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Dienstag, 20. Juli 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXVIII

Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern, dass er sich bekehrt und lebt. Und das muss auch unser Wille sein. Deshalb müssen wir unseren Schuldigern vergeben, wie auch uns vergeben worden ist. „Wir sind hier im Herzen selbst des Evangeliums: die Vergebung der Sünden ist das Kriterium, die Offenbarung der wirklichen Liebe, das Zeichen der Ankunft des Geistes in uns: „Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!“ (Lk 6,36).“
Die Vergebung der Sünden ist die notwendige Voraussetzung, um in das Reich der göttlichen Dreieinigkeit einzutreten, das die Eucharistie einleitet.

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Boshaften.
Die wörtliche Übersetzung ist nach Kallis: Laß uns nicht in Versuchung geraten, sondern erlöse uns von dem Boshaften.
„Es handelt sich hierbei nicht um die kleinen Versuchungen des Alltags, sondern vor allem um die grundlegende Versuchung des Christen, der in einer dem Tier unterworfenen Welt engagiert ist, wenn selbst seine Treue zu Gott in Frage gestellt wird. Diese Prüfung ist jedoch notwendig, und der Heilige Geist selbst führt uns dorthin, wie er Jesus in die Wüste geführt hatte ... Jesus bereitet seine Jünger auf diese äußerste Konfrontation vor; jenseits des Verlassenseins und der Verleugnung werden sie die unendliche Vergebung und Liebe Gottes entdecken.“
Die Gläubigen selbst treten ihrerseits „in den Kampf des Retters gegen die satanischen Mächte ein, die noch die Welt unterjochen. Dieser Kampf ist mörderisch und gnadenlos, aber die Lebenskraft des auferstandenen Herrn ermöglicht uns, dem Feind zu trotzen, dessen Hass unversöhnlich ist ... die Treue in der Heimsuchung, das ist der gute Kampf, den wir in der Nachfolge Christi führen.“

Sonntag, 11. Juli 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXVII

Das tägliche Brot ist das Brot, das kommt, das Brot von morgen. Was wir morgen benötigen, gibt er uns schon heute. „Auch nicht das tägliche Brot in seinem banalen, platten Sinn, sondern unser Brot von morgen, d.h. das deine Kommens, deines Reiches, das Brot des Lebens, das Wort Gottes, der Wille des Vaters, die Ankunft des Geistes. Das Kommen des Geistes, Jesus selbst legt es nahe, als er seinen Jüngern den ersten Kommentar des Vaterunsers gibt: „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wieviel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.“ (Lk 11,13)

Ein tragender Gedanke dieser Auslegung ist, dass der Heilige Geist alle Bedürfnisse der Menschen in sich selbst zusammenfaßt und es in ihm keine Trennung mehr zwischen dem Geistigen und dem Irdischen gibt. „Alles gehört dem Menschen, und der Mensch gehört Gott: „Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.“ (Mt 6,33).
Das tägliche Brot umfaßt alle unsere Bedürfnisse. „Unsere demütigsten und verborgenen oder ignorierten Bedürfnisse werden so durch die Gaben Gottes befriedigt: „Die Herrlichkeit Gottes“, sagt der heilige Eirenaios, „das ist der Mensch in vollem Leben“, der vom Geist Gottes erfüllte Mensch.“

Freitag, 4. Juni 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXVI

Dein Wille geschehe ...
Im Kampf und im Todesringen Jesu ist es der gesamte menschliche Wille, der stirbt und zugleich von innen geheilt, durch den Atem der Liebe des Geistes wiederbelebt wird. Unser Wille kann endlich mit dem des Vaters übereinstimmen und sich identifizieren, ohne dass der Mensch zerstört oder erdrückt wird. In dem Maße, wie der Geist in unseren Herzen arbeitet, erlangen wir die Gesinnung Jesu (Phil 2,5), seinen Willen, seinen Verstand, seine Liebe, seinen Geist. Der Gehorsam gegenüber Gott ist nicht mehr Zwang, sondern inneres Gesetz und Gewißheit unseres persönlichsten, freiesten und am meisten liebenden Seins. Wenn sich des Herz des Menschen seinem Schöpfer öffnet, ist es auch die gesamte Erde, die die Befreiung wiederfindet, die versöhnt wird. Der Mensch ist so eine Stütze, ein notwendiger Hebel, damit das Wirken des Geistes auf der Erde zustande kommen kann.

„Alles, um was ihr ihn in meinem Namen bittet, wird er euch geben“ (Joh 15,16) sagt Jesus und unserer alltäglichen Nöte gedenkt er auch im Vater unser:
Unser tägliches Brot gib uns heute.

Montag, 24. Mai 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXV

Es gibt eine sehr alte Variante des Lukas-Evangeliums das die Worte: „dein Reich komme“ ersetzt durch: „Dein Heiliger Geist komme über uns und reinige uns.“ Warum ist das eine mögliche Variante?
Weil es nach dem Verständnis der Orthodoxie aus dem Inneren her, durch die Früchte des Geistes, Milde, Geduld, Weisheit, Liebe, offenbart. „Der Geist selbst fragt sich: „Was wäre das für ein Ort, an dem ich ausruhen könnte? ... Ich blicke auf den Armen und Zerknirschten und auf den, der zittert vor meinem Wort“ (Jes. 66, 1-2). Es ist also offensichtlich, dass das Reich Gottes den Trägern des Geistes gehört: „Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben“ (Mt 5,5,).

