm, er hat ja noch diese Stätte in sich, die er Gott für sein Wirken anbieten kann. „.. Gott strebt für sein Wirken nicht danach, dass der Mensch eine Stätte in sich habe, darin Gott wirken könne; sondern das (nur) ist Armut im Geiste, wenn der Mensch so ledig Gottes und aller seiner Werke steht, dass Gott, dafern er in der Seele wirken wolle, jeweils selbst die Stätte in sich habe, darin er wirken will – und dies täte er (gewiß) gern. Denn, fände Gott den Menschen so arm, so wirkt Gott sein eigenes Werk und der Mensch erleidet Gott so in sich, und Gott ist eine eigene Stätte seiner Werke; der Mensch (aber) ist ein reiner Gott-Erleider in seinen (=Gottes) Werken angesichts der Tatsache, dass Gott einer ist, der in sich selbst wirkt. Allhier, in dieser Armut erlangt der Mensch das ewige Sein (wieder), das er gewesen ist und das er jetzt ist und das er ewiglich bleiben wird.“
Das kommt uns vielleicht reichlich merkwürdig vor. Aber was verstehen wir denn bislang unter solchen Aussprüchen wie: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ oder „der Vater wird kommen und Wohnung bei euch machen“ oder „getauft zu sein in den Heiligen Geist“?
Eckehart geht es dabei um die Einigung mit Gott. Das Ich wird zunichte, indem es in Gott untergeht und damit neu geboren wird. Wir kennen alle den Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“. Was bedeutet es denn, wenn es dort heißt: „Ich will anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.“? Genau das: Das Ich geht unter, die Seele wird in der Gottheit begraben, „sie wird still ganz und allein in dem Wesen Gottes.“ Es ist wie David schreibt: „Nur auf Gott wartet still meine Seele, von ihm kommt mein Heil.“ (Psalm 62,2) „Wie ein gestilltes Kind bei seiner Mutter, ist meine Seele in mir.“ (Psalm 131, 2)

Das ist das Ergebnis der Armut im Geiste und das wäre, wenn man es denn hätte, überfließender Reichtum.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXIV

Fortsetzung "arm im Geiste"

Es reicht allerdings nicht, keinen Willen zu haben. Es kommt hinzu, dass ein Mensch, der arm im Geiste ist, auch nichts weiß. Also doch! Trottel nach vorn!
Ich hatte es ja immer befürchtet.
Was schreibt Eckehart: „Der Mensch, der diese Armut haben soll, der muss so leben, dass er nicht (einmal) weiß, dass weder sich selbst noch der Wahrheit noch Gott lebe ... er lasse Gott wirken war er wolle, und der Mensch stehe ledig. Alles, was je aus Gott kam, das ist gestellt auf ein lauteres Wirken. Das dem Menschen zubestimmte Wirken aber ist: Lieben und Erkennen. Nun ist es eine Streitfrage, worin die Seligkeit vorzüglich liege. Etliche Meister haben gesagt, sie liege in der Liebe, andere sagen, sie liege in der Erkenntnis und in der Liebe, und die treffen’s (schon) besser. Wir aber sagen, dass sie weder in der Erkenntnis noch in der Liebe liege; es gibt vielmehr ein Etwas in der Seele, aus dem Erkenntnis und Liebe ausfließen; es selbst erkennt und liebt nicht, wie’s die Kräfte der Seele tun. Wer dieses (Etwas) kennen lernt, der erkennt, worin die Seligkeit liegt. Es hat weder Vor noch Nach, und es wartet auf nichts Hinzukommendes, denn es kann weder gewinnen noch verlieren. Deshalb ist es auch des Wissens darum, dass Gott in ihm wirke, beraubt; es ist vielmehr selbst dasselbe, das sich selbst genießt in der Weise, wie Gott es tut.“ Ah ha, sagen wir und sind verwirrt. Aber nur für einen Moment. Denn die Tatsache, dass wir nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurden, müssen wir nicht mehr herausarbeiten und dass wir demzufolge Gott nacheifern sollen und uns „vergöttlichen“ lassen müssen, ist auch klar. Also gut, Gott ist ewig. Er hat weder Vor noch Nach, er hat vielmehr überhaupt keine Zeit, sondern steht außerhalb der Zeit. Gott ist unendlich, also wartet er auf nichts Hinzukommendes, deshalb kann er weder gewinnen noch verlieren. Zur Unendlichkeit kann man nichts hinzutun oder davon wegnehmen, denn unendlich ist eben unendlich. Und wenn wir uns vergöttlichen lassen, dann geschieht dies auch mit uns. „So quitt und ledig also, sage ich, soll der Mensch stehen, dass er nicht wisse noch erkenne, dass Gott in ihm wirke, und so kann der Mensch Armut besitzen. Die Meister sagen, Gott sei ein Sein und ein vernünftiges Sein und erkenne alle Dinge. Ich aber sage: Gott ist weder Sein noch vernünftiges Sein noch erkennt er dies oder das. Darum ist Gott ledig aller Dinge – und eben darum ist er alle Dinge. Wer nun arm im Geiste sein soll, der muss arm sein an allem eigenen Wissen, so dass er von nichts wisse, weder von Gott noch von Kreatur noch von sich selbst. Darum ist es nötig, dass der Mensch danach begehre, von den Werken Gottes nichts zu wissen noch zu erkennen. In dieser Weise vermag der Mensch arm zu sein an eigenem Wissen.“
Damit nicht genug. Zudem ist der Mensch arm, der nichts hat.
Damit ist bei Eckehart nicht gemeint, dass jemand keine materiellen Dinge besitzt, was dann in Ordnung ist, wenn er freiwillig verzichtet, der also vorsätzlich arm ist.
Laßt uns noch mal zusammenfassen: Ein armer Mensch ist der, der so lebt, dass er keinen eigenen Willen hat, so wie er keinen Willen hatte, als er noch nicht geschaffen war. Des weiteren ist ein armer Mensch im Sinne der Bergpredigt einer, der selbst vom Wirken Gottes in sich nichts weiß.
Nun soll er auch nichts mehr haben.