Mittwoch, 3. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XVII

„Liebet eure Feinde!“ Nirgends im AT wird gelehrt, dass man seine menschlichen Feinde hassen soll. Vermutlich spielt Jesus mit dem Halbsatz: „... du sollst deinen Feind hassen“ auf eine falsche Lehraussage an, die damals im Umlauf war.
Seinen Feind lieben! Noch einmal: Wie soll das gehen? Für „lieben“ oder „Liebe“ gibt es im Griechischen 4 Begriffe: 1. Storge, stergein; 2. Eros, era; 3. Philia, philein; 4. Agape, agapan.
1. Bezeichnet die Liebe zwischen Eltern und Kindern. „Kinder lieben (stergein) und werden geliebt von denen, die sie in die Welt gesetzt haben“, sagt Plato.
2. Eros bezeichnet die Liebe zwischen Mann und Frau. Sophokles bezeichnet den eros als „verzehrende Sehnsucht“.
3. Menander schrieb: „Wen die Götter lieben, der stirbt jung.“ Philein ist Ausdruck inniger, zärtlicher Zuneigung, tiefer Freundschaft. Barclay sagt. „Ausdruck der höchsten Liebe“.
4. Agape bezeichnet eine durch nichts zu erschütternde Güte, Zuneigung, Wohlwollen. „Wenn wir jemandem mit agape begegnen, spielt es keine Rolle, wie der Betreffende sich uns gegenüber verhält, ob er uns kränkt oder Kummer bereitet; wir werden trotz allem keine Bitterkeit gegen ihn in unserem Herzen aufkommen lassen, sondern ihm stets Wohlwollen entgegenbringen und jene Güte zeigen, die nur auf sein Bestes bedacht ist.“

Was meint ihr steht hier in der Lehrrede: stergein, eran, philein oder agapan?
Bitte begründe deine Vermutung oder nenne die Gründe, wenn du es weißt.

Wir lieben Feinde nicht, als ob sie unsere Eltern oder unsere Kinder wären. Das ist unmöglich.
Den Feind mit erotischer Liebe zu lieben wäre auch ziemlich seltsam.
Zärtliche Gefühle für seinen Feind zu empfinden wäre ein bißchen viel verlangt.
Was bleibt ist agapan.
Eine Liebe, die nicht dem Herzen entspringt und nicht auf Freundschaft oder Verwandtschaft beruht, sondern eine Liebe, die eine Willensentscheidung beinhaltet, einen bewußten Entschluß: Meine Güte diesem Menschen gegenüber soll durch nichts zu erschüttern sein. Das heißt, denke ich, nicht, dass ich mich gegen ihn nicht wehren darf, wenn er mich überfällt. Es heißt aber sehr wohl, dass ich ihm wohlwollend begegne, wenn ich mit ihm fertig bin und dass ich ihm mit Güte begegne, wenn Waffenstillstand herrscht oder über den Frieden verhandelt wird.
Das ist die Grundlage für jede zwischenmenschliche Beziehung. Nur so, mit agape können wir es schaffen, ohne Bitterkeit gegen andere Menschen zu leben, mit denen wir täglich zu tun haben. Nur mit agape können wir für andere beten, denn wen man haßt, für den kann man nicht beten. Wenn du geneigt bist, jemanden zu hassen, dann fange an, für ihn zu beten und der Haß wird verschwinden, „vor Gott können wir niemanden mehr hassen.“
Barclay meint, wie viele andere auch, dass die Feindesliebe ein „ausgesprochen christliches Gebot“ sei, weil wir nur durch die Gnade Jesu Christi dieses unüberwindliche Wohlwollen aufbringen können. Aber das ist ein wenig geschummelt. Das Erste Testament gebietet eindeutig, dass ein Feind, der Durst hat, vom Volk Gottes getränkt (nicht ertränkt) werden soll; der Feind, der Hunger hat, soll von uns zu essen bekommen. Das ist weder Kindesliebe, noch Erotik, dass ist keine zärtliche Freundschaft; das ist agape.



Ein weiteres Mal: die Feindesliebe

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