Sonntag, 16. Mai 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXIV

Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
In diesen Worten ist das jüdische Gebet zusammengefaßt, „von dem auch Jesus von seiner Kindheit an genährt wurde und das spontan wieder über seine Lippen kommt ... diese drei Bitten vereinigen zusammenfassend die ganze Offenbarung des Alten Bundes: die Heiligung des Namens des Herrn am Sinai, die erste irdische Verwirklichung des Reiches Gottes, die Suche nach dem Willen Gottes durch das Nachdenken über das göttliche Gesetz.“
So heißt es im 3. Mose 22, 31-32: „Ihr sollt meinen heiligen Namen nicht entweihen, damit ich inmitten der Israeliten geheiligt werde; ich, der Herr, bin es, der euch heiligt“. Wodurch wird der Name Gottes entweiht? „Ihr soll auf meine Gebote achten und sie befolgen.“ „Der Name Gottes wird durch den Ungehorsam und die Untreue des Volkes, der Braut, die Gott erwählt und geliebt hat, entweiht. Indem er die menschlichen Herzen verwandelt, heiligt der Herr seinen Namen.
„Der Name Gottes ist ein Licht, da mich im Innersten meines Wesens erleuchtet. Er weckt mich auf und läßt mich leben, dein Name, Herr, ist Gerechtigkeit, Liebe, Weisheit, Zärtlichkeit, Friede, Heiligkeit, Licht, Sanftmut. Wenn ich deinen Namen heilige, erstrahlt und erglüht mein Herz von den Strahlen deiner ewigen Sonne. Ich werde lebendig, und ich durchquere unbehindert die schwarzen Wasser des Todes.“

Dienstag, 4. Mai 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXIII

Das Vaterunser ist keine Banalität, kein Gebet, dass man gedankenlos dahin-sagt. „In der alten Kirche wurden die Erwachsenen, die sich auf die Taufe vorbereiteten ... am Ende einer darin unterwiesen, und es wurde ihnen ausführ-lich erklärt. Es geschieht am ende einen langen Weges der Suche, einer tiefen Bekehrung des Herzens, dass Gott sich als Vater enthüllt. Solange das Herz verschlossen ist, kommt dieses Wort nicht über die Lippen.“

Gott nicht nur „Vater“ sondern „Papa“ zu nennen, das ist schon etwas besonderes. Durch den Heiligen Geist haben wir in uns die selbe Quelle, die auch in Jesus war, eine sprudelnde Quelle, „wie eine lebendige Wasserquelle, die unaufhörlich in .. (uns) den Namen des Vaters murmelt: Abba.“

Wir können wissen, dass wir diesen Geist haben, weil Paulus in Gal 4,6 uns dieses Zusicherung gibt: der Geist seines Sohnes ist in unser Herz gesandt, der ruft: Abba, Vater.
Wenn wir beten: Unser Vater, so entdecken wir unsere Identität wieder, denn die Menschen sind geschaffen, um Gottes Kinder zu sein, einzigartig, geliebt, ein „Kind nach dem Abbild des Einzigen und Geliebten und ihm ähnlich.“

Vater unser im Himmel – „diese Erinnerung an die himmlische Wohnung Gottes ist traditionell im jüdischen Gebet ... die jüdische Frömmigkeit war (und bleibt) sehr sensibel für das, was man die Transzendenz Gottes nennt, für sein Wesen jenseits aller menschlichen Vorstellungen, Worte und Intelligenz.“
Aber nun ist die Entfernung zwischen Himmel und Erde überbrückt, durch die Herabkunft des Sohnes Gottes und durch den Wiederaufstieg des Menschen-sohns zum Vater. Zugleich liegt hierin die Erinnerung an unsere eigene Bestimmung: „Unsere Heimat ... ist im Himmel“ (Phil 3,20). In der Abendmahlsliturgie sagen wir: Erhebt eure Herzen und antworten: wir erheben sie zum Herrn. „Diese Erhebung der Herzen ist die Rückkehr in unsere wirkliche und letzte Heimat, in den Himmel, der in uns selbst ist, nach einem langen und schmerzhaften Exil. Diese Rückkehr in die „bleibende Stadt“ des Reiches Gottes bedeutet nicht Verachtung und Ablehnung der ganzen irdischen Existenz, sondern die Entdeckung des notwendigen Einzigen, des Schatzes unseres Lebens, nach dem unser Herz sich sehnt, das unsere ganze Existenz und unsere Arbeit auf Erden erleuchtet.“

Montag, 19. April 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXII

Unser Vater im Himmel

„Man könnte sehr viele Beispiele des Gebetes Jesu geben. Wir empfehlen sehr die folgende Übung: Lest aufmerksam die vier Evangelien und notiert euch alle Texte, die vom Gebet Jesu, von seiner Lehre über das Gebet, von der Bedeutung des Gebets, von seiner Verknüpfung mit dem ganzen Gott zugewandten Leben, von der Verbindung des Gebets mit dem Fasten und der Barmherzigkeit sprechen. Diese Übung wird euch viel lehren.“ („Gott ist lebendig“, ein Glaubensbuch der orthodoxen Kirche)

Wenn ihr betet, dann macht nicht viele Worte! Dann laßt uns Johannes 17 aufschlagen und was finden wir dort? Das längste Gebet im Neuen Testament. Kann mir das jemand erklären? Hätte Jesus nicht einfach sagen können: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden! Gib ihnen ihr tägliches Brot und bewahre sie vor dem Bösen. Amen“? Gibt es einen Widerspruch zwischen Mtth. 6:9 ff und Joh 17? Was meint ihr?

Fällt euch etwas auf, wenn ihr euch die Wortwahl und den Aufbau des hohen-priesterlichen Gebets in Joh 17 anschaut? Jesus folgt in dem Aufbau des Gebets dem Grundmuster:

- Die Anrufung: Vater unser im Himmel
– die ersten drei Bitten bezüglich der Errichtung der Herrschaft unter den Menschen
- die letzten Bitten bezüglich des Menschen, seiner Bedürfnisse, seine Sünde, seiner
Versuchungen.

Vater ... verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche ....
ich habe dich auf der Erde verherrlicht ... (wie im Himmel, so auf Erden)

ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt .... (Dein Wille geschehe)

ich habe ihnen dein Wort gegeben (unser tägliches Brot gib uns heute)

heilige sie durch die Wahrheit... (vergib uns unsere Schuld)

und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren (und führe uns nicht in Versuchung – don’t let your testings be too hard to bare)

ich bitte .... das du sie bewahrst vor dem Bösen (sondern bewahre uns vor dem Bösen).

Das hohepriesterliche Gebet ist kein Gebet vieler Worte, es ist der Situation angemessen und Jesus läßt seine eigenen Vorgaben nicht außer acht.

