Sonntag, 7. Februar 2010

Lehrrede auf dem Berg XVIII

The teacher is teaching the Golden Rule

Was ist „das Gesetz und die Propheten“? (7,12)
Alles nun, war ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!
Das ist die Umsetzung der Forderung „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, denn Liebe ist nicht tatenlos. Niemand kann sagen: „Ich liebe diese oder jenen“ und tut nichts für diese Person.
Im Judentum und in anderen Religionen gibt es solche Aufforderungen: „Was du haßt, das tu keinem anderen an“ (Tobias 4,16). Im Talmud gibt es folgende Stelle: „Wiederum ereignete es sich , dass ein Nichtjude vor Sammaj trat und zu ihm sprach: Nimm mich in das Judentum auf mit der Bedingung, dass du mich die ganze Gesetzeslehre (Torah) lehrst, während ich auf einem Fuss stehe.“
Da stieß er ihn mit der Elle, die er in der Hand hatte, fort. Darauf kam er zu Hillel. Dieser nahm ihn auf und sprach zu ihm: Was dir nicht lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht an; das ist die ganze Gesetzeslehre (Thora), alles Andere ist nur die Erläuterung, gehe und lerne sie.“ (Schabat 31a)1
Im Aristeas-Brief, einer jüdischen Schrift, ist davon die Rede, dass der König von Ägypten jüdischen Gelehrten die Frage stellte: „Was heißt das: Weisheit lernen?“ Die Antwort: „Wie du möchtest, dass dich kein Übel befalle und dass du an allem Guten teilhabest, so solltest du auch deine Untertanen und alle, die dich beleidigen, diesem Grundsatz gemäß behandeln und die Edlen und Guten freundlich ermahnen. Denn Gott zieht alle Mensch durch Güte zu sich“ (Aristeas-Brief 207). Rabbi Elieser sagte: „Die Ehre deines Freundes soll dir ebenso teuer sein wie deine eigene Ehre.“ Psalm 15 ist ebenfalls Ausdruck davon, dass dem Nächsten nichts angetan werden soll, was auch wir selbst nicht gern erleiden würden.
Konfuzius sagte auf die Frage: „Gibt es ein Wort, das zur lebensbeherrschenden Regel für uns werden könnte?“ als Antwort: „Ist nicht Gegenseitigkeit ein solches Wort? Was du nicht willst, dass man’s dir antue, das tu auch anderen nicht an.“
Barclay weist auf buddhistische Glaubenshymnen hin in denen es heißt: „Alle Menschen zittern vor der Rute, alle Menschen fürchten den Tod; versetz dich in die Lage der anderen; töte nicht noch veranlasse jemanden, zu töten. Alle Menschen zittern vor der Rute. Alle Menschen hängen am Leben; tu, was du willst, dass man es dir tue; töte nicht noch veranlasse jemanden, zu töten.“

Bei Römern und Griechen gab es auch diese Auffassungen: „Was du selbst zu erdulden vermeidest, das füge auch anderen nicht zu“, sagte Epiktet. Eine der wichtigsten Maximen der Stoiker ist der Satz: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg‘ auch keinem andern zu.“
Jesus geht darüber hinaus: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch.“ Das ist eine Aufforderung zum Handeln, nicht zum Unterlassen. Barclay meint, dies sei ein himmelweiter Unterschied zu der Forderung nach einem bloßen Unterlassen, Stern behauptet, der Unterschied sei nicht wesentlich und man könne über lauter Argumentieren über den scheinbaren Unterschied den Sinn der „Goldenen Regel“ verlieren.
Was meint ihr? Ist der Unterschied klein oder groß? Und was ist überhaupt der „Sinn“ dieser Goldenen Regel?

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