Dienstag, 16. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XXI

Wo bitte geht’s zur Gottesnähe?

Laßt uns den Weg betrachten, den einer der großen Mystiker des Christentums,
Meister Eckhart, vorschlägt und den er auch selber eingeschlagen hat.
Eckhart von Hochheim ist um 1260 geboren. Er war Dominikaner und als solcher zeitweise Leiter der Ordensprovinz Sachsen, die ein Gebiet von den Niederlanden bis Livland umfaßte. Er war Generalvikar von Böhmen, Leiter der ordenseigenen Hochschule in Straßburg und Lehrer an der Universität Köln. Zwischendurch hatte er Lehraufträge in Paris und Prior seines Heimatklosters. Er starb 1302.
Er war also ein Mann, der mitten im Leben stand, wie man so sagt. Zudem hatte er ständig Ärger mit der Kirche und wurde nur deshalb nicht ernstlich verfolgt, weil er den Schutz und die Unterstützung seines Ordens hatte. Er war eine Kämpfernatur, kein weltabgewandter Asket, kein „seltsamer Heiliger“, aber seltsam war er dennoch und was er lehrt, beinhaltet genügend Zumutungen, um auch bei uns Beachtung zu finden.
Der Weg, den er vorschlägt, als den schmalen Weg zu beschreiten ist ein gänzlich anderer als der Weg Barclays.
Da Eckhart Mystiker war, ist es nicht verwunderlich, dass sein Weg ein mystischer Weg ist. Wie aber beschreitet man einen mystischen Weg?

Der Weg des Meisters Eckhart ist der Weg der Absage an die gesamte wahnhafte Wirklichkeit, wodurch der Mensch zur „Abgeschiedenheit“ gelangt. Ein seltsamer Weg für einen Menschen, der sein Leben in höchsten Ämtern und in ganz alltäglichen Auseinandersetzungen verbracht hat. Aber wenn wir uns an die ausgefüllten Leben von Teresa, Johannes und Bernhard erinnern, so wissen wir: Ein tätiges, erfülltes und sogar ein erfolgreiches Leben stehen nicht im Gegensatz zu mystischer Erfahrung.

Der Mensch, der den Weg der Abgeschiedenheit, den Weg des Abschiednehmens beschreitet, der soll sich nicht mehr um äußerliche Dinge kümmern und er soll sich auch nicht von äußerlichen Dingen bekümmern lassen. Das kommt uns bekannt vor. Sagt Jesus das nicht so ähnlich in Mt. 6, 19 f: „Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt“? Dieses „Abschiednehmen“ ist eine praktische Sache und eine Aufgabe für jeden Menschen. Auch und gerade der Mensch, der mitten in der Welt lebt, muss sich davon frei machen, den Dingen zu verfallen und sein Herz an Äußerlichkeiten und Umstände zu hängen. Noch einmal zur Erinnerung: Mit Eckehart von Hochheim, Bernhard von Clairveaux, mit Teresa von Avila und Johannes von Kreuz sprechen Menschen für dieses „Abschiednehmen“, die in großem Umfang ihrer Zeit großen Einfluss hatten und ihrer Zeit ihren Stempel aufgedrückt haben. Es geht nicht um eine Flucht aus der Welt, sondern gerade darum, in ihr bestehen zu können und mehr als nur zu bestehen: Die Welt zu überwinden. Die Umstände zu besiegen, nicht (nur) indem man die Umstände ändert, sondern dadurch, dass man von ihnen nicht mehr irritiert wird, ohne sie einfach zu leugnen. „Wer diese Freiheit von der Welt erreicht, der gewinnt reine Innerlichkeit.“
Es ist keine Lösung, Probleme zu ignorieren oder wegzuschieben, wie der Sänger singt: „Will sie vor Wut auch die Möbel zertrümmern: Gar nich‘ um kümmern, gar nich‘ um kümmern!“ Es geht darum, auf die Probleme angemessen und gelassen zu reagieren, indem man nicht an ihnen haftet.

Damit ist der Weg aber noch nicht zu Ende. Was jetzt folgt ist die Abgeschiedenheit von sich selbst. Jetzt geht es um die Selbstaufgabe, jetzt geht es darum, „arm im Geiste“ zu werden. Der Mensch muss sich selber lassen „und darin „ganz gelassen“ werden.“

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