Samstag, 3. April 2010

Lehrrede auf dem Berg XXXI

Wenn du kritisierst, dass andere nur raffen und raffen, warum guckst du denn darauf, dass genug bei dir bleibt? Es kommt nicht darauf an, wieviel einer hat, es kommt darauf an, wie seine Einstellung ist zu dem, was er hat. Ihr sollt die Dinge haben, als hättet ihr sie nicht. Es geht um die innere Freiheit, nicht um den Großen Verdienstorden für gelebte Armut.
Man kann arm sein und mit Gier und Habsucht diese Armut ins Unerträgliche steigern. Alles dreht sich nur noch darum, soviel wie möglich zu bekommen und zu behalten. Und man bittet Gott, er möge doch geben und was macht der? Er sagt: Tut mir leid, ich will dich nicht vergiften. Ich will deine Gier nicht nähren und verstärken. Du hast nicht, weil du böse bittest, weil deine Einstellung nicht den Motiven entspricht, die ich gerne sehe: Wirke (bete) nicht für die Speise, die vergänglich ist, sondern die, die ins ewige Leben reicht.
Wir müssen nicht verdrängen, dass wir gern gut leben möchten, dass wir lieber reich und gesund als arm und krank sein möchten; wir müssen uns Gott gegenüber nicht verstellen und so tun, als würde es uns nichts ausmachen, dass der ungläubige Nachbar sich ein neues Auto kauft und man selber Mühe hat, das Geld für eine Monatskarte zusammen zu kratzen. Selbst David hat sich darüber heftig beklagt, dass die Gottlosen reich und fett sind.
Nun kann einer gottesfürchtig und arm sein und das selbe Problem haben: Ich will haben und ich will es für mich. Das ist schade, denn der Segen Gottes, der vom Himmel fällt, donnert an dir vorbei.
Und zu deiner Armut werden dir womöglich noch allerlei Begleiterscheinungen hinzu getan, denn „wenn das Auge finster ist, wie finster wird dann der ganze Leib sein“? Wenn du den Kreislauf von Saat und Ernte unterbrichst, wie groß werden dann deine Kreislaufprobleme werden? Wenn du krampfhaft alles für dich behalten willst, wie groß werden deine Magenkrämpfe sein?
Wenn Jesus sagt, dass Geben seliger ist als Nehmen, dann lebe danach. Und wenn nicht ... na ja, du weißt schon.

Montag, 22. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXX

Niemand lebt gegen die Weisung Gottes und ist gesegnet.
Bei dem unten genannten Gleichnis hat Jesus nicht nur eine einzelne Person (die des Reichen) im Blick, hier geht es um die gesamte Wirtschaftsweise einer Gesellschaft. „So ergeht es dem Schätzesammler“, so ergeht es einer Gesellschaft, deren oberstes Ziel das Schätzesammeln ist. „Gier ist gut!“ Das war der Schlachtruf der New Economy. Falsch. Gott ist gut! Deshalb gehen die Gierigen pleite oder kriegen ein Magengeschwür oder werden bestreikt oder werden von Kleinaktionären mit Eiern beworfen, mit bösen Worten bedacht und mit Strafanzeigen überzogen. „Man wird deine Seele von dir fordern“ – diejenigen, die sich betrogen oder hintergangen oder ausgenutzt fühlen, werden dir die Hölle heiß machen und werden das zurückfordern, was dich lebendig macht und was dir deine „Seelenruhe“ beschert hat: Deine großen Vorräte für viele Jahre. „Morgens noch auf hohen Rossen, abends durch die Brust geschossen“ - gestern warst du noch ein „Superstar“ und heute kannst du nur noch unter Polizeischutz zum Golfplatz. Aber worüber willst du dich beschweren? Lebe nach der Weisung Gottes oder rutsch‘ uns den Buckel runter.

Man kann sich in unserem Kreis leicht darauf verständigen, dass dies eine Botschaft für die Reichen ist. Aber laßt uns nachdenken. Ist es nicht so, dass Arme genauso gierig und habsüchtig sein können? Was Jesus tadelt ist die innere Einstellung, nicht den Besitz als solchen, sondern den Umgang mit den erwirtschafteten Gütern und die innere Haltung dazu.

Dienstag, 16. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXVIIII

Fortsetzung Arm zu sein bedarf es wenig

Schauen wir uns folgendes Gleichnis an:

Lukas 12, 13-21:
„Sehet zu und hütet euch vor jeglicher Habsucht! Denn niemandes Leben hängt von dem Überfluß ab, den er an Gütern hat. Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Eines reichen Mannes Feld hatte reich getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Das will ich tun, ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin alles, was mir gewachsen ist, um meine Güter aufspeichern und will zu meiner Seele sagen: Seele, du hast einen großen Vorrat auf viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink und sei guten Muts! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird gehören, was du bereitet hast? So geht es jedem, der sich Schätze sammelt und nicht reich ist für Gott.“

Ja, war dieser Mensch denn nicht klug? Was hat er denn anderes gemacht als einen „guten Fischzug“, wie die Jünger im vorherigen Beispiel auch?
Was sagt die Bibel? „Wer Getreide zurückhält, den verfluchen die Leute; aber Segen kommt auf das Haupt dessen, der Getreide verkauft.“
Die Menschen, die damals dieses Gleichnis hörten, wussten es einzuordnen, denn die Lehre der Rabbinen lautete: „Man darf keine Früchte (d.h. Getreide), Dinge, die als Lebensmittel dienen, z.B. Wein, Öl und Mehl, aufspeichern ... Man darf im Israellande Früchte für drei Jahre aufspeichern: für das Vorjahr des Sabbathjahres, für das Siebentjahr und für das Nachjahr des Siebentjahres.“ Ferner: „Man darf im Israellande an Dingen, die als Lebensmittel dienen, zum Beispiel Wein, Öl und Mehl, nichts verdienen (d.h. der Zwischenhandel ist verboten).“

Vielleicht hat von den Ossis im Lande noch einer das Lied von Ernst Busch im Ohr, in dem das Horten und Zurückhalten, sogar das Vernichten von Lebensmitteln angeprangert wird: „D‘rum rin mit dem Weizen in die Feuersbrunst!“ Schmeißt die Kaffeesäcke ins Meer, damit der Preis wieder steigt! Verbrennt die Rinder, das Rindfleisch ist zu billig. Haltet die Ernte zurück, die Inflation ist zu hoch!

Der reiche Grundbesitzer handelt der thora zuwider, und das kann nicht gut gehen.
Alles meins! Denkt er und liegt natürlich falsch: Wenigstens der Zehnte gehört ihm überhaupt nicht, er betrügt Gott und das kann nicht gutgehen.

„Soll ein Mensch Gott berauben , wie ihr mich beraubt? Aber ihr fragt: Wessen haben wir dich beraubt? Der Zehnten und der Abgaben! Mit dem Fluch seid ihr belegt worden, den mich habt ihr betrogen, ihr, das ganze Volk! Bringet aber den Zehnten ganz in das Kornhaus, auf dass Speise in meinem Hause sei, und prüfet mich doch dadurch, spricht der Herr der Heerscharen, ob ich euch nicht des Himmels Fenster auftun und euch Segen in überreicher Fülle herabschütten werde!“

Freitag, 12. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXVIII

Fortsetzung "Arm zu sein bedarf es wenig"

Wenn Kunden deine Rechnung nicht bezahlen: Was bringt dich auf, die Tatsache, dass du einige Bücher, die du so gern hättest und dringend brauchst nicht kaufen kannst oder die Tatsache, dass nun einiges an Material, welches die Sonntagsschule benötigt, nicht gekauft werden kann? Worum sorgst du dich? Der Rat Jesu, die freundliche Weisung Gottes lautet: Sorge dich nicht um die Dinge, von denen der Vater sowieso weiß, dass du sie brauchst, sorge dich um die Dinge, die dazu beitragen, dich und andere ins ewige Leben zu bringen. Das heißt nicht, dass du in allem und jedem Verzicht zu üben hast, das heißt, dass du deine Einstellung änderst und das Ziel deiner Arbeit, deines Sparens, deiner Sorge neu bestimmst: Sorge ich mich um eine ausreichende Versorgung mit Schokolade oder um eine ausreichende Versorgung mit Matzen für das Abendmahl? Was ist meine Triebfeder? Wenn die Triebfeder stimmt, wenn das Motiv, nämlich zuerst nach „Gottes Reich“ zu trachten, stimmt, dann wird alles andere hinzu getan. Es wird also keinen Mangel geben.

Montag, 8. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXVII

Fortsetzung "Arm zu sein bedarf es wenig"

Laßt uns dazu eine weitere Stelle anschauen, nämlich Johannes 6,27ff:
„Wirket nicht (arbeitet nicht für) die Speise, die vergänglich ist, sondern die Speise, die ins ewige Leben bleibt. Welche des Menschen Sohn euch geben wird... ich bin das lebendige Brot, vom Himmel herabgekommen... das Brot, dass ich geben werde ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt ... ich sge euch, wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esset und sein Blut trinket, so habt kein Leben in euch ... denn mein Fleisch ist wahrhafte Speise und mein Blut wahrhaftiger Trank. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“

Für welche Speise sollen wir also arbeiten? Wofür sollen wir sorgen?
Auch hier gibt es, meine ich, nur eine Antwort: Wir sollen dafür sorgen, dass Menschen mit dem wahren Trank und der wahren Speise versorgt werden können.
Ob wir nun arbeiten oder auf die Überweisung der Rente oder der Stütze warten oder ob wir von den Erträgen unseres Vermögens leben: Wir sollen die Speise wirken, die ins ewige Leben bleibt.
Darf ich keine Wohnung mehr mieten oder kein Haus kaufen? Soll ich kein Auto haben oder bei der BVG schwarzfahren müssen? Darf ich keinen Fernseher und keinen Schmuck oder Uhr besitzen? Ich denke darum geht es gar nicht. Es geht darum, worum ich mich sorge und wofür ich in erster Linie sorge: Arbeite oder spare ich für meinen (sicher wohl verdienten) Urlaub oder habe ich bei meiner Arbeit im Kopf, dass die Kirche, in der sich die Gläubigen versammeln ein neues Dach braucht? Wenn ich mich darum sorge, ob in diesem Monat die Stütze reicht und das Wohngeld noch kommt, gilt meine Sorge dann dem Inhalt bzw. der Leere meines Kühlschranks oder habe ich Angst darum, dass vielleicht der Wein für das Abendmahl ausgeht und der Weihrauch alle wird? Das ist keine Frage nach viel oder wenig Geld, das ist eine Frage nach der inneren Einstellung.
Wenn ich keine Arbeit habe und deshalb nicht richtiges Geld verdiene, ärgert mich dann, dass ich nicht in Urlaub fahren kann wie andere Leute, oder ärgere ich mich darüber, dass ich kein ordentliches Opfer geben kann und die Kirche deshalb kein Geld für neue Gesangbücher hat? Wofür „wirke“ ich? Was ist mein Motiv?

Mittwoch, 3. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXVI

Arm zu sein bedarf es wenig

Laßt uns nochmals zu der Frage zurückkehren, wer denn nun arm ist und wer reich ist, wer leicht durch das Nadelöhr geht und wer darin stecken bleibt.

Lesen wie die uns schon bekannte Stelle in Matth. 6, in der es um das Schätze- sammeln und das Sorgenmachen geht, Matth. 6: 19- 34. Also, ihr sollt euch keine Schätze auf Erden sammeln und ihr sollt zuerst nach dem Reich Gottes trachten und nach seiner Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere hinzu getan werden.
Nun wurde bereits der Verdacht geäußert, man müsse ja eigentlich dann seine Arbeit hinschmeißen und nur noch aus der Versorgung Gottes leben. Sagt Jesus nicht, dass diejenigen, die ihm nachfolgen, alles aufgeben müssen und sich seiner Versorgung anzuvertrauen haben?
Sehen wir nach, was geschah, als Jesus seine Jünger aufforderte, ihm nachzufolgen.
Eine interessante Stelle hierzu ist Lukas 5: 3-11, hier die Verse 6-11:
„Und als sie das getan, fingen sie eine große Menge Fische; aber ihr Netz begann zu reißen. Da winkten sie den Gefährten, die im andern Schiffe waren, dass sie kämen und ihnen hülfen; und sie kamen und füllten beide Schiffe, so dass sie zu sinken begannen ... und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; von nun an sollst du Menschen fangen! Und sie brachten die Schiffe ans Land, verließen alles und folgten ihm nach.“
Eine weitere Stelle für unseren Zusammenhang steht bei Johannes 21, 6:
„Jesus sprach zu ihnen: Werfet das Netz auf der rechten Seite des Schiffes aus, so werdet ihr finden! Da warfen sie es aus und vermochten es nicht mehr zu ziehen vor der Menge der Fische.“
Dann folgt nach Markus und Matthäus die Aussendung per Missionsbefehl.
Merken wir etwas?

Es geht nicht darum, keine große Ernte zu haben, keinen richtigen Fischzug zu machen. Die Jünger - und hier auch insbesondere ihre Familien, wenn die Männer weggegangen sein werden - werden versorgt und nicht gerade kleinlich. Aber für was werden sie versorgt? Was ist die Absicht dabei, was ist das Ziel der Versorgung? Ich meine, es gibt nur eine Antwort: Damit sie für das Reich Gottes arbeiten können.

Montag, 1. März 2010

Lehrrede auf dem Berg XXV

Fortsetzung von "Arm im Geiste"

Eckehart sagt, die Auffassung der Meister, wonach ein Mensch aller Dinge ledig sein soll, damit er eine Stätte sein könne, in der Gott wirken kann, geht nicht weit genug. Denn dann ist der Mensch noch nicht arm, er hat ja noch diese Stätte in sich, die er Gott für sein Wirken anbieten kann. „.. Gott strebt für sein Wirken nicht danach, dass der Mensch eine Stätte in sich habe, darin Gott wirken könne; sondern das (nur) ist Armut im Geiste, wenn der Mensch so ledig Gottes und aller seiner Werke steht, dass Gott, dafern er in der Seele wirken wolle, jeweils selbst die Stätte in sich habe, darin er wirken will – und dies täte er (gewiß) gern. Denn, fände Gott den Menschen so arm, so wirkt Gott sein eigenes Werk und der Mensch erleidet Gott so in sich, und Gott ist eine eigene Stätte seiner Werke; der Mensch (aber) ist ein reiner Gott-Erleider in seinen (=Gottes) Werken angesichts der Tatsache, dass Gott einer ist, der in sich selbst wirkt. Allhier, in dieser Armut erlangt der Mensch das ewige Sein (wieder), das er gewesen ist und das er jetzt ist und das er ewiglich bleiben wird.“
Das kommt uns vielleicht reichlich merkwürdig vor. Aber was verstehen wir denn bislang unter solchen Aussprüchen wie: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ oder „der Vater wird kommen und Wohnung bei euch machen“ oder „getauft zu sein in den Heiligen Geist“?
Eckehart geht es dabei um die Einigung mit Gott. Das Ich wird zunichte, indem es in Gott untergeht und damit neu geboren wird. Wir kennen alle den Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“. Was bedeutet es denn, wenn es dort heißt: „Ich will anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.“? Genau das: Das Ich geht unter, die Seele wird in der Gottheit begraben, „sie wird still ganz und allein in dem Wesen Gottes.“ Es ist wie David schreibt: „Nur auf Gott wartet still meine Seele, von ihm kommt mein Heil.“ (Psalm 62,2) „Wie ein gestilltes Kind bei seiner Mutter, ist meine Seele in mir.“ (Psalm 131, 2)

Das ist das Ergebnis der Armut im Geiste und das wäre, wenn man es denn hätte, überfließender Reichtum.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXIV

Fortsetzung "arm im Geiste"

Es reicht allerdings nicht, keinen Willen zu haben. Es kommt hinzu, dass ein Mensch, der arm im Geiste ist, auch nichts weiß. Also doch! Trottel nach vorn!
Ich hatte es ja immer befürchtet.
Was schreibt Eckehart: „Der Mensch, der diese Armut haben soll, der muss so leben, dass er nicht (einmal) weiß, dass weder sich selbst noch der Wahrheit noch Gott lebe ... er lasse Gott wirken war er wolle, und der Mensch stehe ledig. Alles, was je aus Gott kam, das ist gestellt auf ein lauteres Wirken. Das dem Menschen zubestimmte Wirken aber ist: Lieben und Erkennen. Nun ist es eine Streitfrage, worin die Seligkeit vorzüglich liege. Etliche Meister haben gesagt, sie liege in der Liebe, andere sagen, sie liege in der Erkenntnis und in der Liebe, und die treffen’s (schon) besser. Wir aber sagen, dass sie weder in der Erkenntnis noch in der Liebe liege; es gibt vielmehr ein Etwas in der Seele, aus dem Erkenntnis und Liebe ausfließen; es selbst erkennt und liebt nicht, wie’s die Kräfte der Seele tun. Wer dieses (Etwas) kennen lernt, der erkennt, worin die Seligkeit liegt. Es hat weder Vor noch Nach, und es wartet auf nichts Hinzukommendes, denn es kann weder gewinnen noch verlieren. Deshalb ist es auch des Wissens darum, dass Gott in ihm wirke, beraubt; es ist vielmehr selbst dasselbe, das sich selbst genießt in der Weise, wie Gott es tut.“ Ah ha, sagen wir und sind verwirrt. Aber nur für einen Moment. Denn die Tatsache, dass wir nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurden, müssen wir nicht mehr herausarbeiten und dass wir demzufolge Gott nacheifern sollen und uns „vergöttlichen“ lassen müssen, ist auch klar. Also gut, Gott ist ewig. Er hat weder Vor noch Nach, er hat vielmehr überhaupt keine Zeit, sondern steht außerhalb der Zeit. Gott ist unendlich, also wartet er auf nichts Hinzukommendes, deshalb kann er weder gewinnen noch verlieren. Zur Unendlichkeit kann man nichts hinzutun oder davon wegnehmen, denn unendlich ist eben unendlich. Und wenn wir uns vergöttlichen lassen, dann geschieht dies auch mit uns. „So quitt und ledig also, sage ich, soll der Mensch stehen, dass er nicht wisse noch erkenne, dass Gott in ihm wirke, und so kann der Mensch Armut besitzen. Die Meister sagen, Gott sei ein Sein und ein vernünftiges Sein und erkenne alle Dinge. Ich aber sage: Gott ist weder Sein noch vernünftiges Sein noch erkennt er dies oder das. Darum ist Gott ledig aller Dinge – und eben darum ist er alle Dinge. Wer nun arm im Geiste sein soll, der muss arm sein an allem eigenen Wissen, so dass er von nichts wisse, weder von Gott noch von Kreatur noch von sich selbst. Darum ist es nötig, dass der Mensch danach begehre, von den Werken Gottes nichts zu wissen noch zu erkennen. In dieser Weise vermag der Mensch arm zu sein an eigenem Wissen.“
Damit nicht genug. Zudem ist der Mensch arm, der nichts hat.
Damit ist bei Eckehart nicht gemeint, dass jemand keine materiellen Dinge besitzt, was dann in Ordnung ist, wenn er freiwillig verzichtet, der also vorsätzlich arm ist.
Laßt uns noch mal zusammenfassen: Ein armer Mensch ist der, der so lebt, dass er keinen eigenen Willen hat, so wie er keinen Willen hatte, als er noch nicht geschaffen war. Des weiteren ist ein armer Mensch im Sinne der Bergpredigt einer, der selbst vom Wirken Gottes in sich nichts weiß.
Nun soll er auch nichts mehr haben.

Montag, 22. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXIII

Ponticus Evagirus beschreibt Kontemplation so: Das Ziel der Kontemplation ist die Schau der Hl. Dreieinigkeit. Diese Schau ist aber jenseits aller Form, sie ist vollkommen einfach. Sie verlangt, dass der Mensch ganz und gar frei wird von allem begrifflichen Denken und von seinen Leidenschaften. Es muß ein Zustand erreicht werden, in dem die Leidenschaften uns nicht mehr beherrschen, sondern mit einander im Einklang sind. Der menschliche Geist wird ganz rein und lauter, offen für Gott und zugleich einfach und gesund. Ziel ist die Einheit mit Gott, das eigentliche Ziel jedes Menschen. Evagrius spricht von der Einheit, um damit auszudrücken, dass ein solcher Mensch in liebender Vereinigung zur vollkommenen Erkenntnis der Hl. Dreifaltigkeit gekommen ist. Das Licht Gottes beginnt in der Seele zu leuchten: „Wenn ein Mensch den alten Menschen abgelegt und den neuen Menschen angezogen hat, der eine Schöpfung der Liebe ist, dann wird er zur Stunde des Gebetes erkennen, wie sein Zustand einem Saphir gleicht, der klar und hell leuchtet“, der Mensch findet seinen Frieden und indem er mit Gott eins wird, wird er auch eins mit seinem wahren Wesen, die Seele wird gesund. (Was hast du dir vorgestellt, wie dieser Friede aussieht, der alle Vernunft übersteigt und den die Welt nicht geben kann?)
Nach Ponticus meint Kontemplation, das wir alle Gedanken und Bilder, alle Vorstellungen und Gefühle, hinter uns lassen und jenseits des Denkens und Fühlens eins werden mit Gott. man vergisst sich selbst und zugleich ist man sich selbst höchst bewusst. Man denkt über das Einswerden nicht mehr nach, die Gedanken hören auf, ich bin einfach da, ich bin in Gott, ich bin ganz im Augenblick, ich übersteige die Zeit, ich berühre die Ewigkeit. Auf einmal wird alles klar. Ich spüre: Es ist alles gut. Alles hat seinen Sinn. Ich bin einverstanden mit Gott, mit meinem Leben, mit allem. Alles Kämpfen hört auf, die Gedanken, die sich gegenseitig anklagen und
entschuldigen (Röm 2, 15) sind still. Ein Zustand, in dem ich einfach nur da bin, und ahnen kann was das Geheimnis Gottes ist, der von sich nur sagt: „Ich bin, der ich bin“. Reines Sein. Alles ist gut, alles ist von Gott durchdrungen. Gott IST.
Das deckt sich mit dem, was Eckehart sagt: „Ehe die Kreaturen waren, war Gott (noch) nicht „Gott“: er war vielmehr, was er war.“ Das kommt uns vielleicht im ersten Moment seltsam vor, aber denkt daran, wie Gott sich dem Mose vorstellt: „Ich bin der ich bin“. Und dann, im Laufe der Geschichte offenbart er seinem Volk, wer er für sie ist: Gott, der vorhersieht, Gott, dein Arzt, Gott Imanuel etc.
In der Kontemplation wird der Mensch „arm im Geiste“, er wird wie Gott: reines Sein.

Donnerstag, 18. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXII

Und noch einmal das „arm sein im Geiste“

Wir müssen also noch einmal zur geistigen Armut zurück und wollen Meister Eckehart selbst zu Wort kommen lassen:
„Zum ersten sagen wir, dass ein armer Mensch sei, der nichts will.“
Hierbei geht es nicht um Menschen, die äußerliche Werke der Buße und Selbstverleugnung erbringen. Solche Menschen nennt Eckehart schlicht „Esel“. Sie sagen zwar, ein armer Mensch sei einer, der nichts wolle. Aber es wird von ihnen falsch aufgefaßt, nämlich so: „dass der Mensch so leben müsse, dass er seinen (eigenen) Willen nimmermehr in irgend etwas erfülle, dass er (vielmehr) danach trachten solle, den allerliebsten Willen Gottes zu erfüllen.“
Eckehart sagt zwar, dass dies schon ganz gut sei, aber bei weitem nicht ausreiche. Menschen die so denken, mögen wegen ihrer guten Absicht das Himmelreich erlangen, aber von der eigentlichen Armut, die Jesus anspricht, wissen sie nichts. Diese Armut geht sehr viel weiter: „Solange der Mensch dies noch an sich hat, dass es sein Wille ist, den allerliebsten Willen Gottes erfüllen
zu wollen, so hat ein solcher Mensch nicht die Armut, von der wir sprechen wollen; denn dieser Mensch hat (noch) einen Willen, mit dem er dem Willen Gottes genügen will, und das ist nicht rechte Armut. Denn, soll der Mensch wahrhaft Armut haben, so muss er seines geschaffenen Willens so ledig sein, wie er’s war, als er (noch) nicht war. Denn ich sage euch bei der ewigen Wahrheit: Solange ihr den Willen habt, den Willen Gottes zu erfüllen, und Verlangen habt nach der Ewigkeit und nach Gott, solange seit ihr nicht richtig arm. Denn nur das ist ein armer Mensch, der nichts will und nichts begehrt.“
Hier ist ein Zustand angesprochen, den die Mystiker als „Kontemplation“ bezeichnen. In der Definition aus dem Vorwort zu „Die Liebesflamme“ von Johannes vom Kreuz:
Kontemplation ist weniger eine bestimmte Gebetsweise oder Gebetsstufe als vielmehr die Selbstmitteilung Gottes, die dem im geistlichen Leben Fortgeschrittenen ohne sein eigenes Zutun auf immer umfassendere und unmittelbarere Weise zuteil wird, weshalb J.v.K. rät, von sich aus keine Leistungen vollbringen zu wollen, sondern still zu werden und die liebende Einsicht, die Gott schenkt, in völliger Untätigkeit und ‘liebender Achtsamkeit’ auf Gott aufzunehmen. In der Kontemplation werden dem Menschen keine Einzelansichten zuteil, vielmehr werden im in einer gesamtheitlichen liebenden Einsicht das Licht und die Liebe Gottes eingegossen, wodurch er nach und nach geläutert und immer tiefer mit Gott geeint wird. Anfangs erfährt der noch ungeläuterte Mensch die Kontemplation als dunkel und verwirrend, später erlebt er sie als ein umfassenden Erkennen und Lieben zugleich, das sich nicht in einschränkenden Bestimmungen fassen läßt.

Es geht um eine Liebesbeziehung; Menschen die so eine Beziehung zu Gott haben, nennt man Mystiker.
Ist das „biblisch“? lesen Sie dazu folgende Texte: Joh. 6,56; Joh. 15,4; 1. Joh 4,16

Dienstag, 16. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXI

Wo bitte geht’s zur Gottesnähe?

Laßt uns den Weg betrachten, den einer der großen Mystiker des Christentums,
Meister Eckhart, vorschlägt und den er auch selber eingeschlagen hat.
Eckhart von Hochheim ist um 1260 geboren. Er war Dominikaner und als solcher zeitweise Leiter der Ordensprovinz Sachsen, die ein Gebiet von den Niederlanden bis Livland umfaßte. Er war Generalvikar von Böhmen, Leiter der ordenseigenen Hochschule in Straßburg und Lehrer an der Universität Köln. Zwischendurch hatte er Lehraufträge in Paris und Prior seines Heimatklosters. Er starb 1302.
Er war also ein Mann, der mitten im Leben stand, wie man so sagt. Zudem hatte er ständig Ärger mit der Kirche und wurde nur deshalb nicht ernstlich verfolgt, weil er den Schutz und die Unterstützung seines Ordens hatte. Er war eine Kämpfernatur, kein weltabgewandter Asket, kein „seltsamer Heiliger“, aber seltsam war er dennoch und was er lehrt, beinhaltet genügend Zumutungen, um auch bei uns Beachtung zu finden.
Der Weg, den er vorschlägt, als den schmalen Weg zu beschreiten ist ein gänzlich anderer als der Weg Barclays.
Da Eckhart Mystiker war, ist es nicht verwunderlich, dass sein Weg ein mystischer Weg ist. Wie aber beschreitet man einen mystischen Weg?

Der Weg des Meisters Eckhart ist der Weg der Absage an die gesamte wahnhafte Wirklichkeit, wodurch der Mensch zur „Abgeschiedenheit“ gelangt. Ein seltsamer Weg für einen Menschen, der sein Leben in höchsten Ämtern und in ganz alltäglichen Auseinandersetzungen verbracht hat. Aber wenn wir uns an die ausgefüllten Leben von Teresa, Johannes und Bernhard erinnern, so wissen wir: Ein tätiges, erfülltes und sogar ein erfolgreiches Leben stehen nicht im Gegensatz zu mystischer Erfahrung.

Der Mensch, der den Weg der Abgeschiedenheit, den Weg des Abschiednehmens beschreitet, der soll sich nicht mehr um äußerliche Dinge kümmern und er soll sich auch nicht von äußerlichen Dingen bekümmern lassen. Das kommt uns bekannt vor. Sagt Jesus das nicht so ähnlich in Mt. 6, 19 f: „Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt“? Dieses „Abschiednehmen“ ist eine praktische Sache und eine Aufgabe für jeden Menschen. Auch und gerade der Mensch, der mitten in der Welt lebt, muss sich davon frei machen, den Dingen zu verfallen und sein Herz an Äußerlichkeiten und Umstände zu hängen. Noch einmal zur Erinnerung: Mit Eckehart von Hochheim, Bernhard von Clairveaux, mit Teresa von Avila und Johannes von Kreuz sprechen Menschen für dieses „Abschiednehmen“, die in großem Umfang ihrer Zeit großen Einfluss hatten und ihrer Zeit ihren Stempel aufgedrückt haben. Es geht nicht um eine Flucht aus der Welt, sondern gerade darum, in ihr bestehen zu können und mehr als nur zu bestehen: Die Welt zu überwinden. Die Umstände zu besiegen, nicht (nur) indem man die Umstände ändert, sondern dadurch, dass man von ihnen nicht mehr irritiert wird, ohne sie einfach zu leugnen. „Wer diese Freiheit von der Welt erreicht, der gewinnt reine Innerlichkeit.“
Es ist keine Lösung, Probleme zu ignorieren oder wegzuschieben, wie der Sänger singt: „Will sie vor Wut auch die Möbel zertrümmern: Gar nich‘ um kümmern, gar nich‘ um kümmern!“ Es geht darum, auf die Probleme angemessen und gelassen zu reagieren, indem man nicht an ihnen haftet.

Damit ist der Weg aber noch nicht zu Ende. Was jetzt folgt ist die Abgeschiedenheit von sich selbst. Jetzt geht es um die Selbstaufgabe, jetzt geht es darum, „arm im Geiste“ zu werden. Der Mensch muss sich selber lassen „und darin „ganz gelassen“ werden.“

Samstag, 13. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XX

Immer wieder müssen wir im Verlauf unseres Lebens Entscheidungen treffen: „Siehe, ich habe dir heute vorgelegt das Leben und das Gute, den Tod und das Böse ... darum erwähle das Leben, damit du am Leben bleibst, du und deine Nachkommen.“ (5.Mose, 30, 15-20). „So wählt heute, wem ihr dienen wollt“ (Jos. 24,15). „So spricht der Herr: Siehe, ich lege euch vor den Weg zum Leben und den Weg zum Tode“ (Jer. 21,8). Sogar im NT: „Geht ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und ihrer sind viele, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind ihrer, die ihn finden.“ (7, 13 f).
Eine Anweisung zum Wandern. Eine Einladung zu einem Spaziergang durch ein gelungenes Leben.

Ein Weg ist eng, ein Weg ist breit. Barclay merkt dazu an: „Der eine Weg ist bequem, der andere beschwerlich“. Ohne Fleiß keinen Preis. „Ich habe den guten Kampf gekämpft“ und gewonnen, sagt Paulus; und nicht einmal das sichert dir den Sieg, sondern du mußt auch noch nach den Regeln kämpfen, sonst wirst du disqualifiziert. Das Gehen auf dem engen Weg bedeutet harte Arbeit. Paulus sagt über sich, er habe mehr gearbeitet als alle anderen.

„Der eine Weg ist lang, der andere kurz.“ Wählen wir den kurzen Weg des schnellen Erfolgs oder gehen wir lieber einen langen Weg, der erst in der Zukunft Ergebnisse erkennen lassen wird? „Wer langsam sammelt“, heisst es in dem Buch der Sprüche, der bekommt immer mehr. Wer’s eilig hat, wird am Ende ohne Erfolg bleiben. Was von Dauer sein soll, braucht Zeit. Gott hat die ganze Welt mit allem drum und dran auch nicht an einem Tag erschaffen.

„Der eine Weg ist diszipliniert, der andere undiszipliniert“. Ohne Selbstdisziplin kann man auf Dauer keinen Erfolg haben. Wer kann thora lernen? Derjenige, der beharrlich ist und dranbleibt und ständig wiederholt. Das ist wie im richtigen Leben.

„Der eine geht nachdenklich, der andere gedankenlos seines Weges“. Mag sein, dass der breite Weg bequemer aussieht. Aber nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel ist das Ziel; deshalb kommt es darauf an, anzukommen und zwar dort anzukommen, wo man hin will: In die Gottesnähe. Auf dem breiten Weg zu laufen, dort wo alle gehen, erfordert nicht viel Nachdenkens. Der Sänger singt: Ja, wenn man was erleben will, dann darf man nicht spar'n, dann muss man sonntags fahr’n wenn alle fahr’n. Wer den Stau auf der Autobahn vermeiden will, der muss sich etwas einfallen lassen. Wer zu Gott gelangen will, der kann nicht tun, was die ganze Welt tut; der kann die Dinge nicht mit den Maßstäben der Welt messen. Nehmt noch mal Rabbi Schimmaj. Sein Maßstab war der Zollstock, damit hat er einen Interessenten davon gejagt. Rabbi Hillel hatte einen anderen Maßstab: So wie du willst, dass die Leute dir begeg-nen, so begegne du ihnen auch. Was ist das Ergebnis? Hillel hat einen Menschen für das Wort Gottes gewonnen, Schimmaj hätte ihn fast ganz verjagt.

Mittwoch, 10. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XVIIII

Was ist der „Sinn“ dieser "Goldenen Regel"?
Laßt uns dabei auch an die fast simple Regel denken: „Was der Mensch sät, das wird er ernten“. Der Mensch erntet nicht, was er unterlassen hat zu säen. Der Sinn ist nicht nur, dass andere gesegnet werden (oder einfach nur in Ruhe gelassen werden), der Sinn ist, dass ich selbst gesegnet werde, wenn ich andere segne.

Ein Mensch kann durch Gesetze und entsprechende Kontrollen dazu gebracht werden, bestimmte Dinge zu lassen. Durch die Straßenverkehrsordnung wird jeder dazu bestimmt, demjenigen, der von rechts kommt, die Vorfahrt zu lassen. Aber die Straßenverkehrsordnung kann mich nicht zwingen, einen müden Fußgänger mitzunehmen. Dabei kann das sehr unterhaltsam sein. Oder auch sehr lehrreich: Ein Porschefahrer übt Ralleyfahren im Gebirge. Am Fahrbahnrand sieht er ein Stück voraus ein altes Mütterchen hocken, die offenbar nicht weitergehen kann. Er nimmt sie mit und übt im weiteren wieder das Ralleyfahren: Rein in die Kurve, raus aus der Kurve, dritter, zweiter, dritter, vierter Gang, runter in den Zweiten, rauf in den Dritten. Schließlich sagt das Mütterchen nach einer Weile: „Jetzt ist es aber gut, junger Mann, nun lassen sie mal schön die Hände am Lenkrad, das Benzin kann ich ja für sie umrühren.“ Ohne Barmherzigkeit, ohne dieser Frau das zu tun, was er selbst an ihrer Stelle gern gehabt hätte, hätte sich der junge Mann dieses schöne Wissen nie erwerben können: Benzin muss man umrühren.
Barclay meint, es sei eben doch ein Unterschied, ob ich nur nach der Maxime lebe: „Ich darf niemandem Schaden zufügen“ oder nach dem Grundsatz: „Ich muss alles in meinen Kräften Stehende tun, um anderen zu helfen.“